Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abschn. Beweg. des Saamens.

Jndessen giebt es doch auch gegenseitige Ursachen,
welche die Erzeugung des Saamens wieder beschleunigen
helfen. Die vornehmste darunter ist der Affekt der Liebe.
Vielleicht ist niemand, der nicht in seiner Jugend eine
Begierde nach Frauenspersonen bei sich empfunden hätte;
der nicht, wenn selbige züchtig gewesen, in ihrem Um-
gange ein geheimes Feuer ernähret; der nicht mit Un-
gemächlichkeit und Schmerzen seine Hode schwellend(g),
und die Saamengefässe auflaufend empfunden (g*): wo-
bei der Schmerz zu einer solchen Höhe anwächst, daß
er diese Stellen kaum berühren, und davor kaum gehen
gekonnt. Offenbar wurde in diesem Leiden die Abson-
derung des Saamens beschleunigt, und es dehnte ein
stärkrer Zufluß von dieser Flüßigkeit die Hoden aus ein-
ander. Dieses Uebel wird durch die Wiederherstellung
der Gemüthsruhe, und die Abwesenheit des geliebten Ge-
genstandes gehoben: geschwinder aber durch den Genuß
des geliebten Mädchens (g*) geheilt; und wenn es an
beiden Mitteln fehlt, so können daraus (h) mühsame
Geschwülste werden. Wie also überhaupt zur Erwekkung
der Liebe, die Reize der verlangten Person, oder wollü-
stige Gemählde, oder andre Ursachen, welche durch die
Anlässe zur Liebe, das Andenken der Wollust erneuren,
ein vieles beitragen, so mindern dagegen die Abwesenheit
dieses Reizes, Gedanken, die sich beständig auf andre
Gleichgültigkeiten und ernsthafte Geschäfte wenden, und
selbst die Religion das Entstehen des Saamens derge-
stalt, daß derselbe in viel geringerer Menge gebildet wird,
weniger beschwerlich wird, und endlich die Saamenge-

fässe
(g) [Spaltenumbruch] Ein dergleichen besondres
Schwellen von verliebten Gedän-
ken ALBERTI medic. legal. T. IV.
c.
41.
(g*) GERBEZ. chronolog. med.
pract.
(g*) GERBEZ. chronolog. med.
pract.
(h) Es sey ein beschwerliches
Uebel SCHLICHTING. Mem. des
[Spaltenumbruch] Savans etrangers T. I p.
123. ein
dergleichen tödlicher Geschwulst von
unterlaßnem. Beischlafe VYL-
HORN. p. 938. ad HEISTER. p.

938. u. f. ein Geschwulst inwendig
fleischig, von der Kopfgrösse Pro-
gres de la Medecine anni 1697.
p.
61.
E e e 4
III. Abſchn. Beweg. des Saamens.

Jndeſſen giebt es doch auch gegenſeitige Urſachen,
welche die Erzeugung des Saamens wieder beſchleunigen
helfen. Die vornehmſte darunter iſt der Affekt der Liebe.
Vielleicht iſt niemand, der nicht in ſeiner Jugend eine
Begierde nach Frauensperſonen bei ſich empfunden haͤtte;
der nicht, wenn ſelbige zuͤchtig geweſen, in ihrem Um-
gange ein geheimes Feuer ernaͤhret; der nicht mit Un-
gemaͤchlichkeit und Schmerzen ſeine Hode ſchwellend(g),
und die Saamengefaͤſſe auflaufend empfunden (g*): wo-
bei der Schmerz zu einer ſolchen Hoͤhe anwaͤchſt, daß
er dieſe Stellen kaum beruͤhren, und davor kaum gehen
gekonnt. Offenbar wurde in dieſem Leiden die Abſon-
derung des Saamens beſchleunigt, und es dehnte ein
ſtaͤrkrer Zufluß von dieſer Fluͤßigkeit die Hoden aus ein-
ander. Dieſes Uebel wird durch die Wiederherſtellung
der Gemuͤthsruhe, und die Abweſenheit des geliebten Ge-
genſtandes gehoben: geſchwinder aber durch den Genuß
des geliebten Maͤdchens (g*) geheilt; und wenn es an
beiden Mitteln fehlt, ſo koͤnnen daraus (h) muͤhſame
Geſchwuͤlſte werden. Wie alſo uͤberhaupt zur Erwekkung
der Liebe, die Reize der verlangten Perſon, oder wolluͤ-
ſtige Gemaͤhlde, oder andre Urſachen, welche durch die
Anlaͤſſe zur Liebe, das Andenken der Wolluſt erneuren,
ein vieles beitragen, ſo mindern dagegen die Abweſenheit
dieſes Reizes, Gedanken, die ſich beſtaͤndig auf andre
Gleichguͤltigkeiten und ernſthafte Geſchaͤfte wenden, und
ſelbſt die Religion das Entſtehen des Saamens derge-
ſtalt, daß derſelbe in viel geringerer Menge gebildet wird,
weniger beſchwerlich wird, und endlich die Saamenge-

