Begattung dergestalt geschwächt, daß sich kaum das Pferd (c) einen Tag um den andern der Stutte ohne Schaden nähern darf, und ein junger Hengst, der zu- gelassen wird, bekömmt seine Kräfte niemals wieder (d).
Bei den Thieren thut ein einziges Männchen vielen Weibchen ein Gnüge, weil diese nur eine gewisse Zeit brünstig sind, und ausser dieser Zeit die Männchen nicht an sich lassen, oder wenigstens nicht verlangen. Es ist dieses die Ursache von der natürlichen Poligamie unter diesen Thieren, welche nirgends unter dem menschlichen Geschlechte eingeführt ist. Hier ist auch der Mann schwä- cher: Die Liebe der Frau ist verschieden von derjenigen, welche die körperlichen Reize erregen; man empfindet, kraft des Gedächtnisses und in der Phantasie ein viel grösseres Verlangen nach seiner Schöne, und es ist die Liebe an keine gewisse Zeit gebunden. Und daher scheinet der Mensch nicht zur Vielweiberey geschaffen zu seyn.
Es hat aber der weise Schöpfer dieses alles auf eine wunderbare Art gemäßigt. Denn was würde aus einer Natur werden, wenn diese ohne seinen Willen wirken sollte, und wenn dieses ein Scherz zu seyn schiene, was ist wohl ernsthafter in allen Weltangelegenheiten, als die Fortdauer und Ergänzung der Menschenalter, um deren Willen, der übrige Theil der unvernünftigen Welt, geschaffen ist. Folglich sind Reize genug da, um die Arten nicht untergehen zu lassen, und zugleich dem wil- [Spaltenumbruch]
den
ben, ausserdem würde er nur ein Weibchen durch seine übermäßige Hizze umbringen BRADLEY fa- mil. derect. p. 77. 78. der Hahn ist für zehn bis zwölf Hennen Manns genug SEERES p. 416. der Hengst nimmt zwanzig bis fünf und zwan- zig Stutten auf sich des SEERES. p. 361. oder gar dreyßig CARDAN. p. 185. Sechzig Schaafe der Wid- [Spaltenumbruch]
der SEERES. p. 378. doch verur- sachten sechzig Weibchen dem Fa- sanen zu viel Arbeit BRADLEY l. c.
(c)BUFFON. T. IV. p. 213.
(d)RIVIN. spir. vit. Nie muß ein Thier im ersten Jahre zur Be- gattung gelassen werden, sonst lei- den seine Kräfte und der ganze Kör- per COLUMELLA L. VII. c. 12.
G g g 5
III. Abſchn. Beweg. des Saamens.
Begattung dergeſtalt geſchwaͤcht, daß ſich kaum das Pferd (c) einen Tag um den andern der Stutte ohne Schaden naͤhern darf, und ein junger Hengſt, der zu- gelaſſen wird, bekoͤmmt ſeine Kraͤfte niemals wieder (d).
Bei den Thieren thut ein einziges Maͤnnchen vielen Weibchen ein Gnuͤge, weil dieſe nur eine gewiſſe Zeit bruͤnſtig ſind, und auſſer dieſer Zeit die Maͤnnchen nicht an ſich laſſen, oder wenigſtens nicht verlangen. Es iſt dieſes die Urſache von der natuͤrlichen Poligamie unter dieſen Thieren, welche nirgends unter dem menſchlichen Geſchlechte eingefuͤhrt iſt. Hier iſt auch der Mann ſchwaͤ- cher: Die Liebe der Frau iſt verſchieden von derjenigen, welche die koͤrperlichen Reize erregen; man empfindet, kraft des Gedaͤchtniſſes und in der Phantaſie ein viel groͤſſeres Verlangen nach ſeiner Schoͤne, und es iſt die Liebe an keine gewiſſe Zeit gebunden. Und daher ſcheinet der Menſch nicht zur Vielweiberey geſchaffen zu ſeyn.
