Wer dieses in Ueberlegung zieht, der kann sich aller- dings vorstellen, daß in der Zeit, da wir den Athem in uns ziehen, dasjenige Anhängsel des Zwerchfelles, wel- ches den Sammelkasten beschüzzt, selbigen erschüttern, und ausleeren werde, so wie es den Schlund zusammen drükkt(m); und auf solche Art muß in dem Chilus eine Bewegung entstehen, welche um desto geschwinder wird, je grösser die Weite des mit dem Milchgange verglichnen Sammelkastens ist, und wenn dieser dreimal weiter ist, so wird der Chilus durch den Gang um dreimal geschwin- der fortgerissen werden, als geschehen würde, wenn das Behältniß einerlei Durchmesser mit dem Kanale hätte. Solchergestalt wird sich der Sammelkasten ausleeren (n), und der Gang anfüllen.
Da nun ferner, während des Einatmens, der ge- samte Raum der Brust sich erweitert (o), und die in ihr enthaltene Theile weniger gedrükkt werden, so wird bei diesem Einathmen in dem Brustgange die Pressung und der Widerstand für den ankommenden Chilus klei- ner werden, und folglich dem Chilus leichter nachge- ben (p), den der gepreste Sammelkasten dahin sendet, und es wird dieses gleichsam die Zeit der Erweiterung dieses Ganges seyn.
Wenigstens drückte ich auf diese Weise, als ich die Hodengesässe mit Quecksilber aussprizzte, zwischen den Fingern ein Stück des abführenden Ganges dergestalt, daß keine Oeffnung übrig blieb, und es lief kurz darauf nach aufgehobner Pressung, das Quekksilber von selbsten und reissend in denjenigen Theil hinein, welcher eben ausgeleert worden war.
Doch
(m)[Spaltenumbruch]De respir. p. 298.
(n) Siehe LOWER p. 227. das Darmfell rechnet mit dazu Cl. BER- TIER. physique des corps animes p. 403.
(o)L. VIII. p. 233. bis 236.
(p)Conf. J. Franc. PARIS. in [Spaltenumbruch]
thes. E. chylus in canalem thora- cium quasi suctu trahitur tempore inspirationis. Paris 1747. confer. SENAC. Mem. de l'Acad. 1724. p. 256. Es leitete vormals PEC- QUETUS die Bewegung des chyli vom Athemholen her. p. 80.
II. Abſchn. Beweg. der Nahrungsmilch.
Wer dieſes in Ueberlegung zieht, der kann ſich aller- dings vorſtellen, daß in der Zeit, da wir den Athem in uns ziehen, dasjenige Anhaͤngſel des Zwerchfelles, wel- ches den Sammelkaſten beſchuͤzzt, ſelbigen erſchuͤttern, und ausleeren werde, ſo wie es den Schlund zuſammen druͤkkt(m); und auf ſolche Art muß in dem Chilus eine Bewegung entſtehen, welche um deſto geſchwinder wird, je groͤſſer die Weite des mit dem Milchgange verglichnen Sammelkaſtens iſt, und wenn dieſer dreimal weiter iſt, ſo wird der Chilus durch den Gang um dreimal geſchwin- der fortgeriſſen werden, als geſchehen wuͤrde, wenn das Behaͤltniß einerlei Durchmeſſer mit dem Kanale haͤtte. Solchergeſtalt wird ſich der Sammelkaſten ausleeren (n), und der Gang anfuͤllen.
Da nun ferner, waͤhrend des Einatmens, der ge- ſamte Raum der Bruſt ſich erweitert (o), und die in ihr enthaltene Theile weniger gedruͤkkt werden, ſo wird bei dieſem Einathmen in dem Bruſtgange die Preſſung und der Widerſtand fuͤr den ankommenden Chilus klei- ner werden, und folglich dem Chilus leichter nachge- ben (p), den der gepreſte Sammelkaſten dahin ſendet, und es wird dieſes gleichſam die Zeit der Erweiterung dieſes Ganges ſeyn.