faͤſſe
(g) [Spaltenumbruch] Ein dergleichen beſondres
Schwellen von verliebten Gedaͤn-
ken ALBERTI medic. legal. T. IV.
c.
41.
(g*) GERBEZ. chronolog. med.
pract.
(g*) GERBEZ. chronolog. med.
pract.
(h) Es ſey ein beſchwerliches
Uebel SCHLICHTING. Mém. des
[Spaltenumbruch] Savans étrangers T. I p.
123. ein
dergleichen toͤdlicher Geſchwulſt von
unterlaßnem. Beiſchlafe VYL-
HORN. p. 938. ad HEISTER. p.

938. u. f. ein Geſchwulſt inwendig
fleiſchig, von der Kopfgroͤſſe Pro-
grès de la Medecine anni 1697.
p.
61.
E e e 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0843" n="807"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chn. Beweg. des Saamens.</hi> </fw><lb/>
              <p>Jnde&#x017F;&#x017F;en giebt es doch auch gegen&#x017F;eitige Ur&#x017F;achen,<lb/>
welche die Erzeugung des Saamens wieder be&#x017F;chleunigen<lb/>
helfen. Die vornehm&#x017F;te darunter i&#x017F;t der Affekt der Liebe.<lb/>
Vielleicht i&#x017F;t niemand, der nicht in &#x017F;einer Jugend eine<lb/>
Begierde nach Frauensper&#x017F;onen bei &#x017F;ich empfunden ha&#x0364;tte;<lb/>
der nicht, wenn &#x017F;elbige zu&#x0364;chtig gewe&#x017F;en, in ihrem Um-<lb/>
gange ein geheimes Feuer erna&#x0364;hret; der nicht mit Un-<lb/>
gema&#x0364;chlichkeit und Schmerzen &#x017F;eine Hode &#x017F;chwellend<note place="foot" n="(g)"><cb/>
Ein dergleichen be&#x017F;ondres<lb/>
Schwellen von verliebten Geda&#x0364;n-<lb/>
ken <hi rendition="#aq">ALBERTI medic. legal. T. IV.<lb/>
c.</hi> 41.</note>,<lb/>
und die Saamengefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e auflaufend empfunden <note place="foot" n="(g*)"><hi rendition="#aq">GERBEZ. chronolog. med.<lb/>
pract.</hi></note>: wo-<lb/>
bei der Schmerz zu einer &#x017F;olchen Ho&#x0364;he anwa&#x0364;ch&#x017F;t, daß<lb/>
er die&#x017F;e Stellen kaum beru&#x0364;hren, und davor kaum gehen<lb/>
gekonnt. Offenbar wurde in die&#x017F;em Leiden die Ab&#x017F;on-<lb/>
derung des Saamens be&#x017F;chleunigt, und es dehnte ein<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rkrer Zufluß von die&#x017F;er Flu&#x0364;ßigkeit die Hoden aus ein-<lb/>
ander. Die&#x017F;es Uebel wird durch die Wiederher&#x017F;tellung<lb/>
der Gemu&#x0364;thsruhe, und die Abwe&#x017F;enheit des geliebten Ge-<lb/>
gen&#x017F;tandes gehoben: ge&#x017F;chwinder aber durch den Genuß<lb/>
des geliebten Ma&#x0364;dchens <note place="foot" n="(g*)"><hi rendition="#aq">GERBEZ. chronolog. med.<lb/>
pract.</hi></note> geheilt; und wenn es an<lb/>
beiden Mitteln fehlt, &#x017F;o ko&#x0364;nnen daraus <note place="foot" n="(h)">Es &#x017F;ey ein be&#x017F;chwerliches<lb/>
Uebel <hi rendition="#aq">SCHLICHTING. Mém. des<lb/><cb/>
Savans étrangers T. I p.</hi> 123. ein<lb/>
dergleichen to&#x0364;dlicher Ge&#x017F;chwul&#x017F;t von<lb/>
unterlaßnem. Bei&#x017F;chlafe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VYL-</hi><lb/>
HORN. p. 938. ad HEISTER. p.</hi><lb/>
938. u. f. ein Ge&#x017F;chwul&#x017F;t inwendig<lb/>
flei&#x017F;chig, von der Kopfgro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Pro-<lb/>
grès de la Medecine anni 1697.<lb/>
p.</hi> 61.</note> mu&#x0364;h&#x017F;ame<lb/>
Ge&#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;te werden. Wie al&#x017F;o u&#x0364;berhaupt zur Erwekkung<lb/>
