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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Schlaf. XVII. Buch.
fliessen, die Wunden und Geschwüre nicht schmerzen (b),
und der Eiter besser, nämlich dikker fliessen (c). Daher
sollen dünne Säfte fast stokken (d), die Absonderungen
sparsamer geschehen (e), sich das Fett sammeln, und selbst
Thiere im Schlafe fett werden (f). Es sei dieses die Zeit
der Resorbtion, daß der Durchlauf, so flüßig er ist, dik-
ker wird (g); und es sind alsdann die schädlichen Aus-
flüsse der Sümpfe (h) gefährlicher.

Jch habe mir von allen Seiten Mühe gegeben, diese
Zweifel aufzulösen. Es scheinen überhaupt im Wachen
mehr Ursachen zusammen zu kommen, die den Umlauf
des Geblütes beschleinigen, und die im Schlafe nicht zu-
gegen sind. Jm Schlafe ist allein das Herz thätig: im
Wachen das Herz (i), das Muskelsistem, und die ganze
Sinnlichkeit zugleich, die uns allerdings stark in Bewe-
gung sezzen, und hierzu gehören noch die Affekten, und
das Bemühen. Es scheint also auf keinerlei Weise gesche-
hen zu können, daß die Bewegung des Herzens im Schla-
fe, da die Ursachen geringer sind, grösser sein sollte. Da-
her geht der Puls zur Abendzeit geschwinder (k), er nimmt
im Schlafe allmählig ab, und er ist des Morgens frühe
am schläfrigsten (l). Lebt man unter einem solchen Him-
melsstriche, wo das Queksilber des Thermometers auf
120 Farenheitsche Grade, und darüber unterhalb den
Grad fällt, bei welchem das Wasser gefriert, wie in der
Stadt Jeniseisk geschieht, welche durch den fürchterlich-
sten Winter berühmt ist. Dahingegen mus ein solcher

um-
(b) [Spaltenumbruch] RAI Wisdom &c p. 237.
(c) BERENGAR. CARP. froct.
cran. c. XIX.
(d) YOUNG l. c. p. 25.
(e) LUDWIG physiol. n. 540.
MORGAGN. principl 189. 190.
LAMURE secret. pag.
41 keine.
BORDEU Recherch. sur les gland.
p
395 zu viel
(f) PECHLIN aet & alim. de-
fect. c.
5. der Bä[r] HILLER-
STROEM
l. c. PLINIUS l. c.
[Spaltenumbruch] AELIAN L. VI. c.
3. Doch ster-
ben Murmelthiere, wenn sie lange
ohne Essen bleiben BUFFONT.
VIII
224.
(g) MORGAN. p. 291.
(h) LANCIS palud. nox. L. I.
P. l. c. 20. TARGIONI TOZ-
ZETTI
in s. Reisen.
(i) BELLINUS miss. sang. prop.
46.
(k) L. VI. p. 263.
(l) Ebendaselöst.

Der Schlaf. XVII. Buch.
flieſſen, die Wunden und Geſchwuͤre nicht ſchmerzen (b),
und der Eiter beſſer, naͤmlich dikker flieſſen (c). Daher
ſollen duͤnne Saͤfte faſt ſtokken (d), die Abſonderungen
ſparſamer geſchehen (e), ſich das Fett ſammeln, und ſelbſt
Thiere im Schlafe fett werden (f). Es ſei dieſes die Zeit
der Reſorbtion, daß der Durchlauf, ſo fluͤßig er iſt, dik-
ker wird (g); und es ſind alsdann die ſchaͤdlichen Aus-
fluͤſſe der Suͤmpfe (h) gefaͤhrlicher.

Jch habe mir von allen Seiten Muͤhe gegeben, dieſe
Zweifel aufzuloͤſen. Es ſcheinen uͤberhaupt im Wachen
mehr Urſachen zuſammen zu kommen, die den Umlauf
des Gebluͤtes beſchleinigen, und die im Schlafe nicht zu-
gegen ſind. Jm Schlafe iſt allein das Herz thaͤtig: im
Wachen das Herz (i), das Muſkelſiſtem, und die ganze
Sinnlichkeit zugleich, die uns allerdings ſtark in Bewe-
gung ſezzen, und hierzu gehoͤren noch die Affekten, und
das Bemuͤhen. Es ſcheint alſo auf keinerlei Weiſe geſche-
hen zu koͤnnen, daß die Bewegung des Herzens im Schla-
fe, da die Urſachen geringer ſind, groͤſſer ſein ſollte. Da-
her geht der Puls zur Abendzeit geſchwinder (k), er nimmt
im Schlafe allmaͤhlig ab, und er iſt des Morgens fruͤhe
am ſchlaͤfrigſten (l). Lebt man unter einem ſolchen Him-
melsſtriche, wo das Quekſilber des Thermometers auf
120 Farenheitſche Grade, und daruͤber unterhalb den
Grad faͤllt, bei welchem das Waſſer gefriert, wie in der
Stadt Jeniſeisk geſchieht, welche durch den fuͤrchterlich-
ſten Winter beruͤhmt iſt. Dahingegen mus ein ſolcher

