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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Schlaf. XVII. Buch.
schlafende Menschen reizzet, so wenden sie oft die Hand
dahin, wo sie sich gereizzt befinden (i). Kinder, denen
man im Schlafe das Nachtgefässe unterhält, gehorchen
(k) dem Triebe, den sie fühlen, und strengen ihre Mus-
keln, den Harn fortzutreiben, an. Es verlezzte jemand
seinen Freund mit einem Dolche, da er seinen Feind zu
erstechen glaubte (l). Oft höret man Leute im Schlafe
kläglich seufzen und weinen; und auch Redende, welche
alle ihre Heimlichkeiten offenbaren.

Vom dem Zustande dieser Menschen sind die Nacht-
wandrer
nur um wenig Grade unterschieden, eine Art
der Krankheit die oft vorkömmt (m). Es verrichten diese
Leute nach Proportion der Träume, womit sich die Seele
alsdann zu thun macht, solche willkürliche Bewegungen,
als die Spuren, so die Seele beschäftigen, erfordern. Die
Geschichten sind ohne Ende; aber darinnen kommen alle
mit einander überein, daß sie mit geschlossnen Augen aus
dem Bette aufstehen, und tief schlafend, in ihren Schlaf-
zimmern, und in ihren Häusern herum gehen, nicht leicht
auf ihrem Wege verirren (n), oder anstossen, und auch
durch gefährliche Fenster steigen (o), und auf Dächern
reiten. Doch sie unternehmen auch noch schwerere Dinge
Sie ziehen sich Kleider an, gehen aus den Häusern (p),
zünden Lichter an (q), steigen mit ausgezognen Kleidern
in Bäder (q*), prügeln (r), zäumen Pferde auf, machen

sich
(i) [Spaltenumbruch] SWAMMERDAM bibl.
p.
846.
(k) LUCRETIUS.
(l) HERVEY medit. II. p. 43.
(m) ARISTOTELES gener. anim.
L. V. TITHOREUS PERICIIS

Knecht beim LAERTIO. L. IX.
HORST. hist. med. p. 171 seqq.
MURATORI pag. 65. NICOLAI
Einbildungskraft. n. 95. ROEPER
Opusc. scientif. filolog. X. p. 23.
Bresl. Saml. 1722. Febr.
(n) ROEPER Gesch. eines Nacht-
wandl. HILD Cent. II. obs.
84. 85.
(o) [Spaltenumbruch] P. SALIUS adfect. partie.
c. 18. MUSITANUS.
Auf den
Baum, um ein Elsternest auszu-
nehmen. HORST. doch kam ein
andrer um, beim HOECHSTET-
TER disp.
(p) KRUEGER p 79. TOZZI
med. theoret. pag. 131. IUNKER
physiol. pag. 127. WILLIS anim.
brut. p.
173. mit unbewegten Au-
gen DEFIEU p. 176.
(q) FRITSCH II. p. 597.
(q*) Gazette salut. 1762. n. 15.
(r) WiLLIS.

Der Schlaf. XVII. Buch.
ſchlafende Menſchen reizzet, ſo wenden ſie oft die Hand
dahin, wo ſie ſich gereizzt befinden (i). Kinder, denen
man im Schlafe das Nachtgefaͤſſe unterhaͤlt, gehorchen
(k) dem Triebe, den ſie fuͤhlen, und ſtrengen ihre Muſ-
keln, den Harn fortzutreiben, an. Es verlezzte jemand
ſeinen Freund mit einem Dolche, da er ſeinen Feind zu
erſtechen glaubte (l). Oft hoͤret man Leute im Schlafe
klaͤglich ſeufzen und weinen; und auch Redende, welche
alle ihre Heimlichkeiten offenbaren.

Vom dem Zuſtande dieſer Menſchen ſind die Nacht-
wandrer
nur um wenig Grade unterſchieden, eine Art
der Krankheit die oft vorkoͤmmt (m). Es verrichten dieſe
Leute nach Proportion der Traͤume, womit ſich die Seele
alsdann zu thun macht, ſolche willkuͤrliche Bewegungen,
als die Spuren, ſo die Seele beſchaͤftigen, erfordern. Die
Geſchichten ſind ohne Ende; aber darinnen kommen alle
mit einander uͤberein, daß ſie mit geſchloſſnen Augen aus
dem Bette aufſtehen, und tief ſchlafend, in ihren Schlaf-
zimmern, und in ihren Haͤuſern herum gehen, nicht leicht
auf ihrem Wege verirren (n), oder anſtoſſen, und auch
durch gefaͤhrliche Fenſter ſteigen (o), und auf Daͤchern
reiten. Doch ſie unternehmen auch noch ſchwerere Dinge
Sie ziehen ſich Kleider an, gehen aus den Haͤuſern (p),
zuͤnden Lichter an (q), ſteigen mit ausgezognen Kleidern
in Baͤder (q*), pruͤgeln (r), zaͤumen Pferde auf, machen