der Liebe, die Reize der verlangten Per&#x017F;on, oder wollu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tige Gema&#x0364;hlde, oder andre Ur&#x017F;achen, welche durch die<lb/>
Anla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zur Liebe, das Andenken der Wollu&#x017F;t erneuren,<lb/>
ein vieles beitragen, &#x017F;o mindern dagegen die Abwe&#x017F;enheit<lb/>
die&#x017F;es Reizes, Gedanken, die &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf andre<lb/>
Gleichgu&#x0364;ltigkeiten und ern&#x017F;thafte Ge&#x017F;cha&#x0364;fte wenden, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die Religion das Ent&#x017F;tehen des Saamens derge-<lb/>
&#x017F;talt, daß der&#x017F;elbe in viel geringerer Menge gebildet wird,<lb/>
weniger be&#x017F;chwerlich wird, und endlich die Saamenge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e e 4</fw><fw place="bottom" type="catch">fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[807/0843] III. Abſchn. Beweg. des Saamens. Jndeſſen giebt es doch auch gegenſeitige Urſachen, welche die Erzeugung des Saamens wieder beſchleunigen helfen. Die vornehmſte darunter iſt der Affekt der Liebe. Vielleicht iſt niemand, der nicht in ſeiner Jugend eine Begierde nach Frauensperſonen bei ſich empfunden haͤtte; der nicht, wenn ſelbige zuͤchtig geweſen, in ihrem Um- gange ein geheimes Feuer ernaͤhret; der nicht mit Un- gemaͤchlichkeit und Schmerzen ſeine Hode ſchwellend (g), und die Saamengefaͤſſe auflaufend empfunden (g*): wo- bei der Schmerz zu einer ſolchen Hoͤhe anwaͤchſt, daß er dieſe Stellen kaum beruͤhren, und davor kaum gehen gekonnt. Offenbar wurde in dieſem Leiden die Abſon- derung des Saamens beſchleunigt, und es dehnte ein ſtaͤrkrer Zufluß von dieſer Fluͤßigkeit die Hoden aus ein- ander. Dieſes Uebel wird durch die Wiederherſtellung der Gemuͤthsruhe, und die Abweſenheit des geliebten Ge- genſtandes gehoben: geſchwinder aber durch den Genuß des geliebten Maͤdchens (g*) geheilt; und wenn es an beiden Mitteln fehlt, ſo koͤnnen daraus (h) muͤhſame Geſchwuͤlſte werden. Wie alſo uͤberhaupt zur Erwekkung der Liebe, die Reize der verlangten Perſon, oder wolluͤ- ſtige Gemaͤhlde, oder andre Urſachen, welche durch die Anlaͤſſe zur Liebe, das Andenken der Wolluſt erneuren, ein vieles beitragen, ſo mindern dagegen die Abweſenheit dieſes Reizes, Gedanken, die ſich beſtaͤndig auf andre Gleichguͤltigkeiten und ernſthafte Geſchaͤfte wenden, und ſelbſt die Religion das Entſtehen des Saamens derge- ſtalt, daß derſelbe in viel geringerer Menge gebildet wird, weniger beſchwerlich wird, und endlich die Saamenge- faͤſſe (g) Ein dergleichen beſondres Schwellen von verliebten Gedaͤn- ken ALBERTI medic. legal. T. IV. c. 41. (g*) GERBEZ. chronolog. med. pract. (g*) GERBEZ. chronolog. med. pract. (h) Es ſey ein beſchwerliches Uebel SCHLICHTING. Mém. des Savans étrangers T. I p. 123. ein dergleichen toͤdlicher Geſchwulſt von unterlaßnem. Beiſchlafe VYL- HORN. p. 938. ad HEISTER. p. 938. u. f. ein Geſchwulſt inwendig fleiſchig, von der Kopfgroͤſſe Pro- grès de la Medecine anni 1697. p. 61. E e e 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/843
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/843>, abgerufen am 17.05.2024.