Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abschnitt. Speise und Trank.
starke Personen schwerlich eine zarte Narung vertragen
(l), und sie werden leichter wieder gesund, so bald sie zu
den harten Speisen umkehren (m).

Es nimmt die Stärke einer Faser von den Pflanzen-
säften und vom Wasser ab (n), der feste Faden wird von
solcher Diät schlaffer (o), es bleibt das Blut gelbe, so
wie das Angesicht bleich (p). Von Gerstennahrung und
Tisane wird der Körper öfters gedunsen (q). So sind die
Einwoner von Hispaniola, sonderlich wegen der Nahrung
von Pflanzen schwächlich (r). Die Amerikaner könnten
ihre Stärke bei blossem Brei nicht erhalten, wenn sie sich
nicht mit Fleisch oder Fischen wieder etwas zu gute thä-
ten (s).

Jch sehe, daß man einwendet, es wären wilde Völ-
ker, die nichts als Pflanzenspeisen zu sich zu nehmen ge-
wont wären (t). Aber es deucht mir, daß ein jedes Volk,
das sich auf den Feldbau legt, von sanftern Sitten sei,
daß hierauf die Schäfer folgen, und daß die allerwilde-
sten Völker Jäger sind, welche fast vom Fleisch allein
leben.

Zwischen den Pflanzen und menschlichen Säften fin-
det weniger Aenlichkeit, als zwischen eben diesen Säften
und Thieren statt. Es sind die meisten Pflanzen säuer-
lich, oder sie werden es doch: und es wird an einem be-
sondern Orte gezeigt werden, wie eigensinnig das saure
Wesen den meisten anklebt (u). Und dennoch muß sel-
biges gebrochen werden, um sich in unser Wesen zu ver-
wandeln.

Dieje-
(l) [Spaltenumbruch] BENNET theatr. tabid.
p.
4.
(m) SWALWE quetel. ventr.
p.
101.
(n) ROBINSON Oeconom. ed.
II. p.
314.
(o) KINEIR nerves p. 93.
(p) STUBBE phlebot. p. 117.
(q) [Spaltenumbruch] MONRO de hydrope p. 9.
(r) CHARLEVOIX hist. de S.
Domingue.
(s) LAFITEAU p. 89.
(t) MACKENZII hist. of he-
alth. p.
49.
(u) L. XIX. Sect. V.

III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
ſtarke Perſonen ſchwerlich eine zarte Narung vertragen
(l), und ſie werden leichter wieder geſund, ſo bald ſie zu
den harten Speiſen umkehren (m).

Es nimmt die Staͤrke einer Faſer von den Pflanzen-
ſaͤften und vom Waſſer ab (n), der feſte Faden wird von
ſolcher Diaͤt ſchlaffer (o), es bleibt das Blut gelbe, ſo
wie das Angeſicht bleich (p). Von Gerſtennahrung und
Tiſane wird der Koͤrper oͤfters gedunſen (q). So ſind die
Einwoner von Hiſpaniola, ſonderlich wegen der Nahrung
von Pflanzen ſchwaͤchlich (r). Die Amerikaner koͤnnten
ihre Staͤrke bei bloſſem Brei nicht erhalten, wenn ſie ſich
nicht mit Fleiſch oder Fiſchen wieder etwas zu gute thaͤ-
ten (s).

Jch ſehe, daß man einwendet, es waͤren wilde Voͤl-
ker, die nichts als Pflanzenſpeiſen zu ſich zu nehmen ge-
wont waͤren (t). Aber es deucht mir, daß ein jedes Volk,
das ſich auf den Feldbau legt, von ſanftern Sitten ſei,
daß hierauf die Schaͤfer folgen, und daß die allerwilde-
ſten Voͤlker Jaͤger ſind, welche faſt vom Fleiſch allein
leben.