ſich
(i) [Spaltenumbruch] SWAMMERDAM bibl.
p.
846.
(k) LUCRETIUS.
(l) HERVEY medit. II. p. 43.
(m) ARISTOTELES gener. anim.
L. V. TITHOREUS PERICIIS

Knecht beim LAERTIO. L. IX.
HORST. hiſt. med. p. 171 ſeqq.
MURATORI pag. 65. NICOLAI
Einbildungskraft. n. 95. ROEPER
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Bresl. Saml. 1722. Febr.
(n) ROEPER Geſch. eines Nacht-
wandl. HILD Cent. II. obſ.
84. 85.
(o) [Spaltenumbruch] P. SALIUS adfect. partie.
c. 18. MUSITANUS.
Auf den
Baum, um ein Elſterneſt auszu-
nehmen. HORST. doch kam ein
andrer um, beim HOECHSTET-
TER diſp.
(p) KRUEGER p 79. TOZZI
med. theoret. pag. 131. IUNKER
phyſiol. pag. 127. WILLIS anim.
brut. p.
173. mit unbewegten Au-
gen DEFIEU p. 176.
(q) FRITSCH II. p. 597.
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[1182/1200] Der Schlaf. XVII. Buch. ſchlafende Menſchen reizzet, ſo wenden ſie oft die Hand dahin, wo ſie ſich gereizzt befinden (i). Kinder, denen man im Schlafe das Nachtgefaͤſſe unterhaͤlt, gehorchen (k) dem Triebe, den ſie fuͤhlen, und ſtrengen ihre Muſ- keln, den Harn fortzutreiben, an. Es verlezzte jemand ſeinen Freund mit einem Dolche, da er ſeinen Feind zu erſtechen glaubte (l). Oft hoͤret man Leute im Schlafe klaͤglich ſeufzen und weinen; und auch Redende, welche alle ihre Heimlichkeiten offenbaren. Vom dem Zuſtande dieſer Menſchen ſind die Nacht- wandrer nur um wenig Grade unterſchieden, eine Art der Krankheit die oft vorkoͤmmt (m). Es verrichten dieſe Leute nach Proportion der Traͤume, womit ſich die Seele alsdann zu thun macht, ſolche willkuͤrliche Bewegungen, als die Spuren, ſo die Seele beſchaͤftigen, erfordern. Die Geſchichten ſind ohne Ende; aber darinnen kommen alle mit einander uͤberein, daß ſie mit geſchloſſnen Augen aus dem Bette aufſtehen, und tief ſchlafend, in ihren Schlaf- zimmern, und in ihren Haͤuſern herum gehen, nicht leicht auf ihrem Wege verirren (n), oder anſtoſſen, und auch durch gefaͤhrliche Fenſter ſteigen (o), und auf Daͤchern reiten. Doch ſie unternehmen auch noch ſchwerere Dinge Sie ziehen ſich Kleider an, gehen aus den Haͤuſern (p), zuͤnden Lichter an (q), ſteigen mit ausgezognen Kleidern in Baͤder (q*), pruͤgeln (r), zaͤumen Pferde auf, machen ſich (i) SWAMMERDAM bibl. p. 846. (k) LUCRETIUS. (l) HERVEY medit. II. p. 43. (m) ARISTOTELES gener. anim. L. V. TITHOREUS PERICIIS Knecht beim LAERTIO. L. IX. HORST. hiſt. med. p. 171 ſeqq. MURATORI pag. 65. NICOLAI Einbildungskraft. n. 95. ROEPER Opuſc. ſcientif. filolog. X. p. 23. Bresl. Saml. 1722. Febr. (n) ROEPER Geſch. eines Nacht- wandl. HILD Cent. II. obſ. 84. 85. (o) P. SALIUS adfect. partie. c. 18. MUSITANUS. Auf den Baum, um ein Elſterneſt auszu- nehmen. HORST. doch kam ein andrer um, beim HOECHSTET- TER diſp. (p) KRUEGER p 79. TOZZI med. theoret. pag. 131. IUNKER phyſiol. pag. 127. WILLIS anim. brut. p. 173. mit unbewegten Au- gen DEFIEU p. 176. (q) FRITSCH II. p. 597. (q*) Gazette ſalut. 1762. n. 15. (r) WiLLIS.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1200>, abgerufen am 23.11.2024.