einer gegenwärtigen Empfindung entsteht der bekannte Alp (incubus), wenn man von dem gehemmten Umlaufe des Blutes Aengstlichkeit fühlet (g), sonderlich wenn man auf dem Rükken liegt, da sich das Blut schneller nach dem Gehirn bewegt, und mühsamer vom Gehirn zurükke kömmt (h), wiewol ich von diesem Dinge keine Erfahrung an mir habe: doch nehmen dessen Stelle ängstliche Träume ein, von Häusern, die durch tausend krumme Gänge, kei- nen Ausgang vorstatten; oder von unterirdischen Reisen, unter Gewölbern, die immer niedriger werden. Doch es erregen auch gegenwärtige Empfindungen Träume. Da- her entstehen aus dem Ueberflusse eines häufigen gesam- melten Saamens, verliebte Träume, Saamenergiessun- gen, auch in Jünglingen, die von dem Beischlafe nichts wissen, daß also hier keine ehemalige Spuren etwas dazu beitragen können. Von diesen Empfindungen lassen sich unendlich verschiedne erdenken, als ein Toben im Gedär- me (i) von starken Mahlzeiten, das Aufblähen des Ma- gens von Blähungen (k), eine Fieberhizze; eine über- mäßige Bettwärme, ein hartes Lager, woran man nicht gewöhnt ist (l), das Liegen auf dem Rükken, ein schlecht bedekkter Theil, jeder Schmerz, jede Ungemächlichkeit, wie auch eine lustige Vorstellung von seiner eignen Ge- sundheit.
Die Regeln der Träume, welche aus Empfindungen hervor gebracht werden, sind diese: es ist der Traum stär- ker, als die Empfindung (m), und er rührt die Seele
lebhaf-
(g)[Spaltenumbruch]NICOLAI pag. 34. Ein Schlagfluß davon BOND p. 64. 65. Feiner erklärt BOND dieses An- häufen in der Holader, Herzohr, und rechten Kammer. Es sei da- her zu rathen, sich auf die rechte Seite zu legen, damit das Herz am Mittelfelle eine Unterstüzzung bekommen möge p. 81
(h)L. X. p. 169. BOND p. 10. Conf. obs. of a Societ at Lond. I. n. 5.
(i)[Spaltenumbruch]
Verdorbne Speisen machen Träume SANCTOR Sect. IV. n. 40.
(k) Von Linsen häßliche Träu- me, PETIT nepenth. p. 109. 110. Vom Taubenessen; schon CATO MAIOR.
(l)SANCTOR de somno n. 26.
(m) Kleine Bewegung ist im Schlafe groß. ARISTOTELES de divinis per somn.
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III. Abſchnitt. Der Schlaf.
einer gegenwaͤrtigen Empfindung entſteht der bekannte Alp (incubus), wenn man von dem gehemmten Umlaufe des Blutes Aengſtlichkeit fuͤhlet (g), ſonderlich wenn man auf dem Ruͤkken liegt, da ſich das Blut ſchneller nach dem Gehirn bewegt, und muͤhſamer vom Gehirn zuruͤkke koͤmmt (h), wiewol ich von dieſem Dinge keine Erfahrung an mir habe: doch nehmen deſſen Stelle aͤngſtliche Traͤume ein, von Haͤuſern, die durch tauſend krumme Gaͤnge, kei- nen Ausgang vorſtatten; oder von unterirdiſchen Reiſen, unter Gewoͤlbern, die immer niedriger werden. Doch es erregen auch gegenwaͤrtige Empfindungen Traͤume. Da- her entſtehen aus dem Ueberfluſſe eines haͤufigen geſam- melten Saamens, verliebte Traͤume, Saamenergieſſun- gen, auch in Juͤnglingen, die von dem Beiſchlafe nichts wiſſen, daß alſo hier keine ehemalige Spuren etwas dazu beitragen koͤnnen. Von dieſen Empfindungen laſſen ſich unendlich verſchiedne erdenken, als ein Toben im Gedaͤr- me (i) von ſtarken Mahlzeiten, das Aufblaͤhen des Ma- gens von Blaͤhungen (k), eine Fieberhizze; eine uͤber- maͤßige Bettwaͤrme, ein hartes Lager, woran man nicht gewoͤhnt iſt (l), das Liegen auf dem Ruͤkken, ein ſchlecht bedekkter Theil, jeder Schmerz, jede Ungemaͤchlichkeit, wie auch eine luſtige Vorſtellung von ſeiner eignen Ge- ſundheit.
