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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. an sich.

Die Wärme messen wir, wenn wir die Wärme unsers
Blutes und besonders unserer Haut damit vergleichen.
Warm scheinen uns diejenigen Dinge, welche wärmer
als wir selbst sind. Kalt, die unter diesem Grade sind.
Daher versteht der Mensch kein wirkliches Maas der
Wärme; und es ist ihm dieses, bis auf die Erfindung der
Thermometer, völlig unbekannt geblieben. Daher sind
uns die Keller des Winters warm, und im Sommer kalt,
ob sie gleich eine unveränderte Wärme haben, weil die
Wärme darinnen im Winter nicht so, wie in der uns
umgebenden Luft abnimmt, und im Sommer nicht eben
so zunimmt. Daher haben die französischen Akademisten
von den Reisenden, welche von den Gebirgen in Quito
nach dem flachen Seeufer niedersteigen, oder gegentheils
von dem garstigen Ufer die Berge an steigen, angemerkt,
wie sich beide zanken, indem jene versichern, wie die Luft
mitten auf dem Berge warm sei, da sie diese hingegen
kühl finden.

Die Erfarung hat zu dem Urtheile des Kartesiani-
schen
Blinden (n), über die Entfernung der Dinge,
Anlaß gegeben. Ein solcher bedient sich zweener gegen
einander geneigten Stäbe, die vor ihm vorstehen müssen,
und er urtheilt aus dem Winkel, unter welchem sie sich
durchschneiden, von der Nähe des Objekts, daß es nämlich
nahe bei sei, wenn dieser Winkel gros, und entfernt, wenn
dieser Winkel klein ist. Jch bin nicht der Meinung, daß
uns die Geometrie angeboren sei, und ich gründe dieses
blos auf oft wiederholte Versuche, woraus man von der
Winkelgrösse nichts lernt; denn dieses sind dem Blinden
unbekannte Sachen, sondern man erkennt blos, daß ein
nahes Objekt den Stab mit grösserer Kraft gegen uns stöst.
Doch dieses wird an seinem Orte untersucht werden.

§. 3.
(n) De homine p. 58. 59.
A a 5
III. Abſchnitt. an ſich.

Die Waͤrme meſſen wir, wenn wir die Waͤrme unſers
Blutes und beſonders unſerer Haut damit vergleichen.
Warm ſcheinen uns diejenigen Dinge, welche waͤrmer
als wir ſelbſt ſind. Kalt, die unter dieſem Grade ſind.
Daher verſteht der Menſch kein wirkliches Maas der
Waͤrme; und es iſt ihm dieſes, bis auf die Erfindung der
Thermometer, voͤllig unbekannt geblieben. Daher ſind
uns die Keller des Winters warm, und im Sommer kalt,
ob ſie gleich eine unveraͤnderte Waͤrme haben, weil die
Waͤrme darinnen im Winter nicht ſo, wie in der uns
umgebenden Luft abnimmt, und im Sommer nicht eben
ſo zunimmt. Daher haben die franzoͤſiſchen Akademiſten
von den Reiſenden, welche von den Gebirgen in Quito
nach dem flachen Seeufer niederſteigen, oder gegentheils
von dem garſtigen Ufer die Berge an ſteigen, angemerkt,
wie ſich beide zanken, indem jene verſichern, wie die Luft
mitten auf dem Berge warm ſei, da ſie dieſe hingegen
kuͤhl finden.

Die Erfarung hat zu dem Urtheile des Karteſiani-
ſchen
Blinden (n), uͤber die Entfernung der Dinge,
Anlaß gegeben. Ein ſolcher bedient ſich zweener gegen
einander geneigten Staͤbe, die vor ihm vorſtehen muͤſſen,
und er urtheilt aus dem Winkel, unter welchem ſie ſich
durchſchneiden, von der Naͤhe des Objekts, daß es naͤmlich
nahe bei ſei, wenn dieſer Winkel gros, und entfernt, wenn
dieſer Winkel klein iſt. Jch bin nicht der Meinung, daß
uns die Geometrie angeboren ſei, und ich gruͤnde dieſes
blos auf oft wiederholte Verſuche, woraus man von der
Winkelgroͤſſe nichts lernt; denn dieſes ſind dem Blinden
unbekannte Sachen, ſondern man erkennt blos, daß ein
nahes Objekt den Stab mit groͤſſerer Kraft gegen uns ſtoͤſt.
Doch dieſes wird an ſeinem Orte unterſucht werden.

§. 3.
(n) De homine p. 58. 59.
A a 5
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[377/0395] III. Abſchnitt. an ſich. Die Waͤrme meſſen wir, wenn wir die Waͤrme unſers Blutes und beſonders unſerer Haut damit vergleichen. Warm ſcheinen uns diejenigen Dinge, welche waͤrmer als wir ſelbſt ſind. Kalt, die unter dieſem Grade ſind. Daher verſteht der Menſch kein wirkliches Maas der Waͤrme; und es iſt ihm dieſes, bis auf die Erfindung der Thermometer, voͤllig unbekannt geblieben. Daher ſind uns die Keller des Winters warm, und im Sommer kalt, ob ſie gleich eine unveraͤnderte Waͤrme haben, weil die Waͤrme darinnen im Winter nicht ſo, wie in der uns umgebenden Luft abnimmt, und im Sommer nicht eben ſo zunimmt. Daher haben die franzoͤſiſchen Akademiſten von den Reiſenden, welche von den Gebirgen in Quito nach dem flachen Seeufer niederſteigen, oder gegentheils von dem garſtigen Ufer die Berge an ſteigen, angemerkt, wie ſich beide zanken, indem jene verſichern, wie die Luft mitten auf dem Berge warm ſei, da ſie dieſe hingegen kuͤhl finden. Die Erfarung hat zu dem Urtheile des Karteſiani- ſchen Blinden (n), uͤber die Entfernung der Dinge, Anlaß gegeben. Ein ſolcher bedient ſich zweener gegen einander geneigten Staͤbe, die vor ihm vorſtehen muͤſſen, und er urtheilt aus dem Winkel, unter welchem ſie ſich durchſchneiden, von der Naͤhe des Objekts, daß es naͤmlich nahe bei ſei, wenn dieſer Winkel gros, und entfernt, wenn dieſer Winkel klein iſt. Jch bin nicht der Meinung, daß uns die Geometrie angeboren ſei, und ich gruͤnde dieſes blos auf oft wiederholte Verſuche, woraus man von der Winkelgroͤſſe nichts lernt; denn dieſes ſind dem Blinden unbekannte Sachen, ſondern man erkennt blos, daß ein nahes Objekt den Stab mit groͤſſerer Kraft gegen uns ſtoͤſt. Doch dieſes wird an ſeinem Orte unterſucht werden. §. 3. (n) De homine p. 58. 59. A a 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/395>, abgerufen am 23.11.2024.