Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Hunger und Durst.
Flüßigkeiten wieder ersezzen, theils die Schärfe mildern
wollen, welche sich in unsern Säften einfindet.

Die Natur des Durstes beruhet auf einer Trokken-
heit, an der Zunge, dem Munde, Gaumen, dem Rachen,
Schlunde (m) und Magen, welche die uns angeborne
Feuchtigkeit nicht zu mäßigen geschikkt ist: denn es zei-
gen die Berichte, daß man auch den Magen selbst nicht
von dem Sizze des Durstes ausschliessen kann, und in de-
nen der Zunder des Uebels offenbar im Magen angetrof-
fen worden. Und dieses beweisen auch die zuvor erwänte
Dromedarien, die bei einem Magen, der voller Wasser
ist, auch keinen Durst leiden. Es wird aber einerlei sein,
ob überhaupt am Wasser Mangel, oder die Feuchtigkeit,
die die Natur aus diesen Mündungen absondern müste,
nunmehr zähe und unbeweglich ist, welches sich wiederum
in den Fiebern zuträgt, so wie je[ne]s eine Folge von der
Harnruhr, Wassersucht, und Schlundwunde war.

Bei dem Durste äussert sich eine sehr beschwerliche
Empfindung von Trokkenheit (n); denn es werden schon
blos von der Austrokknung die thierische Fasern, sonder-
lich aber die Nerven, geschwinde hart, und verwandeln
sich in dürre, zerbrechliche und fast zerreibliche Schnüre.
Hält das Uebel länger an, so fült man zugleich einiges
Brennen und eine Bitterkeit.

Es läst auch diese höchst unangeneme Empfindung
nicht nach, wenn nicht das Blut sein Wasser wieder be-
kömmt, und bis es im Munde, Halse und Magen freie
Ausdünstung wieder erlangt, wodurch diese Theile wie
vorher angefeuchtet werden müssen.

Man
(m) [Spaltenumbruch] CORTER de siti p. 5.
(n) Daß er oft in der öbersten
Gegend des Schlundes seinen Sizz
hat GREW p. 23. Jm Munde
und Rachen GORTER p. 7. im
Rachen BORELL mot. anim.
[Spaltenumbruch] P. II. propr.
103. davon rührt,
wie ich glaube, das Unvermögen zu
trinken, nach einem langanhalten-
den Durste, von einer Entzündung
her. GAGE itin. Mexic.
H. Phisiol. 6. B. S

II. Abſchnitt. Hunger und Durſt.
Fluͤßigkeiten wieder erſezzen, theils die Schaͤrfe mildern
wollen, welche ſich in unſern Saͤften einfindet.

Die Natur des Durſtes beruhet auf einer Trokken-
heit, an der Zunge, dem Munde, Gaumen, dem Rachen,
Schlunde (m) und Magen, welche die uns angeborne
Feuchtigkeit nicht zu maͤßigen geſchikkt iſt: denn es zei-
gen die Berichte, daß man auch den Magen ſelbſt nicht
von dem Sizze des Durſtes ausſchlieſſen kann, und in de-
nen der Zunder des Uebels offenbar im Magen angetrof-
fen worden. Und dieſes beweiſen auch die zuvor erwaͤnte
Dromedarien, die bei einem Magen, der voller Waſſer
iſt, auch keinen Durſt leiden. Es wird aber einerlei ſein,
ob uͤberhaupt am Waſſer Mangel, oder die Feuchtigkeit,
die die Natur aus dieſen Muͤndungen abſondern muͤſte,
nunmehr zaͤhe und unbeweglich iſt, welches ſich wiederum
in den Fiebern zutraͤgt, ſo wie je[ne]s eine Folge von der
Harnruhr, Waſſerſucht, und Schlundwunde war.