Es hat aber der weiſe Schoͤpfer dieſes alles auf eine wunderbare Art gemaͤßigt. Denn was wuͤrde aus einer Natur werden, wenn dieſe ohne ſeinen Willen wirken ſollte, und wenn dieſes ein Scherz zu ſeyn ſchiene, was iſt wohl ernſthafter in allen Weltangelegenheiten, als die Fortdauer und Ergaͤnzung der Menſchenalter, um deren Willen, der uͤbrige Theil der unvernuͤnftigen Welt, geſchaffen iſt. Folglich ſind Reize genug da, um die Arten nicht untergehen zu laſſen, und zugleich dem wil- [Spaltenumbruch]
den
ben, auſſerdem wuͤrde er nur ein Weibchen durch ſeine uͤbermaͤßige Hizze umbringen BRADLEY fa- mil. derect. p. 77. 78. der Hahn iſt fuͤr zehn bis zwoͤlf Hennen Manns genug SEERES p. 416. der Hengſt nimmt zwanzig bis fuͤnf und zwan- zig Stutten auf ſich des SEERES. p. 361. oder gar dreyßig CARDAN. p. 185. Sechzig Schaafe der Wid- [Spaltenumbruch]
der SEERES. p. 378. doch verur- ſachten ſechzig Weibchen dem Fa- ſanen zu viel Arbeit BRADLEY l. c.
(c)BUFFON. T. IV. p. 213.
(d)RIVIN. ſpir. vit. Nie muß ein Thier im erſten Jahre zur Be- gattung gelaſſen werden, ſonſt lei- den ſeine Kraͤfte und der ganze Koͤr- per COLUMELLA L. VII. c. 12.
G g g 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0877"n="841"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſchn. Beweg. des Saamens.</hi></fw><lb/>
Begattung dergeſtalt geſchwaͤcht, daß ſich kaum das<lb/>
Pferd <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">BUFFON. T. IV. p.</hi> 213.</note> einen Tag um den andern der Stutte ohne<lb/>
Schaden naͤhern darf, und ein junger Hengſt, der zu-<lb/>
gelaſſen wird, bekoͤmmt ſeine Kraͤfte niemals wieder <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq">RIVIN. ſpir. vit.</hi> Nie muß<lb/>
ein Thier im erſten Jahre zur Be-<lb/>
gattung gelaſſen werden, ſonſt lei-<lb/>
den ſeine Kraͤfte und der ganze Koͤr-<lb/>
per <hirendition="#aq">COLUMELLA L. VII. c.</hi> 12.</note>.</p><lb/><p>Bei den Thieren thut ein einziges Maͤnnchen vielen<lb/>
Weibchen ein Gnuͤge, weil dieſe nur eine gewiſſe Zeit<lb/>
bruͤnſtig ſind, und auſſer dieſer Zeit die Maͤnnchen nicht<lb/>
an ſich laſſen, oder wenigſtens nicht verlangen. Es iſt<lb/>
dieſes die Urſache von der natuͤrlichen Poligamie unter<lb/>
dieſen Thieren, welche nirgends unter dem menſchlichen<lb/>
Geſchlechte eingefuͤhrt iſt. Hier iſt auch der Mann ſchwaͤ-<lb/>
cher: Die Liebe der Frau iſt verſchieden von derjenigen,<lb/>
welche die koͤrperlichen Reize erregen; man empfindet,<lb/>
kraft des Gedaͤchtniſſes und in der Phantaſie ein viel<lb/>
groͤſſeres Verlangen nach ſeiner Schoͤne, und es iſt die<lb/>
Liebe an keine gewiſſe Zeit gebunden. Und daher ſcheinet<lb/>
der Menſch nicht zur Vielweiberey geſchaffen zu ſeyn.</p><lb/><p>Es hat aber der weiſe Schoͤpfer dieſes alles auf eine<lb/>
wunderbare Art gemaͤßigt. Denn was wuͤrde aus einer<lb/>
Natur werden, wenn dieſe ohne ſeinen Willen wirken<lb/>ſollte, und wenn dieſes ein Scherz zu ſeyn ſchiene, was<lb/>
iſt wohl ernſthafter in allen Weltangelegenheiten, als<lb/>
die Fortdauer und Ergaͤnzung der Menſchenalter, um<lb/>
deren Willen, der uͤbrige Theil der unvernuͤnftigen Welt,<lb/>
geſchaffen iſt. Folglich ſind Reize genug da, um die<lb/>
Arten nicht untergehen zu laſſen, und zugleich dem wil-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g g 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/><cb/><notexml:id="f62"prev="#f61"place="foot"n="(b*)">ben, auſſerdem wuͤrde er nur ein<lb/>
Weibchen durch ſeine uͤbermaͤßige<lb/>
Hizze umbringen <hirendition="#aq">BRADLEY fa-<lb/>
mil. derect. p.</hi> 77. 78. der Hahn iſt<lb/>
fuͤr zehn bis zwoͤlf Hennen Manns<lb/>
genug <hirendition="#aq">SEERES p.</hi> 416. der Hengſt<lb/>
nimmt zwanzig bis fuͤnf und zwan-<lb/>
zig Stutten auf ſich <hirendition="#aq">des SEERES.<lb/>
p.</hi> 361. oder gar dreyßig <hirendition="#aq">CARDAN.<lb/>
p.</hi> 185. Sechzig Schaafe der Wid-<lb/><cb/>
der <hirendition="#aq">SEERES. p.</hi> 378. doch verur-<lb/>ſachten ſechzig Weibchen dem Fa-<lb/>ſanen zu viel Arbeit <hirendition="#aq">BRADLEY l. c.</hi></note><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[841/0877]
