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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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II. Abschn. Verrichtungen des dünnen.
in die rothe Blutadern zu kommen. Ein berühmter
Mann konnte niemals in der geöffneten Pfortader eines
Hundes [Spaltenumbruch] (b*) Milch finden. Diejenige Milch, welche
man in die Gekröseblutadern sprizzte, kam nicht ins Ge-
därme hinein (c).

§. 6.
Das Wahrscheinliche in dieser Sache.

Jch rechne sehr auf die Versuche eines berühmten
Mannes, wenn sich die Aufrichtigkeit mit dem Fleisse
dabei vereinigen. Wir haben aber dagegen so viele an-
dre Gegengründe, daß ich mich von der Parthei meines
Lehrers nicht entfernen kann.

Jch habe schon längst erklärt, wie leicht der Weg
aus den Gekröseblutadern nach dem Gedärme zu sey (a),
und daß sich derselbe für das Wasser, das Oel, den
Fischleim und Säfte von andrer Art ohne Umstände
öffne. Wenn nun die Mündungen der Gekrösebluta-
dern Oel und Fischleim annehmen, so hat es auch kei-
nen Schein, daß sie den Chilus zurükke weisen werden,
welcher dünner ist, als beide Säfte.

Ein berühmter Zeuge bestätigte, daß das Wasser aus
dem Gedärme eines Thieres in diese Blutadern überge-
he(b). Endlich fand ein andrer zuverläßiger Zeuge eine
weisse Limphe in den Blutadergefässen der Därme (b*).

Wenn man Versuche vor sich hat, welche sich einan-
der schnurgerade widersprechen, so pflege ich denen mei-
nen Beifall zu geben welche eine Sache bejahen. Es
ist sehr leicht, daß ein Zufall den guten Erfolg eines
Versuches stört; zeigt man aber an, daß die Sache er-

folgt
(b*) VATER de motu sang.
per. ven port.
(c) p. 48.
(a) p. 47.
(b) [Spaltenumbruch] KAAUW perspir. n. 471.
474. &c.
(b*) ILL. MEKEL in epistola ad
me data, p.
13.
G 4

II. Abſchn. Verrichtungen des duͤnnen.
in die rothe Blutadern zu kommen. Ein beruͤhmter
Mann konnte niemals in der geoͤffneten Pfortader eines
Hundes [Spaltenumbruch] (b*) Milch finden. Diejenige Milch, welche
man in die Gekroͤſeblutadern ſprizzte, kam nicht ins Ge-
daͤrme hinein (c).

§. 6.
Das Wahrſcheinliche in dieſer Sache.

Jch rechne ſehr auf die Verſuche eines beruͤhmten
Mannes, wenn ſich die Aufrichtigkeit mit dem Fleiſſe
dabei vereinigen. Wir haben aber dagegen ſo viele an-
dre Gegengruͤnde, daß ich mich von der Parthei meines
Lehrers nicht entfernen kann.

Jch habe ſchon laͤngſt erklaͤrt, wie leicht der Weg
aus den Gekroͤſeblutadern nach dem Gedaͤrme zu ſey (a),
und daß ſich derſelbe fuͤr das Waſſer, das Oel, den
Fiſchleim und Saͤfte von andrer Art ohne Umſtaͤnde
oͤffne. Wenn nun die Muͤndungen der Gekroͤſebluta-
dern Oel und Fiſchleim annehmen, ſo hat es auch kei-
nen Schein, daß ſie den Chilus zuruͤkke weiſen werden,
welcher duͤnner iſt, als beide Saͤfte.

Ein beruͤhmter Zeuge beſtaͤtigte, daß das Waſſer aus
dem Gedaͤrme eines Thieres in dieſe Blutadern uͤberge-
he(b). Endlich fand ein andrer zuverlaͤßiger Zeuge eine
weiſſe Limphe in den Blutadergefaͤſſen der Daͤrme (b*).

Wenn man Verſuche vor ſich hat, welche ſich einan-
der ſchnurgerade widerſprechen, ſo pflege ich denen mei-
nen Beifall zu geben welche eine Sache bejahen. Es
iſt ſehr leicht, daß ein Zufall den guten Erfolg eines
Verſuches ſtoͤrt; zeigt man aber an, daß die Sache er-

folgt
(b*) VATER de motu ſang.
per. ven port.
(c) p. 48.
(a) p. 47.
(b) [Spaltenumbruch] KAAUW perſpir. n. 471.
474. &c.
(b*) ILL. MEKEL in epiſtola ad
me data, p.
13.
G 4
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[103/0139] II. Abſchn. Verrichtungen des duͤnnen. in die rothe Blutadern zu kommen. Ein beruͤhmter Mann konnte niemals in der geoͤffneten Pfortader eines Hundes (b*) Milch finden. Diejenige Milch, welche man in die Gekroͤſeblutadern ſprizzte, kam nicht ins Ge- daͤrme hinein (c). §. 6. Das Wahrſcheinliche in dieſer Sache. Jch rechne ſehr auf die Verſuche eines beruͤhmten Mannes, wenn ſich die Aufrichtigkeit mit dem Fleiſſe dabei vereinigen. Wir haben aber dagegen ſo viele an- dre Gegengruͤnde, daß ich mich von der Parthei meines Lehrers nicht entfernen kann. Jch habe ſchon laͤngſt erklaͤrt, wie leicht der Weg aus den Gekroͤſeblutadern nach dem Gedaͤrme zu ſey (a), und daß ſich derſelbe fuͤr das Waſſer, das Oel, den Fiſchleim und Saͤfte von andrer Art ohne Umſtaͤnde oͤffne. Wenn nun die Muͤndungen der Gekroͤſebluta- dern Oel und Fiſchleim annehmen, ſo hat es auch kei- nen Schein, daß ſie den Chilus zuruͤkke weiſen werden, welcher duͤnner iſt, als beide Saͤfte. Ein beruͤhmter Zeuge beſtaͤtigte, daß das Waſſer aus dem Gedaͤrme eines Thieres in dieſe Blutadern uͤberge- he (b). Endlich fand ein andrer zuverlaͤßiger Zeuge eine weiſſe Limphe in den Blutadergefaͤſſen der Daͤrme (b*). Wenn man Verſuche vor ſich hat, welche ſich einan- der ſchnurgerade widerſprechen, ſo pflege ich denen mei- nen Beifall zu geben welche eine Sache bejahen. Es iſt ſehr leicht, daß ein Zufall den guten Erfolg eines Verſuches ſtoͤrt; zeigt man aber an, daß die Sache er- folgt (b*) VATER de motu ſang. per. ven port. (c) p. 48. (a) p. 47. (b) KAAUW perſpir. n. 471. 474. &c. (b*) ILL. MEKEL in epiſtola ad me data, p. 13. G 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/139>, abgerufen am 22.11.2024.