Steifigkeit, von welcher wir hier reden, siehet man mit keiner Wahrscheinlichkeit, Muskeln geschäftig zu seyn.
Es hält daher unser Lehrer(l), und J. George Duverney, den Dienst der Muskeln, um das Blut in den Blutadern zurükke zu halten, für verdächtig; und hiermit stimmet auch die Zergliedrungskunst bei den grö- sten Thieren einigermaßen überein; und eben so urtheilet auch der J. Baptista Senac(m).
So erwartet ferner der berühmte Duvernoi(n) von etwa einer Nervenkraft, so daß die Blutadern zwi- schen Nervenschnüren eingeschlossen wären, in diesem Stükke keine Gefälligkeit.
Da der grosse Albin ebenfalls diese Sache nach der Art der Zweifler untersuchte, so glaubte er nicht, daß die Kraft der Muskeln, welche diesem Manne bekannt sind, und das Zudrükken der Blutadern, zur Erklärung dieser Erscheinung hinreichend wären.
Was mich betrift, so glaube ich, daß das ganze Phänomenon von dem Blute abhänget, welches in grös- serer Menge zugeflossen kömmt, als es wieder abfließt. Wenn eine blosse Schnur die Steifigkeit der verliebten Begierde nicht erregt, so halte ich die Anhäufung des Blutes in dem schwammigen Körper von der Geilheit für eine geschwindere und stärkere Ursache, als eine Un- terbindung geben kann; ausserdem kann keine Unterbin- bung alles Blut in der Ruthe zurükke halten; ja es kann ein Theil dieses Blutes, wegen Verbindung der tiefen Blutadern mit der Blutader der Vorhaut, und dieser mit den Hautblutadern der Ruthe und des Hodensakkes entwischen (o), man mag die Schnur der Blutader ge- gen die Schaam so feste ziehen als man immer will.
Bei
(l)[Spaltenumbruch]Comm. Acad. Petrop. T. II. p. 379. &c.
(m)Comm. in HEISTER. Edit. I. p. 22. auch CHESELD. p. 70.
(n)[Spaltenumbruch]
Ebendas.
(o) Vergleichet p. LITTRE Mem. de l'Acad. COWPER. p. 242. CHESELDEN.
III. Abſchn. Beweg. des Saamens.
Steifigkeit, von welcher wir hier reden, ſiehet man mit keiner Wahrſcheinlichkeit, Muſkeln geſchaͤftig zu ſeyn.
Es haͤlt daher unſer Lehrer(l), und J. George Duverney, den Dienſt der Muſkeln, um das Blut in den Blutadern zuruͤkke zu halten, fuͤr verdaͤchtig; und hiermit ſtimmet auch die Zergliedrungskunſt bei den groͤ- ſten Thieren einigermaßen uͤberein; und eben ſo urtheilet auch der J. Baptiſta Senac(m).
So erwartet ferner der beruͤhmte Duvernoi(n) von etwa einer Nervenkraft, ſo daß die Blutadern zwi- ſchen Nervenſchnuͤren eingeſchloſſen waͤren, in dieſem Stuͤkke keine Gefaͤlligkeit.
Da der groſſe Albin ebenfalls dieſe Sache nach der Art der Zweifler unterſuchte, ſo glaubte er nicht, daß die Kraft der Muſkeln, welche dieſem Manne bekannt ſind, und das Zudruͤkken der Blutadern, zur Erklaͤrung dieſer Erſcheinung hinreichend waͤren.
Was mich betrift, ſo glaube ich, daß das ganze Phaͤnomenon von dem Blute abhaͤnget, welches in groͤſ- ſerer Menge zugefloſſen koͤmmt, als es wieder abfließt. Wenn eine bloſſe Schnur die Steifigkeit der verliebten Begierde nicht erregt, ſo halte ich die Anhaͤufung des Blutes in dem ſchwammigen Koͤrper von der Geilheit fuͤr eine geſchwindere und ſtaͤrkere Urſache, als eine Un- terbindung geben kann; auſſerdem kann keine Unterbin- bung alles Blut in der Ruthe zuruͤkke halten; ja es kann ein Theil dieſes Blutes, wegen Verbindung der tiefen Blutadern mit der Blutader der Vorhaut, und dieſer mit den Hautblutadern der Ruthe und des Hodenſakkes entwiſchen (o), man mag die Schnur der Blutader ge- gen die Schaam ſo feſte ziehen als man immer will.
Bei
(l)[Spaltenumbruch]Comm. Acad. Petrop. T. II. p. 379. &c.
(m)Comm. in HEISTER. Edit. I. p. 22. auch CHESELD. p. 70.
(n)[Spaltenumbruch]
Ebendaſ.
(o) Vergleichet p. LITTRE Mém. de l’Acad. COWPER. p. 242. CHESELDEN.
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III. Abſchn. Beweg. des Saamens.
Steifigkeit, von welcher wir hier reden, ſiehet man mit
keiner Wahrſcheinlichkeit, Muſkeln geſchaͤftig zu ſeyn.
Es haͤlt daher unſer Lehrer (l), und J. George
Duverney, den Dienſt der Muſkeln, um das Blut in
den Blutadern zuruͤkke zu halten, fuͤr verdaͤchtig; und
hiermit ſtimmet auch die Zergliedrungskunſt bei den groͤ-
ſten Thieren einigermaßen uͤberein; und eben ſo urtheilet
auch der J. Baptiſta Senac (m).
So erwartet ferner der beruͤhmte Duvernoi (n)
von etwa einer Nervenkraft, ſo daß die Blutadern zwi-
ſchen Nervenſchnuͤren eingeſchloſſen waͤren, in dieſem
Stuͤkke keine Gefaͤlligkeit.
Da der groſſe Albin ebenfalls dieſe Sache nach der
Art der Zweifler unterſuchte, ſo glaubte er nicht, daß
die Kraft der Muſkeln, welche dieſem Manne bekannt
ſind, und das Zudruͤkken der Blutadern, zur Erklaͤrung
dieſer Erſcheinung hinreichend waͤren.
Was mich betrift, ſo glaube ich, daß das ganze
Phaͤnomenon von dem Blute abhaͤnget, welches in groͤſ-
ſerer Menge zugefloſſen koͤmmt, als es wieder abfließt.
Wenn eine bloſſe Schnur die Steifigkeit der verliebten
Begierde nicht erregt, ſo halte ich die Anhaͤufung des
Blutes in dem ſchwammigen Koͤrper von der Geilheit
fuͤr eine geſchwindere und ſtaͤrkere Urſache, als eine Un-
terbindung geben kann; auſſerdem kann keine Unterbin-
bung alles Blut in der Ruthe zuruͤkke halten; ja es kann
ein Theil dieſes Blutes, wegen Verbindung der tiefen
Blutadern mit der Blutader der Vorhaut, und dieſer
mit den Hautblutadern der Ruthe und des Hodenſakkes
entwiſchen (o), man mag die Schnur der Blutader ge-
gen die Schaam ſo feſte ziehen als man immer will.
Bei
(l)
Comm. Acad. Petrop. T. II.
p. 379. &c.
(m) Comm. in HEISTER. Edit.
I. p. 22. auch CHESELD. p. 70.
(n)
Ebendaſ.
(o) Vergleichet p. LITTRE
Mém. de l’Acad. COWPER. p. 242.
CHESELDEN.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 827. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/863>, abgerufen am 22.11.2024.
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