der Schlagader, das Blut von einem Theile abhalten (r), wie im verhinderten Harn des Hundes (s); oder endlich dieses Blut, z. E. in der blassen Farbe bei einigen Affek- ten, zum Herzen zurükktreiben (t): oder dagegen durch Erweiterung dem Harn Plazz machen, und dem Safte des Gedärms Freiheit lassen, oder wenn sie, ohne alles wechselweise Erschlaffen, stark verschnürt worden, das Vlut durch die Schlagader in einigen Theilen häufig sam- meln (u).
Doch es haben berühmte Männer gegen diese Strik- ke allerlei eingewendet (x), und ich habe diese Hipothese längst verrufen.
Die Sache selbst ist nicht so leicht. Freilich wird dieses Vermögen durch die Nerven ausgeübt, und diese bedienen die Seele ganz allein; man beweiset durch dieses Exempel, daß die Nerven auf die Organa des Lebens ei- nige Gewalt haben, z. E. auf das Herz, das Gedärme, den Magen, und die kleinste Schliesfasern der Haut, und der Darmzotten; wie auch auf einzelne Theile (y), indes- sen daß die übrigen wenig geändert werden, als in der verliebten Steifheit, und im Erbrechen beim Anblikke häs- licher Dinge; daß also in den Affekten die Nerven einige Gewalt äussern, dergleichen der Wille ganz und gar nicht hat. Jndessen beweisen sich doch die Affekten fonderlich auf das Herz wirksam, sie verändern das Klopfen dessel- ben, und man kann sie fast auf zweierlei Arten bringen, indem einige den Kreislauf des Blutes schwächen, andre aber vermehren. Zu jenen gehört der Gram und die Furcht, zu diesen der Zorn, die Freude, Liebe, und das Schrekken (z).
Daß
(r)[Spaltenumbruch]Add. ID. p. 193.
(s)IDEM neurologr. p. 200. VomSchrekken SCHAARSCMIDT Berl. relat. T. V. p. 262. 263.
(t)SCHREIBER de fletu n. 51.
(u)VIEUSSENS l. c. p. 193.
(x)[Spaltenumbruch]
Von Schaam WHYTT vi- tal. mot. p. 102. Ueberhaupt BA- KER anim. adfect. p. 18. 19.
(y)NUGENT hydrophob. pag. 61.
(z)CHEYNE sanit. tuend. pag. 178.
Der Wille. XVII. Buch.
der Schlagader, das Blut von einem Theile abhalten (r), wie im verhinderten Harn des Hundes (s); oder endlich dieſes Blut, z. E. in der blaſſen Farbe bei einigen Affek- ten, zum Herzen zuruͤkktreiben (t): oder dagegen durch Erweiterung dem Harn Plazz machen, und dem Safte des Gedaͤrms Freiheit laſſen, oder wenn ſie, ohne alles wechſelweiſe Erſchlaffen, ſtark verſchnuͤrt worden, das Vlut durch die Schlagader in einigen Theilen haͤufig ſam- meln (u).
Doch es haben beruͤhmte Maͤnner gegen dieſe Strik- ke allerlei eingewendet (x), und ich habe dieſe Hipotheſe laͤngſt verrufen.
Die Sache ſelbſt iſt nicht ſo leicht. Freilich wird dieſes Vermoͤgen durch die Nerven ausgeuͤbt, und dieſe bedienen die Seele ganz allein; man beweiſet durch dieſes Exempel, daß die Nerven auf die Organa des Lebens ei- nige Gewalt haben, z. E. auf das Herz, das Gedaͤrme, den Magen, und die kleinſte Schliesfaſern der Haut, und der Darmzotten; wie auch auf einzelne Theile (y), indeſ- ſen daß die uͤbrigen wenig geaͤndert werden, als in der verliebten Steifheit, und im Erbrechen beim Anblikke haͤs- licher Dinge; daß alſo in den Affekten die Nerven einige Gewalt aͤuſſern, dergleichen der Wille ganz und gar nicht hat. Jndeſſen beweiſen ſich doch die Affekten fonderlich auf das Herz wirkſam, ſie veraͤndern das Klopfen deſſel- ben, und man kann ſie faſt auf zweierlei Arten bringen, indem einige den Kreislauf des Blutes ſchwaͤchen, andre aber vermehren. Zu jenen gehoͤrt der Gram und die Furcht, zu dieſen der Zorn, die Freude, Liebe, und das Schrekken (z).
