Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
zusammen, und sie ist dem Reizze unterworfen.
Jch lehre beides, und dadurch, widerspreche ich
mir auf solche Art selbst, daß man meinen Ver-
suchen keinen Glauben beimessen kann, und eben
so wenig gefallen ihm auch meine übrige Gründe.

Sehnen sind nicht reizbar (7), und sie lassen
sich weder von einer angebohrnen Kraft, noch
durch die Nerven zusammen ziehen. Und dennoch
ziehen sich Sehnen, auch lange nach dem Tode,
noch von der todten Kraft zusammen, und eben
solche Beschaffenheit hat es auch mit den Blut-
aderklappen des Herzens. Diese Wahrheiten,
diese jedermann bekannte Wahrheiten, meinet
Haene, widersprechen sich einander auf das un-
anständigste.

Man sollte glauben, das Pericranium (8),
habe nach der Analogie zu urtheilen, keine Em-
pfindung, weil es von der Art des Knochenhäut-
chens ist; und dennoch scheinet es nach andern
Versuchen, zu empfinden. Es kriechen am Pe-

ricra-
(7) [Spaltenumbruch] pag. 146.
(8) [Spaltenumbruch] pag. 48.
* 5

Vorrede.
zuſammen, und ſie iſt dem Reizze unterworfen.
Jch lehre beides, und dadurch, widerſpreche ich
mir auf ſolche Art ſelbſt, daß man meinen Ver-
ſuchen keinen Glauben beimeſſen kann, und eben
ſo wenig gefallen ihm auch meine uͤbrige Gruͤnde.

Sehnen ſind nicht reizbar (7), und ſie laſſen
ſich weder von einer angebohrnen Kraft, noch
durch die Nerven zuſammen ziehen. Und dennoch
ziehen ſich Sehnen, auch lange nach dem Tode,
noch von der todten Kraft zuſammen, und eben
ſolche Beſchaffenheit hat es auch mit den Blut-
aderklappen des Herzens. Dieſe Wahrheiten,
dieſe jedermann bekannte Wahrheiten, meinet
Haene, widerſprechen ſich einander auf das un-
anſtaͤndigſte.

Man ſollte glauben, das Pericranium (8),
habe nach der Analogie zu urtheilen, keine Em-
pfindung, weil es von der Art des Knochenhaͤut-
chens iſt; und dennoch ſcheinet es nach andern
Verſuchen, zu empfinden. Es kriechen am Pe-

ricra-
(7) [Spaltenumbruch] pag. 146.
(8) [Spaltenumbruch] pag. 48.
* 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="IX"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
zu&#x017F;ammen, und &#x017F;ie i&#x017F;t dem Reizze unterworfen.<lb/>
Jch lehre beides, und dadurch, wider&#x017F;preche ich<lb/>
mir auf &#x017F;olche Art &#x017F;elb&#x017F;t, daß man meinen Ver-<lb/>
&#x017F;uchen keinen Glauben beime&#x017F;&#x017F;en kann, und eben<lb/>
&#x017F;o wenig gefallen ihm auch meine u&#x0364;brige Gru&#x0364;nde.</p><lb/>
        <p>Sehnen &#x017F;ind nicht reizbar <note place="foot" n="(7)"><cb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 146.</note>, und &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich weder von einer angebohrnen Kraft, noch<lb/>
durch die Nerven zu&#x017F;ammen ziehen. Und dennoch<lb/>
ziehen &#x017F;ich Sehnen, auch lange nach dem Tode,<lb/>
noch von der todten Kraft zu&#x017F;ammen, und eben<lb/>
&#x017F;olche Be&#x017F;chaffenheit hat es auch mit den Blut-<lb/>
aderklappen des Herzens. Die&#x017F;e Wahrheiten,<lb/>
die&#x017F;e jedermann bekannte Wahrheiten, meinet<lb/><hi rendition="#fr">Haene,</hi> wider&#x017F;prechen &#x017F;ich einander auf das un-<lb/>
an&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Man &#x017F;ollte glauben, das Pericranium <note place="foot" n="(8)"><cb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 48.</note>,<lb/>
habe nach der Analogie zu urtheilen, keine Em-<lb/>
pfindung, weil es von der Art des Knochenha&#x0364;ut-<lb/>
chens i&#x017F;t; und dennoch &#x017F;cheinet es nach andern<lb/>
Ver&#x017F;uchen, zu empfinden. Es kriechen am Pe-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">* 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ricra-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[IX/0013] Vorrede. zuſammen, und ſie iſt dem Reizze unterworfen. Jch lehre beides, und dadurch, widerſpreche ich mir auf ſolche Art ſelbſt, daß man meinen Ver- ſuchen keinen Glauben beimeſſen kann, und eben ſo wenig gefallen ihm auch meine uͤbrige Gruͤnde. Sehnen ſind nicht reizbar (7), und ſie laſſen ſich weder von einer angebohrnen Kraft, noch durch die Nerven zuſammen ziehen. Und dennoch ziehen ſich Sehnen, auch lange nach dem Tode, noch von der todten Kraft zuſammen, und eben ſolche Beſchaffenheit hat es auch mit den Blut- aderklappen des Herzens. Dieſe Wahrheiten, dieſe jedermann bekannte Wahrheiten, meinet Haene, widerſprechen ſich einander auf das un- anſtaͤndigſte. Man ſollte glauben, das Pericranium (8), habe nach der Analogie zu urtheilen, keine Em- pfindung, weil es von der Art des Knochenhaͤut- chens iſt; und dennoch ſcheinet es nach andern Verſuchen, zu empfinden. Es kriechen am Pe- ricra- (7) pag. 146. (8) pag. 48. * 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/13
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/13>, abgerufen am 27.11.2024.