ob sie gleich ihren Strich anders wohin nehmen, und dem Knochenhäutchen nicht angehören, den- noch in der Zeit, wenn sich an einer solchen Stel- le ein Geschwulst erhebt, oder ein dünner scharfer Eiter sich daselbst ergießt, sehr wohl davon ange- fressen, oder schmerzhaft gespannt werden können.
Diesem fügte ich noch bey, daß keine Krank- heit, Theilen eine Empfindung geben könne, die ohne Nerven sind. Nun hat man dem Mutter- kuchen, den Fruchthäuten, und der Nabelschnur, oder der mittlern Spinnwebenhaut des Gehirns niemals, auch nicht einmal nach Vermuthung, Nerven zuerkannt. Gewiß ist es, daß in der harten Gehirnhaut keine sind, und es hat nie- mals auf so vielen durch ganz Europa angelegten öffentlichen Zergliederungssälen, Jemand, da doch dieser Streit von empfindungslosen Theilen nun bereits seit zwölf Jahren überall bekannt ist, da man so viele Stahlische Schriftsteller hat, da so viel andere gegen uns ihre Federn geschärft haben, ich sage, so hat doch noch Niemand, auch nur mit einigem Scheine der Wahrheit, einen Nerven an einer so grossen, und so berühmten
Mem-
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Vorrede.
ob ſie gleich ihren Strich anders wohin nehmen, und dem Knochenhaͤutchen nicht angehoͤren, den- noch in der Zeit, wenn ſich an einer ſolchen Stel- le ein Geſchwulſt erhebt, oder ein duͤnner ſcharfer Eiter ſich daſelbſt ergießt, ſehr wohl davon ange- freſſen, oder ſchmerzhaft geſpannt werden koͤnnen.
Dieſem fuͤgte ich noch bey, daß keine Krank- heit, Theilen eine Empfindung geben koͤnne, die ohne Nerven ſind. Nun hat man dem Mutter- kuchen, den Fruchthaͤuten, und der Nabelſchnur, oder der mittlern Spinnwebenhaut des Gehirns niemals, auch nicht einmal nach Vermuthung, Nerven zuerkannt. Gewiß iſt es, daß in der harten Gehirnhaut keine ſind, und es hat nie- mals auf ſo vielen durch ganz Europa angelegten oͤffentlichen Zergliederungsſaͤlen, Jemand, da doch dieſer Streit von empfindungsloſen Theilen nun bereits ſeit zwoͤlf Jahren uͤberall bekannt iſt, da man ſo viele Stahliſche Schriftſteller hat, da ſo viel andere gegen uns ihre Federn geſchaͤrft haben, ich ſage, ſo hat doch noch Niemand, auch nur mit einigem Scheine der Wahrheit, einen Nerven an einer ſo groſſen, und ſo beruͤhmten
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[IX/0013]
Vorrede.
ob ſie gleich ihren Strich anders wohin nehmen,
und dem Knochenhaͤutchen nicht angehoͤren, den-
noch in der Zeit, wenn ſich an einer ſolchen Stel-
le ein Geſchwulſt erhebt, oder ein duͤnner ſcharfer
Eiter ſich daſelbſt ergießt, ſehr wohl davon ange-
freſſen, oder ſchmerzhaft geſpannt werden koͤnnen.
Dieſem fuͤgte ich noch bey, daß keine Krank-
heit, Theilen eine Empfindung geben koͤnne, die
ohne Nerven ſind. Nun hat man dem Mutter-
kuchen, den Fruchthaͤuten, und der Nabelſchnur,
oder der mittlern Spinnwebenhaut des Gehirns
niemals, auch nicht einmal nach Vermuthung,
Nerven zuerkannt. Gewiß iſt es, daß in der
harten Gehirnhaut keine ſind, und es hat nie-
mals auf ſo vielen durch ganz Europa angelegten
oͤffentlichen Zergliederungsſaͤlen, Jemand, da
doch dieſer Streit von empfindungsloſen Theilen
nun bereits ſeit zwoͤlf Jahren uͤberall bekannt iſt,
da man ſo viele Stahliſche Schriftſteller hat,
da ſo viel andere gegen uns ihre Federn geſchaͤrft
haben, ich ſage, ſo hat doch noch Niemand, auch
nur mit einigem Scheine der Wahrheit, einen
Nerven an einer ſo groſſen, und ſo beruͤhmten
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/13>, abgerufen am 22.11.2024.
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