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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
mal berühret hat. Und dennoch haben sich nicht blos
die alten Scythen(d), oder nordliche Völker, sondern
die Griechen insonderheit aus dem Käseessen ein Vergnü-
gen gemacht, und die Helden verschlukken beim Homer
geschabeten Käse mit Wein. Doch man verfertigt auch
in Syrien, Palästina und in Egypten seit denen ältesten
Zeiten aus der Milch von Kühen, von Kameelen, Zie-
gen und Schaafen Käse. Ohne Zweifel wurden die
Alten von der Nothwendigkeit dazu angetrieben, weil sie
sonst kein ander Mittel vor sich sahen, ihre überflüßige
Milch auch auf künftige Zeiten aufzubehalten: Bekannt
ist es aber, daß die Reichthümer des ersten Zeitalters
mehrentheils im Vieh bestanden, wie man aus dem
Exempel des Abrahams und Jsaaks ersiehet. Denn es
dauret der Käse ungemein lange, ja er wird nach dem
Urtheile seiner Liebhaber mit der Zeit immer besser: auch
sogar, wenn er Würmer bekömmt, zerfällt und alkalisch
wird (e).

Es giebt, wie ich vermuthe, der frische und eben
von der Milch geschiedene Käse, im Destilliren ein säuer-
liches Phlegma (f): hierauf folgt ein blaues Oel(g)
so etwas branstig ist, und endlich steigt ein anderes sehr
schwarzes, schweres, im Wasser niedersinkendes und
sehr branstiges Oel herüber (h). Die Kohle läßt sich
sehr schwer calciniren, oder sie verwandelt sich in Asche (i).

Jm Käse stekkt eine wunderbare Zähigkeit, und
diese lässet sich auch schon durch den chemischen Nuzzen
des Käses erweisen. Denn er giebt einen Kütt, die
Risse und Fugen in Gläsern genau zu verstopfen, welche
ein starkes Feuer aushalten sollen.

§. 23.
(d) [Spaltenumbruch] An Pferdekäse HIPPOCRA-
TES peri Aeron. n.
44.
(e) BOERHAAVE Elem. II.
p.
301.
(f) EGELING. p. 21. MAC-
QUER. p.
446.
(g) [Spaltenumbruch] EGELING. ein gelbes
MACQUER.
(h) MACQUER. EGELING.
p.
22.
(i) EGELING. p. 22.

Weibliche Theile. XXVIII. Buch.
mal beruͤhret hat. Und dennoch haben ſich nicht blos
die alten Scythen(d), oder nordliche Voͤlker, ſondern
die Griechen inſonderheit aus dem Kaͤſeeſſen ein Vergnuͤ-
gen gemacht, und die Helden verſchlukken beim Homer
geſchabeten Kaͤſe mit Wein. Doch man verfertigt auch
in Syrien, Palaͤſtina und in Egypten ſeit denen aͤlteſten
Zeiten aus der Milch von Kuͤhen, von Kameelen, Zie-
gen und Schaafen Kaͤſe. Ohne Zweifel wurden die
Alten von der Nothwendigkeit dazu angetrieben, weil ſie
ſonſt kein ander Mittel vor ſich ſahen, ihre uͤberfluͤßige
Milch auch auf kuͤnftige Zeiten aufzubehalten: Bekannt
iſt es aber, daß die Reichthuͤmer des erſten Zeitalters
mehrentheils im Vieh beſtanden, wie man aus dem
Exempel des Abrahams und Jſaaks erſiehet. Denn es
dauret der Kaͤſe ungemein lange, ja er wird nach dem
Urtheile ſeiner Liebhaber mit der Zeit immer beſſer: auch
ſogar, wenn er Wuͤrmer bekoͤmmt, zerfaͤllt und alkaliſch
wird (e).