Die Regeln der Traͤume, welche aus Empfindungen hervor gebracht werden, ſind dieſe: es iſt der Traum ſtaͤr- ker, als die Empfindung (m), und er ruͤhrt die Seele
lebhaf-
(g)[Spaltenumbruch]NICOLAI pag. 34. Ein Schlagfluß davon BOND p. 64. 65. Feiner erklaͤrt BOND dieſes An- haͤufen in der Holader, Herzohr, und rechten Kammer. Es ſei da- her zu rathen, ſich auf die rechte Seite zu legen, damit das Herz am Mittelfelle eine Unterſtuͤzzung bekommen moͤge p. 81
(h)L. X. p. 169. BOND p. 10. Conf. obſ. of a Societ at Lond. I. n. 5.
(i)[Spaltenumbruch]
Verdorbne Speiſen machen Traͤume SANCTOR Sect. IV. n. 40.
(k) Von Linſen haͤßliche Traͤu- me, PETIT nepenth. p. 109. 110. Vom Taubeneſſen; ſchon CATO MAIOR.
(l)SANCTOR de ſomno n. 26.
(m) Kleine Bewegung iſt im Schlafe groß. ARISTOTELES de divinis per ſomn.
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III. Abſchnitt. Der Schlaf.
einer gegenwaͤrtigen Empfindung entſteht der bekannte
Alp (incubus), wenn man von dem gehemmten Umlaufe
des Blutes Aengſtlichkeit fuͤhlet (g), ſonderlich wenn man
auf dem Ruͤkken liegt, da ſich das Blut ſchneller nach
dem Gehirn bewegt, und muͤhſamer vom Gehirn zuruͤkke
koͤmmt (h), wiewol ich von dieſem Dinge keine Erfahrung
an mir habe: doch nehmen deſſen Stelle aͤngſtliche Traͤume
ein, von Haͤuſern, die durch tauſend krumme Gaͤnge, kei-
nen Ausgang vorſtatten; oder von unterirdiſchen Reiſen,
unter Gewoͤlbern, die immer niedriger werden. Doch es
erregen auch gegenwaͤrtige Empfindungen Traͤume. Da-
her entſtehen aus dem Ueberfluſſe eines haͤufigen geſam-
melten Saamens, verliebte Traͤume, Saamenergieſſun-
gen, auch in Juͤnglingen, die von dem Beiſchlafe nichts
wiſſen, daß alſo hier keine ehemalige Spuren etwas dazu
beitragen koͤnnen. Von dieſen Empfindungen laſſen ſich
unendlich verſchiedne erdenken, als ein Toben im Gedaͤr-
me (i) von ſtarken Mahlzeiten, das Aufblaͤhen des Ma-
gens von Blaͤhungen (k), eine Fieberhizze; eine uͤber-
maͤßige Bettwaͤrme, ein hartes Lager, woran man nicht
gewoͤhnt iſt (l), das Liegen auf dem Ruͤkken, ein ſchlecht
bedekkter Theil, jeder Schmerz, jede Ungemaͤchlichkeit,
wie auch eine luſtige Vorſtellung von ſeiner eignen Ge-
ſundheit.
Die Regeln der Traͤume, welche aus Empfindungen
hervor gebracht werden, ſind dieſe: es iſt der Traum ſtaͤr-
ker, als die Empfindung (m), und er ruͤhrt die Seele
lebhaf-
(g)
NICOLAI pag. 34. Ein
Schlagfluß davon BOND p. 64. 65.
Feiner erklaͤrt BOND dieſes An-
haͤufen in der Holader, Herzohr,
und rechten Kammer. Es ſei da-
her zu rathen, ſich auf die rechte
Seite zu legen, damit das Herz
am Mittelfelle eine Unterſtuͤzzung
bekommen moͤge p. 81
(h) L. X. p. 169. BOND p. 10.
Conf. obſ. of a Societ at Lond.
I. n. 5.
(i)
Verdorbne Speiſen machen
Traͤume SANCTOR Sect. IV.
n. 40.
(k) Von Linſen haͤßliche Traͤu-
me, PETIT nepenth. p. 109. 110.
Vom Taubeneſſen; ſchon CATO
MAIOR.
(l) SANCTOR de ſomno
n. 26.
(m) Kleine Bewegung iſt im
Schlafe groß. ARISTOTELES de
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1195>, abgerufen am 23.11.2024.
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