um-
(b) [Spaltenumbruch] RAI Wisdom &c p. 237.
(c) BERENGAR. CARP. froct.
cran. c. XIX.
(d) YOUNG l. c. p. 25.
(e) LUDWIG phyſiol. n. 540.
MORGAGN. principl 189. 190.
LAMURE ſecret. pag.
41 keine.
BORDEU Recherch. ſur les gland.
p
395 zu viel
(f) PECHLIN aet & alim. de-
fect. c.
5. der Baͤ[r] HILLER-
STROEM
l. c. PLINIUS l. c.
[Spaltenumbruch] AELIAN L. VI. c.
3. Doch ſter-
ben Murmelthiere, wenn ſie lange
ohne Eſſen bleiben BUFFONT.
VIII
224.
(g) MORGAN. p. 291.
(h) LANCIS palud. nox. L. I.
P. l. c. 20. TARGIONI TOZ-
ZETTI
in ſ. Reiſen.
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[1144/1162] Der Schlaf. XVII. Buch. flieſſen, die Wunden und Geſchwuͤre nicht ſchmerzen (b), und der Eiter beſſer, naͤmlich dikker flieſſen (c). Daher ſollen duͤnne Saͤfte faſt ſtokken (d), die Abſonderungen ſparſamer geſchehen (e), ſich das Fett ſammeln, und ſelbſt Thiere im Schlafe fett werden (f). Es ſei dieſes die Zeit der Reſorbtion, daß der Durchlauf, ſo fluͤßig er iſt, dik- ker wird (g); und es ſind alsdann die ſchaͤdlichen Aus- fluͤſſe der Suͤmpfe (h) gefaͤhrlicher. Jch habe mir von allen Seiten Muͤhe gegeben, dieſe Zweifel aufzuloͤſen. Es ſcheinen uͤberhaupt im Wachen mehr Urſachen zuſammen zu kommen, die den Umlauf des Gebluͤtes beſchleinigen, und die im Schlafe nicht zu- gegen ſind. Jm Schlafe iſt allein das Herz thaͤtig: im Wachen das Herz (i), das Muſkelſiſtem, und die ganze Sinnlichkeit zugleich, die uns allerdings ſtark in Bewe- gung ſezzen, und hierzu gehoͤren noch die Affekten, und das Bemuͤhen. Es ſcheint alſo auf keinerlei Weiſe geſche- hen zu koͤnnen, daß die Bewegung des Herzens im Schla- fe, da die Urſachen geringer ſind, groͤſſer ſein ſollte. Da- her geht der Puls zur Abendzeit geſchwinder (k), er nimmt im Schlafe allmaͤhlig ab, und er iſt des Morgens fruͤhe am ſchlaͤfrigſten (l). Lebt man unter einem ſolchen Him- melsſtriche, wo das Quekſilber des Thermometers auf 120 Farenheitſche Grade, und daruͤber unterhalb den Grad faͤllt, bei welchem das Waſſer gefriert, wie in der Stadt Jeniſeisk geſchieht, welche durch den fuͤrchterlich- ſten Winter beruͤhmt iſt. Dahingegen mus ein ſolcher um- (b) RAI Wisdom &c p. 237. (c) BERENGAR. CARP. froct. cran. c. XIX. (d) YOUNG l. c. p. 25. (e) LUDWIG phyſiol. n. 540. MORGAGN. principl 189. 190. LAMURE ſecret. pag. 41 keine. BORDEU Recherch. ſur les gland. p 395 zu viel (f) PECHLIN aet & alim. de- fect. c. 5. der Baͤr HILLER- STROEM l. c. PLINIUS l. c. AELIAN L. VI. c. 3. Doch ſter- ben Murmelthiere, wenn ſie lange ohne Eſſen bleiben BUFFONT. VIII 224. (g) MORGAN. p. 291. (h) LANCIS palud. nox. L. I. P. l. c. 20. TARGIONI TOZ- ZETTI in ſ. Reiſen. (i) BELLINUS miſſ. ſang. prop. 46. (k) L. VI. p. 263. (l) Ebendaſeloͤſt.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1162>, abgerufen am 23.11.2024.