Wenigſtens druͤckte ich auf dieſe Weiſe, als ich die Hodengeſaͤſſe mit Queckſilber ausſprizzte, zwiſchen den Fingern ein Stuͤck des abfuͤhrenden Ganges dergeſtalt, daß keine Oeffnung uͤbrig blieb, und es lief kurz darauf nach aufgehobner Preſſung, das Quekkſilber von ſelbſten und reiſſend in denjenigen Theil hinein, welcher eben ausgeleert worden war.
Doch
(m)[Spaltenumbruch]De reſpir. p. 298.
(n) Siehe LOWER p. 227. das Darmfell rechnet mit dazu Cl. BER- TIER. phyſique des corps animés p. 403.
(o)L. VIII. p. 233. bis 236.
(p)Conf. J. Franc. PARIS. in [Spaltenumbruch]
theſ. E. chylus in canalem thora- cium quaſi ſuctu trahitur tempore inſpirationis. Pariſ 1747. confer. SENAC. Mém. de l’Acad. 1724. p. 256. Es leitete vormals PEC- QUETUS die Bewegung des chyli vom Athemholen her. p. 80.
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Wer dieſes in Ueberlegung zieht, der kann ſich aller-
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uns ziehen, dasjenige Anhaͤngſel des Zwerchfelles, wel-
ches den Sammelkaſten beſchuͤzzt, ſelbigen erſchuͤttern,
und ausleeren werde, ſo wie es den Schlund zuſammen
druͤkkt (m); und auf ſolche Art muß in dem Chilus eine
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je groͤſſer die Weite des mit dem Milchgange verglichnen
Sammelkaſtens iſt, und wenn dieſer dreimal weiter iſt,
ſo wird der Chilus durch den Gang um dreimal geſchwin-
der fortgeriſſen werden, als geſchehen wuͤrde, wenn das
Behaͤltniß einerlei Durchmeſſer mit dem Kanale haͤtte.
Solchergeſtalt wird ſich der Sammelkaſten ausleeren (n),
und der Gang anfuͤllen.
Da nun ferner, waͤhrend des Einatmens, der ge-
ſamte Raum der Bruſt ſich erweitert (o), und die in
ihr enthaltene Theile weniger gedruͤkkt werden, ſo wird
bei dieſem Einathmen in dem Bruſtgange die Preſſung
und der Widerſtand fuͤr den ankommenden Chilus klei-
ner werden, und folglich dem Chilus leichter nachge-
ben (p), den der gepreſte Sammelkaſten dahin ſendet,
und es wird dieſes gleichſam die Zeit der Erweiterung
dieſes Ganges ſeyn.
Wenigſtens druͤckte ich auf dieſe Weiſe, als ich die
Hodengeſaͤſſe mit Queckſilber ausſprizzte, zwiſchen den
Fingern ein Stuͤck des abfuͤhrenden Ganges dergeſtalt,
daß keine Oeffnung uͤbrig blieb, und es lief kurz darauf
nach aufgehobner Preſſung, das Quekkſilber von ſelbſten
und reiſſend in denjenigen Theil hinein, welcher eben
ausgeleert worden war.
Doch
(m)
De reſpir. p. 298.
(n) Siehe LOWER p. 227. das
Darmfell rechnet mit dazu Cl. BER-
TIER. phyſique des corps animés
p. 403.
(o) L. VIII. p. 233. bis 236.
(p) Conf. J. Franc. PARIS. in
theſ. E. chylus in canalem thora-
cium quaſi ſuctu trahitur tempore
inſpirationis. Pariſ 1747. confer.
SENAC. Mém. de l’Acad. 1724.
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QUETUS die Bewegung des chyli
vom Athemholen her. p. 80.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/385>, abgerufen am 24.11.2024.
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