öde in Frankreich antraf, und der Polnische Knabe (m), konnten, als man sie durch einen glükklichen Zufall wie- der zu der Gesellschaft brachte, nichts von ihrem Vater- lande, Eltern oder Wege erzählen. Daher besizzen die- jenigen Thiere ein schlechteres Gedächtnis, die wenig Zei- chen wissen.
Doch es vorschwinden, sowol in den Personen von einem glükklichen Gedächtnisse, als in denen von gewöhn- lichem Gedächtnisse die Spuren noch geschwinder aus dem Gehirne (m*); so daß sie anfänglich schwächer wer- den, und alsdann kann man sich nur durch andre damit zusammenhängende Spuren, wieder darauf besinnen; endlich verschwinden sie ganz und gar, so daß sie in Ab- sicht auf uns so wenig übrig bleiben, als ob sie niemals uns angehört hätten. Doch wenn noch etwas davon übrig ist, so kann eine neue Empfindung, oder eine neue Vorstellung in der Seele, diese erloschene Spuren gleich- sam wieder auffrischen.
Jndessen können doch auch diese Spuren gleichsam in uns einschlafen, und dieses begegnet dem Menschen sonderlich in Krankheiten, doch aber auch wenn derselbe gesund ist (n), daß bisweilen von ergossnem Blute, Eiter oder von andern dunklen Ursachen im Gehirne, entweder alle, oder doch einige Spuren, lange Zeit verborgen bleiben, daß sich die Seele darauf, wenn sie sich gleich so anstrengt, ganz und gar nicht besinnen kann; wenn aber eben diese Ursache in unserm Körper wieder gehoben worden, so werden diese Jdeen wieder lebendig, und stellen sich der Seele von selbst dar. Jch lese von einem Menschen, der das Gedächtnis in wechselweisen, wiewol ungewissen Paroxismis verlohr, und wieder bekam (n*), und ich
habe
(m)[Spaltenumbruch]CONNOR histor. Polon. T. I. p. 342.
(m*) Er erklärt es mechanisch, daß eine Faser von dem vorgegell- ten Bilde nunmehr kürzer werden [Spaltenumbruch]
soll. UBER. Hamb. Magaz. T. XXV. p. 196.
(n)BEHRENS consider. anim. medica p. 55
(n*)Iourn. de Trevoux 1711. Iuin.
Der Verſtand. XVII. Buch.
oͤde in Frankreich antraf, und der Polniſche Knabe (m), konnten, als man ſie durch einen gluͤkklichen Zufall wie- der zu der Geſellſchaft brachte, nichts von ihrem Vater- lande, Eltern oder Wege erzaͤhlen. Daher beſizzen die- jenigen Thiere ein ſchlechteres Gedaͤchtnis, die wenig Zei- chen wiſſen.
Doch es vorſchwinden, ſowol in den Perſonen von einem gluͤkklichen Gedaͤchtniſſe, als in denen von gewoͤhn- lichem Gedaͤchtniſſe die Spuren noch geſchwinder aus dem Gehirne (m*); ſo daß ſie anfaͤnglich ſchwaͤcher wer- den, und alsdann kann man ſich nur durch andre damit zuſammenhaͤngende Spuren, wieder darauf beſinnen; endlich verſchwinden ſie ganz und gar, ſo daß ſie in Ab- ſicht auf uns ſo wenig uͤbrig bleiben, als ob ſie niemals uns angehoͤrt haͤtten. Doch wenn noch etwas davon uͤbrig iſt, ſo kann eine neue Empfindung, oder eine neue Vorſtellung in der Seele, dieſe erloſchene Spuren gleich- ſam wieder auffriſchen.