III. Abſchn. Beweg. des Saamens.
Begattung dergeſtalt geſchwaͤcht, daß ſich kaum das
Pferd (c) einen Tag um den andern der Stutte ohne
Schaden naͤhern darf, und ein junger Hengſt, der zu-
gelaſſen wird, bekoͤmmt ſeine Kraͤfte niemals wieder (d).
Bei den Thieren thut ein einziges Maͤnnchen vielen
Weibchen ein Gnuͤge, weil dieſe nur eine gewiſſe Zeit
bruͤnſtig ſind, und auſſer dieſer Zeit die Maͤnnchen nicht
an ſich laſſen, oder wenigſtens nicht verlangen. Es iſt
dieſes die Urſache von der natuͤrlichen Poligamie unter
dieſen Thieren, welche nirgends unter dem menſchlichen
Geſchlechte eingefuͤhrt iſt. Hier iſt auch der Mann ſchwaͤ-
cher: Die Liebe der Frau iſt verſchieden von derjenigen,
welche die koͤrperlichen Reize erregen; man empfindet,
kraft des Gedaͤchtniſſes und in der Phantaſie ein viel
groͤſſeres Verlangen nach ſeiner Schoͤne, und es iſt die
Liebe an keine gewiſſe Zeit gebunden. Und daher ſcheinet
der Menſch nicht zur Vielweiberey geſchaffen zu ſeyn.
Es hat aber der weiſe Schoͤpfer dieſes alles auf eine
wunderbare Art gemaͤßigt. Denn was wuͤrde aus einer
Natur werden, wenn dieſe ohne ſeinen Willen wirken
ſollte, und wenn dieſes ein Scherz zu ſeyn ſchiene, was
iſt wohl ernſthafter in allen Weltangelegenheiten, als
die Fortdauer und Ergaͤnzung der Menſchenalter, um
deren Willen, der uͤbrige Theil der unvernuͤnftigen Welt,
geſchaffen iſt. Folglich ſind Reize genug da, um die
Arten nicht untergehen zu laſſen, und zugleich dem wil-
den
(b*)
(c) BUFFON. T. IV. p. 213.
(d) RIVIN. ſpir. vit. Nie muß
ein Thier im erſten Jahre zur Be-
gattung gelaſſen werden, ſonſt lei-
den ſeine Kraͤfte und der ganze Koͤr-
per COLUMELLA L. VII. c. 12.
(b*) ben, auſſerdem wuͤrde er nur ein
Weibchen durch ſeine uͤbermaͤßige
Hizze umbringen BRADLEY fa-
mil. derect. p. 77. 78. der Hahn iſt
fuͤr zehn bis zwoͤlf Hennen Manns
genug SEERES p. 416. der Hengſt
nimmt zwanzig bis fuͤnf und zwan-
zig Stutten auf ſich des SEERES.
p. 361. oder gar dreyßig CARDAN.
p. 185. Sechzig Schaafe der Wid-
der SEERES. p. 378. doch verur-
ſachten ſechzig Weibchen dem Fa-
ſanen zu viel Arbeit BRADLEY l. c.
G g g 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 841. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/877>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.