Kniees, damit die Hüfte nicht auf eine, oder die andre Seite falle.
Es stehen die Hüften am Menschen weiter als an ir- gend einem Thiere von einander, und es ist der Winkel, wel- chen der Hals der Hüfte mit dem Körper dieses Knochens macht, blos am Menschen fast ein halbrechter Winkel. Dadurch erhält die Natur, daß die Grundfläche breit ist, welche das Bekken über den Knochen der Hüfte trägt, da- mit das Bekken aber nicht rükkwerts fallen möge, so sind vornämlich die Gesäsmuskeln da, welche dasselbe gegen die feste Hüfte zurükke ziehen. Damit sich aber das Bekken nicht zu sehr zurükke biegen lasse, und man mit dem Hintern auf der Erde zu sizzen komme (q), so verhüten solches eben diese Ausstrekker des Schienbeins besonders der gerade, und des- sen Gehülfe der Darmknochenlendenmuskel (iliacopsoas).
Das Bekken trägt den ganzen übrigen Körper. Wird sich dieser selbst überlassen, so fällt er nach vorne, da sich die Lendenwirbel nach vorne beugen, und nicht nach hinten zurükke beugen lassen, und da der Kopf ausserdem, und die gewönliche Lage der Aerme und die aufgeschwollnen Ein- geweide des Unterleibes den Körper nach vorne sinkend machen. Daher fallen diejenigen gemeiniglich aufs Ant- lizz, welche sich der Natur überlassen.
Folglich werden die stärksten ausdehnende Muskeln, welche im Bekken liegen, über das unbewegliche Bekken den Körper zurükke ziehen, und dieses thun die heiligen Lendenmuskeln, die allerlängsten Muskeln, und so viel andere, welche wir genannt haben (r). Da der Körper von selbsten nach vorne fällt, so wird derselbe von dem ein- zigen Darmknochenlendenmuskel, und auch einigermaas- sen von den geraden Muskeln des Unterleibes, nach vor- ne gezogen.
End-
(q)[Spaltenumbruch]
Dies leugnet BORELLUS loc. cit doch es geschicht der Fall sehr oft, daß wir auf die Erde zu siz- zen kommen.
(r)[Spaltenumbruch]L. VIII. de respiratione die Ausstrekker wirken im Stehen mehr GALENUS de util. part. L. 15. c. 8. BORELLUS loc. cit.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Kniees, damit die Huͤfte nicht auf eine, oder die andre Seite falle.
Es ſtehen die Huͤften am Menſchen weiter als an ir- gend einem Thiere von einander, und es iſt der Winkel, wel- chen der Hals der Huͤfte mit dem Koͤrper dieſes Knochens macht, blos am Menſchen faſt ein halbrechter Winkel. Dadurch erhaͤlt die Natur, daß die Grundflaͤche breit iſt, welche das Bekken uͤber den Knochen der Huͤfte traͤgt, da- mit das Bekken aber nicht ruͤkkwerts fallen moͤge, ſo ſind vornaͤmlich die Geſaͤsmuſkeln da, welche daſſelbe gegen die feſte Huͤfte zuruͤkke ziehen. Damit ſich aber das Bekken nicht zu ſehr zuruͤkke biegen laſſe, und man mit dem Hintern auf der Erde zu ſizzen komme (q), ſo verhuͤten ſolches eben dieſe Ausſtrekker des Schienbeins beſonders der gerade, und deſ- ſen Gehuͤlfe der Darmknochenlendenmuſkel (iliacopſoas).
Das Bekken traͤgt den ganzen uͤbrigen Koͤrper. Wird ſich dieſer ſelbſt uͤberlaſſen, ſo faͤllt er nach vorne, da ſich die Lendenwirbel nach vorne beugen, und nicht nach hinten zuruͤkke beugen laſſen, und da der Kopf auſſerdem, und die gewoͤnliche Lage der Aerme und die aufgeſchwollnen Ein- geweide des Unterleibes den Koͤrper nach vorne ſinkend machen. Daher fallen diejenigen gemeiniglich aufs Ant- lizz, welche ſich der Natur uͤberlaſſen.