Jndeſſen koͤnnen doch auch dieſe Spuren gleichſam in uns einſchlafen, und dieſes begegnet dem Menſchen ſonderlich in Krankheiten, doch aber auch wenn derſelbe geſund iſt (n), daß bisweilen von ergoſſnem Blute, Eiter oder von andern dunklen Urſachen im Gehirne, entweder alle, oder doch einige Spuren, lange Zeit verborgen bleiben, daß ſich die Seele darauf, wenn ſie ſich gleich ſo anſtrengt, ganz und gar nicht beſinnen kann; wenn aber eben dieſe Urſache in unſerm Koͤrper wieder gehoben worden, ſo werden dieſe Jdeen wieder lebendig, und ſtellen ſich der Seele von ſelbſt dar. Jch leſe von einem Menſchen, der das Gedaͤchtnis in wechſelweiſen, wiewol ungewiſſen Paroxiſmis verlohr, und wieder bekam (n*), und ich
habe
(m)[Spaltenumbruch]CONNOR hiſtor. Polon. T. I. p. 342.
(m*) Er erklaͤrt es mechaniſch, daß eine Faſer von dem vorgegell- ten Bilde nunmehr kuͤrzer werden [Spaltenumbruch]
ſoll. UBER. Hamb. Magaz. T. XXV. p. 196.
(n)BEHRENS conſider. anim. medica p. 55
(n*)Iourn. de Trévoux 1711. Iuin.
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Der Verſtand. XVII. Buch.
oͤde in Frankreich antraf, und der Polniſche Knabe (m),
konnten, als man ſie durch einen gluͤkklichen Zufall wie-
der zu der Geſellſchaft brachte, nichts von ihrem Vater-
lande, Eltern oder Wege erzaͤhlen. Daher beſizzen die-
jenigen Thiere ein ſchlechteres Gedaͤchtnis, die wenig Zei-
chen wiſſen.
Doch es vorſchwinden, ſowol in den Perſonen von
einem gluͤkklichen Gedaͤchtniſſe, als in denen von gewoͤhn-
lichem Gedaͤchtniſſe die Spuren noch geſchwinder aus
dem Gehirne (m*); ſo daß ſie anfaͤnglich ſchwaͤcher wer-
den, und alsdann kann man ſich nur durch andre damit
zuſammenhaͤngende Spuren, wieder darauf beſinnen;
endlich verſchwinden ſie ganz und gar, ſo daß ſie in Ab-
ſicht auf uns ſo wenig uͤbrig bleiben, als ob ſie niemals
uns angehoͤrt haͤtten. Doch wenn noch etwas davon
uͤbrig iſt, ſo kann eine neue Empfindung, oder eine neue
Vorſtellung in der Seele, dieſe erloſchene Spuren gleich-
ſam wieder auffriſchen.
Jndeſſen koͤnnen doch auch dieſe Spuren gleichſam
in uns einſchlafen, und dieſes begegnet dem Menſchen
ſonderlich in Krankheiten, doch aber auch wenn derſelbe
geſund iſt (n), daß bisweilen von ergoſſnem Blute, Eiter
oder von andern dunklen Urſachen im Gehirne, entweder
alle, oder doch einige Spuren, lange Zeit verborgen bleiben,
daß ſich die Seele darauf, wenn ſie ſich gleich ſo anſtrengt,
ganz und gar nicht beſinnen kann; wenn aber eben dieſe
Urſache in unſerm Koͤrper wieder gehoben worden, ſo
werden dieſe Jdeen wieder lebendig, und ſtellen ſich der
Seele von ſelbſt dar. Jch leſe von einem Menſchen, der
das Gedaͤchtnis in wechſelweiſen, wiewol ungewiſſen
Paroxiſmis verlohr, und wieder bekam (n*), und ich
habe
(m)
CONNOR hiſtor. Polon.
T. I. p. 342.
(m*) Er erklaͤrt es mechaniſch,
daß eine Faſer von dem vorgegell-
ten Bilde nunmehr kuͤrzer werden
ſoll. UBER. Hamb. Magaz. T. XXV.
p. 196.
(n) BEHRENS conſider. anim.
medica p. 55
(n*) Iourn. de Trévoux 1711.
Iuin.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1074. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1092>, abgerufen am 23.11.2024.
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