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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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IV. Abschnitt. Das Sehen.

Es schliessen sich von dieser Materie zwei ungleiche
Segmenten eines Zirkels an einander, da der Durchmes-
ser des vordern 1/25 tel einer Linie, des hintern aber 5 Li-
nien groß ist (i).

Folglich werden sich die Strahlen gegen einander nei-
gen, welche auf die Linse fallen, und es würde ihr Brenn-
punk 3 Linien groß sein, woferne die Linse unseres Auges
Glaß wäre, und die Strahlen aus der Luft paralel an-
kämen (k).

Es ist aber der Abstand des hintern Stükkes der Linse,
von der Nezzhaut im Menschen gleich sechs Linien 2617 (l).
Und dennoch fällt der Brennpunkt in die Nezzhaut: folg-
lich ist die brechende Kraft des Auges, um so viel schwä-
cher, als die brechende Kraft des Glases, um so viel ent-
fernter von der Linse, der Brennpunkt ins Auge fällt,
als ein von einer Glaslinse entstehender Brennpunkt fal-
len würde. Es wird aber auch die Kraft der Linse ver-
möge einer andern Erscheinung schwächer sein, denn es
fällt nicht der wahre Brennpunkt in einem einzigen Punk-
te auf die Nezzhaut auf, sondern nur ein solcher, der
schon einige Breite hat, weil man die rechten und linken
Gränzen eines sichtbaren Objects unterscheiden kann (m).
Und auf solche Art mindert sich auch die gar zu grosse
Stärke des Lichts.

Der Glaskörper, dessen Brechung wenig grösser, als
das Wasser (n), und bisweilen etwas kleiner, als die Linse
ist, ändert nichts sonderliches (o) in der Bewegung der-
jenigen Strahlen, welche durch die Linse herkommen. Doch

es
(i) [Spaltenumbruch] pag. 400.
(k) Nach obigem p. 457. wird die
Distanz des foci von der Linse sein
[Formel 1] .
(l) HELSHAM l. c.
(m) le CLERC sistem. art. 9.
Macht den focus der Linse sehr
breit, daß dessen verlängerte Enden
[Spaltenumbruch] einen Winkel 25 Grad bis 30 Grad
machen p. 116.
(n) pag. 395.
(o) Es glaubt Cl FLEMYNG
zu machen, daß der Strahlbüschel
schneller und näher convergiren
müsse. Physiol. p. 328 daß sie wirk-
lich refringire SENACUS Ess. de
phys. ed. 1735. p.
701. wenn das
Licht aus der Luft kömmt.
O o o 4
IV. Abſchnitt. Das Sehen.

Es ſchlieſſen ſich von dieſer Materie zwei ungleiche
Segmenten eines Zirkels an einander, da der Durchmeſ-
ſer des vordern ½5 tel einer Linie, des hintern aber 5 Li-
nien groß iſt (i).

Folglich werden ſich die Strahlen gegen einander nei-
gen, welche auf die Linſe fallen, und es wuͤrde ihr Brenn-
punk 3 Linien groß ſein, woferne die Linſe unſeres Auges
Glaß waͤre, und die Strahlen aus der Luft paralel an-
kaͤmen (k).

Es iſt aber der Abſtand des hintern Stuͤkkes der Linſe,
von der Nezzhaut im Menſchen gleich ſechs Linien 2617 (l).
Und dennoch faͤllt der Brennpunkt in die Nezzhaut: folg-
lich iſt die brechende Kraft des Auges, um ſo viel ſchwaͤ-
cher, als die brechende Kraft des Glaſes, um ſo viel ent-
fernter von der Linſe, der Brennpunkt ins Auge faͤllt,
als ein von einer Glaslinſe entſtehender Brennpunkt fal-
len wuͤrde. Es wird aber auch die Kraft der Linſe ver-
moͤge einer andern Erſcheinung ſchwaͤcher ſein, denn es
faͤllt nicht der wahre Brennpunkt in einem einzigen Punk-
te auf die Nezzhaut auf, ſondern nur ein ſolcher, der
ſchon einige Breite hat, weil man die rechten und linken
Graͤnzen eines ſichtbaren Objects unterſcheiden kann (m).
Und auf ſolche Art mindert ſich auch die gar zu groſſe
Staͤrke des Lichts.