Bei dem Durſte aͤuſſert ſich eine ſehr beſchwerliche
Empfindung von Trokkenheit (n); denn es werden ſchon
blos von der Austrokknung die thieriſche Faſern, ſonder-
lich aber die Nerven, geſchwinde hart, und verwandeln
ſich in duͤrre, zerbrechliche und faſt zerreibliche Schnuͤre.
Haͤlt das Uebel laͤnger an, ſo fuͤlt man zugleich einiges
Brennen und eine Bitterkeit.

Es laͤſt auch dieſe hoͤchſt unangeneme Empfindung
nicht nach, wenn nicht das Blut ſein Waſſer wieder be-
koͤmmt, und bis es im Munde, Halſe und Magen freie
Ausduͤnſtung wieder erlangt, wodurch dieſe Theile wie
vorher angefeuchtet werden muͤſſen.

Man
(m) [Spaltenumbruch] CORTER de ſiti p. 5.
(n) Daß er oft in der oͤberſten
Gegend des Schlundes ſeinen Sizz
hat GREW p. 23. Jm Munde
und Rachen GORTER p. 7. im
Rachen BORELL mot. anim.
[Spaltenumbruch] P. II. propr.
103. davon ruͤhrt,
wie ich glaube, das Unvermoͤgen zu
trinken, nach einem langanhalten-
den Durſte, von einer Entzuͤndung
her. GAGE itin. Mexic.
H. Phiſiol. 6. B. S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0293" n="257[273]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Hunger und Dur&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
Flu&#x0364;ßigkeiten wieder er&#x017F;ezzen, theils die Scha&#x0364;rfe mildern<lb/>
wollen, welche &#x017F;ich in un&#x017F;ern Sa&#x0364;ften einfindet.</p><lb/>
            <p>Die Natur des Dur&#x017F;tes beruhet auf einer Trokken-<lb/>
heit, an der Zunge, dem Munde, Gaumen, dem Rachen,<lb/>
Schlunde <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">CORTER de &#x017F;iti p.</hi> 5.</note> und Magen, welche die uns angeborne<lb/>
Feuchtigkeit nicht zu ma&#x0364;ßigen ge&#x017F;chikkt i&#x017F;t: denn es zei-<lb/>
gen die Berichte, daß man auch den Magen &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
von dem Sizze des Dur&#x017F;tes aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en kann, und in de-<lb/>
nen der Zunder des Uebels offenbar im Magen angetrof-<lb/>
fen worden. Und die&#x017F;es bewei&#x017F;en auch die zuvor erwa&#x0364;nte<lb/>
Dromedarien, die bei einem Magen, der voller Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
i&#x017F;t, auch keinen Dur&#x017F;t leiden. Es wird aber einerlei &#x017F;ein,<lb/>
ob u&#x0364;berhaupt am Wa&#x017F;&#x017F;er Mangel, oder die Feuchtigkeit,<lb/>
die die Natur aus die&#x017F;en Mu&#x0364;ndungen ab&#x017F;ondern mu&#x0364;&#x017F;te,<lb/>
nunmehr za&#x0364;he und unbeweglich i&#x017F;t, welches &#x017F;ich wiederum<lb/>
in den Fiebern zutra&#x0364;gt, &#x017F;o wie je<supplied>ne</supplied>s eine Folge von der<lb/>
Harnruhr, Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ucht, und Schlundwunde war.</p><lb/>
            <p>Bei dem Dur&#x017F;te a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;ich eine &#x017F;ehr be&#x017F;chwerliche<lb/>
Empfindung von Trokkenheit <note place="foot" n="(n)">Daß er oft in der o&#x0364;ber&#x017F;ten<lb/>
Gegend des Schlundes &#x017F;einen Sizz<lb/>
hat <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">GREW</hi> p.</hi> 23. Jm Munde<lb/>
und Rachen <hi rendition="#aq">GORTER p.</hi> 7. im<lb/>
Rachen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BORELL</hi> mot. anim.<lb/><cb/>
P. II. propr.</hi> 103. davon ru&#x0364;hrt,<lb/>