Zwiſchen den Pflanzen und menſchlichen Saͤften fin-
det weniger Aenlichkeit, als zwiſchen eben dieſen Saͤften
und Thieren ſtatt. Es ſind die meiſten Pflanzen ſaͤuer-
lich, oder ſie werden es doch: und es wird an einem be-
ſondern Orte gezeigt werden, wie eigenſinnig das ſaure
Weſen den meiſten anklebt (u). Und dennoch muß ſel-
biges gebrochen werden, um ſich in unſer Weſen zu ver-
wandeln.

Dieje-
(l) [Spaltenumbruch] BENNET theatr. tabid.
p.
4.
(m) SWALWE quetel. ventr.
p.
101.
(n) ROBINSON Oeconom. ed.
II. p.
314.
(o) KINEIR nerves p. 93.
(p) STUBBE phlebot. p. 117.
(q) [Spaltenumbruch] MONRO de hydrope p. 9.
(r) CHARLEVOIX hiſt. de S.
Domingue.
(s) LAFITEAU p. 89.
(t) MACKENZII hiſt. of he-
alth. p.
49.
(u) L. XIX. Sect. V.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="287[303]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Spei&#x017F;e und Trank.</hi></fw><lb/>
&#x017F;tarke Per&#x017F;onen &#x017F;chwerlich eine zarte Narung vertragen<lb/><note place="foot" n="(l)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BENNET</hi> theatr. tabid.<lb/>
p.</hi> 4.</note>, und &#x017F;ie werden leichter wieder ge&#x017F;und, &#x017F;o bald &#x017F;ie zu<lb/>
den harten Spei&#x017F;en umkehren <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">SWALWE quetel. ventr.<lb/>
p.</hi> 101.</note>.</p><lb/>
            <p>Es nimmt die Sta&#x0364;rke einer Fa&#x017F;er von den Pflanzen-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ften und vom Wa&#x017F;&#x017F;er ab <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">ROBINSON Oeconom. ed.<lb/>
II. p.</hi> 314.</note>, der fe&#x017F;te Faden wird von<lb/>
&#x017F;olcher Dia&#x0364;t &#x017F;chlaffer <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">KINEIR nerves p.</hi> 93.</note>, es bleibt das Blut gelbe, &#x017F;o<lb/>
wie das Ange&#x017F;icht bleich <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">STUBBE phlebot. p.</hi> 117.</note>. Von Ger&#x017F;tennahrung und<lb/>
Ti&#x017F;ane wird der Ko&#x0364;rper o&#x0364;fters gedun&#x017F;en <note place="foot" n="(q)"><cb/><hi rendition="#aq">MONRO de hydrope p.</hi> 9.</note>. So &#x017F;ind die<lb/>
Einwoner von Hi&#x017F;paniola, &#x017F;onderlich wegen der Nahrung<lb/>
von Pflanzen &#x017F;chwa&#x0364;chlich <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">CHARLEVOIX hi&#x017F;t. de S.<lb/>
Domingue.</hi></note>. Die Amerikaner ko&#x0364;nnten<lb/>
ihre Sta&#x0364;rke bei blo&#x017F;&#x017F;em Brei nicht erhalten, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nicht mit Flei&#x017F;ch oder Fi&#x017F;chen wieder etwas zu gute tha&#x0364;-<lb/>
ten <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">LAFITEAU p.</hi> 89.</note>.</p><lb/>
            <p>Jch &#x017F;ehe, daß man einwendet, es wa&#x0364;ren wilde Vo&#x0364;l-<lb/>
ker, die nichts als Pflanzen&#x017F;pei&#x017F;en zu &#x017F;ich zu nehmen ge-<lb/>
wont wa&#x0364;ren <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">MACKENZII hi&#x017F;t. of he-<lb/>