Es giebt, wie ich vermuthe, der friſche und eben
von der Milch geſchiedene Kaͤſe, im Deſtilliren ein ſaͤuer-
liches Phlegma (f): hierauf folgt ein blaues Oel(g)
ſo etwas branſtig iſt, und endlich ſteigt ein anderes ſehr
ſchwarzes, ſchweres, im Waſſer niederſinkendes und
ſehr branſtiges Oel heruͤber (h). Die Kohle laͤßt ſich
ſehr ſchwer calciniren, oder ſie verwandelt ſich in Aſche (i).

Jm Kaͤſe ſtekkt eine wunderbare Zaͤhigkeit, und
dieſe laͤſſet ſich auch ſchon durch den chemiſchen Nuzzen
des Kaͤſes erweiſen. Denn er giebt einen Kuͤtt, die
Riſſe und Fugen in Glaͤſern genau zu verſtopfen, welche
ein ſtarkes Feuer aushalten ſollen.

§. 23.
(d) [Spaltenumbruch] An Pferdekaͤſe HIPPOCRA-
TES peri Aeron. n.
44.
(e) BOERHAAVE Elem. II.
p.
301.
(f) EGELING. p. 21. MAC-
QUER. p.
446.
(g) [Spaltenumbruch] EGELING. ein gelbes
MACQUER.
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p.
22.
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[912/0948] Weibliche Theile. XXVIII. Buch. mal beruͤhret hat. Und dennoch haben ſich nicht blos die alten Scythen (d), oder nordliche Voͤlker, ſondern die Griechen inſonderheit aus dem Kaͤſeeſſen ein Vergnuͤ- gen gemacht, und die Helden verſchlukken beim Homer geſchabeten Kaͤſe mit Wein. Doch man verfertigt auch in Syrien, Palaͤſtina und in Egypten ſeit denen aͤlteſten Zeiten aus der Milch von Kuͤhen, von Kameelen, Zie- gen und Schaafen Kaͤſe. Ohne Zweifel wurden die Alten von der Nothwendigkeit dazu angetrieben, weil ſie ſonſt kein ander Mittel vor ſich ſahen, ihre uͤberfluͤßige Milch auch auf kuͤnftige Zeiten aufzubehalten: Bekannt iſt es aber, daß die Reichthuͤmer des erſten Zeitalters mehrentheils im Vieh beſtanden, wie man aus dem Exempel des Abrahams und Jſaaks erſiehet. Denn es dauret der Kaͤſe ungemein lange, ja er wird nach dem Urtheile ſeiner Liebhaber mit der Zeit immer beſſer: auch ſogar, wenn er Wuͤrmer bekoͤmmt, zerfaͤllt und alkaliſch wird (e). Es giebt, wie ich vermuthe, der friſche und eben von der Milch geſchiedene Kaͤſe, im Deſtilliren ein ſaͤuer- liches Phlegma (f): hierauf folgt ein blaues Oel (g) ſo etwas branſtig iſt, und endlich ſteigt ein anderes ſehr ſchwarzes, ſchweres, im Waſſer niederſinkendes und ſehr branſtiges Oel heruͤber (h). Die Kohle laͤßt ſich ſehr ſchwer calciniren, oder ſie verwandelt ſich in Aſche (i). Jm Kaͤſe ſtekkt eine wunderbare Zaͤhigkeit, und dieſe laͤſſet ſich auch ſchon durch den chemiſchen Nuzzen des Kaͤſes erweiſen. Denn er giebt einen Kuͤtt, die Riſſe und Fugen in Glaͤſern genau zu verſtopfen, welche ein ſtarkes Feuer aushalten ſollen. §. 23. (d) An Pferdekaͤſe HIPPOCRA- TES peri Aeron. n. 44. (e) BOERHAAVE Elem. II. p. 301. (f) EGELING. p. 21. MAC- QUER. p. 446. (g) EGELING. ein gelbes MACQUER. (h) MACQUER. EGELING. p. 22. (i) EGELING. p. 22.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 912. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/948>, abgerufen am 22.11.2024.