Der Glaskoͤrper, deſſen Brechung wenig groͤſſer, als
das Waſſer (n), und bisweilen etwas kleiner, als die Linſe
iſt, aͤndert nichts ſonderliches (o) in der Bewegung der-
jenigen Strahlen, welche durch die Linſe herkommen. Doch

es
(i) [Spaltenumbruch] pag. 400.
(k) Nach obigem p. 457. wird die
Diſtanz des foci von der Linſe ſein
[Formel 1] .
(l) HELSHAM l. c.
(m) le CLERC ſiſtem. art. 9.
Macht den focus der Linſe ſehr
breit, daß deſſen verlaͤngerte Enden
[Spaltenumbruch] einen Winkel 25 Grad bis 30 Grad
machen p. 116.
(n) pag. 395.
(o) Es glaubt Cl FLEMYNG
zu machen, daß der Strahlbuͤſchel
ſchneller und naͤher convergiren
muͤſſe. Phyſiol. p. 328 daß ſie wirk-
lich refringire SENACUS Eſſ. de
phyſ. ed. 1735. p.
701. wenn das
Licht aus der Luft koͤmmt.
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[951/0969] IV. Abſchnitt. Das Sehen. Es ſchlieſſen ſich von dieſer Materie zwei ungleiche Segmenten eines Zirkels an einander, da der Durchmeſ- ſer des vordern ½5 tel einer Linie, des hintern aber 5 Li- nien groß iſt (i). Folglich werden ſich die Strahlen gegen einander nei- gen, welche auf die Linſe fallen, und es wuͤrde ihr Brenn- punk 3 Linien groß ſein, woferne die Linſe unſeres Auges Glaß waͤre, und die Strahlen aus der Luft paralel an- kaͤmen (k). Es iſt aber der Abſtand des hintern Stuͤkkes der Linſe, von der Nezzhaut im Menſchen gleich ſechs Linien 2617 (l). Und dennoch faͤllt der Brennpunkt in die Nezzhaut: folg- lich iſt die brechende Kraft des Auges, um ſo viel ſchwaͤ- cher, als die brechende Kraft des Glaſes, um ſo viel ent- fernter von der Linſe, der Brennpunkt ins Auge faͤllt, als ein von einer Glaslinſe entſtehender Brennpunkt fal- len wuͤrde. Es wird aber auch die Kraft der Linſe ver- moͤge einer andern Erſcheinung ſchwaͤcher ſein, denn es faͤllt nicht der wahre Brennpunkt in einem einzigen Punk- te auf die Nezzhaut auf, ſondern nur ein ſolcher, der ſchon einige Breite hat, weil man die rechten und linken Graͤnzen eines ſichtbaren Objects unterſcheiden kann (m). Und auf ſolche Art mindert ſich auch die gar zu groſſe Staͤrke des Lichts. Der Glaskoͤrper, deſſen Brechung wenig groͤſſer, als das Waſſer (n), und bisweilen etwas kleiner, als die Linſe iſt, aͤndert nichts ſonderliches (o) in der Bewegung der- jenigen Strahlen, welche durch die Linſe herkommen. Doch es (i) pag. 400. (k) Nach obigem p. 457. wird die Diſtanz des foci von der Linſe ſein [FORMEL]. (l) HELSHAM l. c. (m) le CLERC ſiſtem. art. 9. Macht den focus der Linſe ſehr breit, daß deſſen verlaͤngerte Enden einen Winkel 25 Grad bis 30 Grad machen p. 116. (n) pag. 395. (o) Es glaubt Cl FLEMYNG zu machen, daß der Strahlbuͤſchel ſchneller und naͤher convergiren muͤſſe. Phyſiol. p. 328 daß ſie wirk- lich refringire SENACUS Eſſ. de phyſ. ed. 1735. p. 701. wenn das Licht aus der Luft koͤmmt. O o o 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 951. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/969>, abgerufen am 23.11.2024.