alth. p.</hi> 49.</note>. Aber es deucht mir, daß ein jedes Volk,<lb/>
das &#x017F;ich auf den Feldbau legt, von &#x017F;anftern Sitten &#x017F;ei,<lb/>
daß hierauf die Scha&#x0364;fer folgen, und daß die allerwilde-<lb/>
&#x017F;ten Vo&#x0364;lker Ja&#x0364;ger &#x017F;ind, welche fa&#x017F;t vom Flei&#x017F;ch allein<lb/>
leben.</p><lb/>
            <p>Zwi&#x017F;chen den Pflanzen und men&#x017F;chlichen Sa&#x0364;ften fin-<lb/>
det weniger Aenlichkeit, als zwi&#x017F;chen eben die&#x017F;en Sa&#x0364;ften<lb/>
und Thieren &#x017F;tatt. Es &#x017F;ind die mei&#x017F;ten Pflanzen &#x017F;a&#x0364;uer-<lb/>
lich, oder &#x017F;ie werden es doch: und es wird an einem be-<lb/>
&#x017F;ondern Orte gezeigt werden, wie eigen&#x017F;innig das &#x017F;aure<lb/>
We&#x017F;en den mei&#x017F;ten anklebt <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">L. XIX. Sect. V.</hi></note>. Und dennoch muß &#x017F;el-<lb/>
biges gebrochen werden, um &#x017F;ich in un&#x017F;er We&#x017F;en zu ver-<lb/>
wandeln.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Dieje-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287[303]/0323] III. Abſchnitt. Speiſe und Trank. ſtarke Perſonen ſchwerlich eine zarte Narung vertragen (l), und ſie werden leichter wieder geſund, ſo bald ſie zu den harten Speiſen umkehren (m). Es nimmt die Staͤrke einer Faſer von den Pflanzen- ſaͤften und vom Waſſer ab (n), der feſte Faden wird von ſolcher Diaͤt ſchlaffer (o), es bleibt das Blut gelbe, ſo wie das Angeſicht bleich (p). Von Gerſtennahrung und Tiſane wird der Koͤrper oͤfters gedunſen (q). So ſind die Einwoner von Hiſpaniola, ſonderlich wegen der Nahrung von Pflanzen ſchwaͤchlich (r). Die Amerikaner koͤnnten ihre Staͤrke bei bloſſem Brei nicht erhalten, wenn ſie ſich nicht mit Fleiſch oder Fiſchen wieder etwas zu gute thaͤ- ten (s). Jch ſehe, daß man einwendet, es waͤren wilde Voͤl- ker, die nichts als Pflanzenſpeiſen zu ſich zu nehmen ge- wont waͤren (t). Aber es deucht mir, daß ein jedes Volk, das ſich auf den Feldbau legt, von ſanftern Sitten ſei, daß hierauf die Schaͤfer folgen, und daß die allerwilde- ſten Voͤlker Jaͤger ſind, welche faſt vom Fleiſch allein leben. Zwiſchen den Pflanzen und menſchlichen Saͤften fin- det weniger Aenlichkeit, als zwiſchen eben dieſen Saͤften und Thieren ſtatt. Es ſind die meiſten Pflanzen ſaͤuer- lich, oder ſie werden es doch: und es wird an einem be- ſondern Orte gezeigt werden, wie eigenſinnig das ſaure Weſen den meiſten anklebt (u). Und dennoch muß ſel- biges gebrochen werden, um ſich in unſer Weſen zu ver- wandeln. Dieje- (l) BENNET theatr. tabid. p. 4. (m) SWALWE quetel. ventr. p. 101. (n) ROBINSON Oeconom. ed. II. p. 314. (o) KINEIR nerves p. 93. (p) STUBBE phlebot. p. 117. (q) MONRO de hydrope p. 9. (r) CHARLEVOIX hiſt. de S. Domingue. (s) LAFITEAU p. 89. (t) MACKENZII hiſt. of he- alth. p. 49. (u) L. XIX. Sect. V.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/323
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 287[303]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/323>, abgerufen am 02.06.2024.