wie ich glaube, das Unvermo&#x0364;gen zu<lb/>
trinken, nach einem langanhalten-<lb/>
den Dur&#x017F;te, von einer Entzu&#x0364;ndung<lb/>
her. <hi rendition="#aq">GAGE itin. Mexic.</hi></note>; denn es werden &#x017F;chon<lb/>
blos von der Austrokknung die thieri&#x017F;che Fa&#x017F;ern, &#x017F;onder-<lb/>
lich aber die Nerven, ge&#x017F;chwinde hart, und verwandeln<lb/>
&#x017F;ich in du&#x0364;rre, zerbrechliche und fa&#x017F;t zerreibliche Schnu&#x0364;re.<lb/>
Ha&#x0364;lt das Uebel la&#x0364;nger an, &#x017F;o fu&#x0364;lt man zugleich einiges<lb/>
Brennen und eine Bitterkeit.</p><lb/>
            <p>Es la&#x0364;&#x017F;t auch die&#x017F;e ho&#x0364;ch&#x017F;t unangeneme Empfindung<lb/>
nicht nach, wenn nicht das Blut &#x017F;ein Wa&#x017F;&#x017F;er wieder be-<lb/>
ko&#x0364;mmt, und bis es im Munde, Hal&#x017F;e und Magen freie<lb/>
Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung wieder erlangt, wodurch die&#x017F;e Theile wie<lb/>
vorher angefeuchtet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H. Phi&#x017F;iol. 6. B.</hi> S</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257[273]/0293] II. Abſchnitt. Hunger und Durſt. Fluͤßigkeiten wieder erſezzen, theils die Schaͤrfe mildern wollen, welche ſich in unſern Saͤften einfindet. Die Natur des Durſtes beruhet auf einer Trokken- heit, an der Zunge, dem Munde, Gaumen, dem Rachen, Schlunde (m) und Magen, welche die uns angeborne Feuchtigkeit nicht zu maͤßigen geſchikkt iſt: denn es zei- gen die Berichte, daß man auch den Magen ſelbſt nicht von dem Sizze des Durſtes ausſchlieſſen kann, und in de- nen der Zunder des Uebels offenbar im Magen angetrof- fen worden. Und dieſes beweiſen auch die zuvor erwaͤnte Dromedarien, die bei einem Magen, der voller Waſſer iſt, auch keinen Durſt leiden. Es wird aber einerlei ſein, ob uͤberhaupt am Waſſer Mangel, oder die Feuchtigkeit, die die Natur aus dieſen Muͤndungen abſondern muͤſte, nunmehr zaͤhe und unbeweglich iſt, welches ſich wiederum in den Fiebern zutraͤgt, ſo wie jenes eine Folge von der Harnruhr, Waſſerſucht, und Schlundwunde war. Bei dem Durſte aͤuſſert ſich eine ſehr beſchwerliche Empfindung von Trokkenheit (n); denn es werden ſchon blos von der Austrokknung die thieriſche Faſern, ſonder- lich aber die Nerven, geſchwinde hart, und verwandeln ſich in duͤrre, zerbrechliche und faſt zerreibliche Schnuͤre. Haͤlt das Uebel laͤnger an, ſo fuͤlt man zugleich einiges Brennen und eine Bitterkeit. Es laͤſt auch dieſe hoͤchſt unangeneme Empfindung nicht nach, wenn nicht das Blut ſein Waſſer wieder be- koͤmmt, und bis es im Munde, Halſe und Magen freie Ausduͤnſtung wieder erlangt, wodurch dieſe Theile wie vorher angefeuchtet werden muͤſſen. Man (m) CORTER de ſiti p. 5. (n) Daß er oft in der oͤberſten Gegend des Schlundes ſeinen Sizz hat GREW p. 23. Jm Munde und Rachen GORTER p. 7. im Rachen BORELL mot. anim. P. II. propr. 103. davon ruͤhrt, wie ich glaube, das Unvermoͤgen zu trinken, nach einem langanhalten- den Durſte, von einer Entzuͤndung her. GAGE itin. Mexic. H. Phiſiol. 6. B. S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/293
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 257[273]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/293>, abgerufen am 02.06.2024.