Daß
(r)[Spaltenumbruch]Add. ID. p. 193.
(s)IDEM neurologr. p. 200. VomSchrekken SCHAARSCMIDT Berl. relat. T. V. p. 262. 263.
(t)SCHREIBER de fletu n. 51.
(u)VIEUSSENS l. c. p. 193.
(x)[Spaltenumbruch]
Von Schaam WHYTT vi- tal. mot. p. 102. Ueberhaupt BA- KER anim. adfect. p. 18. 19.
(y)NUGENT hydrophob. pag. 61.
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[1132/1150]
Der Wille. XVII. Buch.
der Schlagader, das Blut von einem Theile abhalten (r),
wie im verhinderten Harn des Hundes (s); oder endlich
dieſes Blut, z. E. in der blaſſen Farbe bei einigen Affek-
ten, zum Herzen zuruͤkktreiben (t): oder dagegen durch
Erweiterung dem Harn Plazz machen, und dem Safte
des Gedaͤrms Freiheit laſſen, oder wenn ſie, ohne alles
wechſelweiſe Erſchlaffen, ſtark verſchnuͤrt worden, das
Vlut durch die Schlagader in einigen Theilen haͤufig ſam-
meln (u).
Doch es haben beruͤhmte Maͤnner gegen dieſe Strik-
ke allerlei eingewendet (x), und ich habe dieſe Hipotheſe
laͤngſt verrufen.
Die Sache ſelbſt iſt nicht ſo leicht. Freilich wird
dieſes Vermoͤgen durch die Nerven ausgeuͤbt, und dieſe
bedienen die Seele ganz allein; man beweiſet durch dieſes
Exempel, daß die Nerven auf die Organa des Lebens ei-
nige Gewalt haben, z. E. auf das Herz, das Gedaͤrme,
den Magen, und die kleinſte Schliesfaſern der Haut, und
der Darmzotten; wie auch auf einzelne Theile (y), indeſ-
ſen daß die uͤbrigen wenig geaͤndert werden, als in der
verliebten Steifheit, und im Erbrechen beim Anblikke haͤs-
licher Dinge; daß alſo in den Affekten die Nerven einige
Gewalt aͤuſſern, dergleichen der Wille ganz und gar nicht
hat. Jndeſſen beweiſen ſich doch die Affekten fonderlich
auf das Herz wirkſam, ſie veraͤndern das Klopfen deſſel-
ben, und man kann ſie faſt auf zweierlei Arten bringen,
indem einige den Kreislauf des Blutes ſchwaͤchen, andre
aber vermehren. Zu jenen gehoͤrt der Gram und die
Furcht, zu dieſen der Zorn, die Freude, Liebe, und das
Schrekken (z).
Daß
(r)
Add. ID. p. 193.
(s) IDEM neurologr. p. 200.
VomSchrekken SCHAARSCMIDT
Berl. relat. T. V. p. 262. 263.
(t) SCHREIBER de fletu n. 51.
(u) VIEUSSENS l. c. p. 193.
(x)
Von Schaam WHYTT vi-
tal. mot. p. 102. Ueberhaupt BA-
KER anim. adfect. p. 18. 19.
(y) NUGENT hydrophob.
pag. 61.
(z) CHEYNE ſanit. tuend. pag.
178.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1150>, abgerufen am 23.11.2024.
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