Folglich werden die ſtaͤrkſten ausdehnende Muſkeln, welche im Bekken liegen, uͤber das unbewegliche Bekken den Koͤrper zuruͤkke ziehen, und dieſes thun die heiligen Lendenmuſkeln, die allerlaͤngſten Muſkeln, und ſo viel andere, welche wir genannt haben (r). Da der Koͤrper von ſelbſten nach vorne faͤllt, ſo wird derſelbe von dem ein- zigen Darmknochenlendenmuſkel, und auch einigermaaſ- ſen von den geraden Muſkeln des Unterleibes, nach vor- ne gezogen.
End-
(q)[Spaltenumbruch]
Dies leugnet BORELLUS loc. cit doch es geſchicht der Fall ſehr oft, daß wir auf die Erde zu ſiz- zen kommen.
(r)[Spaltenumbruch]L. VIII. de reſpiratione die Ausſtrekker wirken im Stehen mehr GALENUS de util. part. L. 15. c. 8. BORELLUS loc. cit.
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[204/0222]
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Kniees, damit die Huͤfte nicht auf eine, oder die andre
Seite falle.
Es ſtehen die Huͤften am Menſchen weiter als an ir-
gend einem Thiere von einander, und es iſt der Winkel, wel-
chen der Hals der Huͤfte mit dem Koͤrper dieſes Knochens
macht, blos am Menſchen faſt ein halbrechter Winkel.
Dadurch erhaͤlt die Natur, daß die Grundflaͤche breit iſt,
welche das Bekken uͤber den Knochen der Huͤfte traͤgt, da-
mit das Bekken aber nicht ruͤkkwerts fallen moͤge, ſo ſind
vornaͤmlich die Geſaͤsmuſkeln da, welche daſſelbe gegen die
feſte Huͤfte zuruͤkke ziehen. Damit ſich aber das Bekken nicht
zu ſehr zuruͤkke biegen laſſe, und man mit dem Hintern auf
der Erde zu ſizzen komme (q), ſo verhuͤten ſolches eben dieſe
Ausſtrekker des Schienbeins beſonders der gerade, und deſ-
ſen Gehuͤlfe der Darmknochenlendenmuſkel (iliacopſoas).
Das Bekken traͤgt den ganzen uͤbrigen Koͤrper. Wird
ſich dieſer ſelbſt uͤberlaſſen, ſo faͤllt er nach vorne, da ſich
die Lendenwirbel nach vorne beugen, und nicht nach hinten
zuruͤkke beugen laſſen, und da der Kopf auſſerdem, und die
gewoͤnliche Lage der Aerme und die aufgeſchwollnen Ein-
geweide des Unterleibes den Koͤrper nach vorne ſinkend
machen. Daher fallen diejenigen gemeiniglich aufs Ant-
lizz, welche ſich der Natur uͤberlaſſen.
Folglich werden die ſtaͤrkſten ausdehnende Muſkeln,
welche im Bekken liegen, uͤber das unbewegliche Bekken
den Koͤrper zuruͤkke ziehen, und dieſes thun die heiligen
Lendenmuſkeln, die allerlaͤngſten Muſkeln, und ſo viel
andere, welche wir genannt haben (r). Da der Koͤrper
von ſelbſten nach vorne faͤllt, ſo wird derſelbe von dem ein-
zigen Darmknochenlendenmuſkel, und auch einigermaaſ-
ſen von den geraden Muſkeln des Unterleibes, nach vor-
ne gezogen.
End-
(q)
Dies leugnet BORELLUS
loc. cit doch es geſchicht der Fall
ſehr oft, daß wir auf die Erde zu ſiz-
zen kommen.
(r)
L. VIII. de reſpiratione die
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GALENUS de util. part. L. 15.
c. 8. BORELLUS loc. cit.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/222>, abgerufen am 23.11.2024.
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