rühren (p), als Feuersbrünste, grosse Schmerzen, und ungewöhnliche Thiere (q) und ein grosser Lerm. Ja man hat auch in Schulen angemerket (r), daß diejenigen Kin- der besser lernen, welche ihr Aufgegebenes laut ablesen. Jn der Kunst, welche lehret das Gedächtnis wohl zu ge- brauchen, verlangt man, daß diejenigen Bilder, welche man behalten will, rühren sollen (s). Man kann glau- ben, daß sich dasjenige tiefer eindrükkt, was lebhafter empfunden wird.
Jch sage mit Fleis, im Menschen, denn man streitet noch darüber, ob diese Erhaltung der Bilder im Gehirn, oder vielmehr in der Seele geschicht (t). Jndessen läst sich doch kaum läugnen, daß nicht diese Spuren von den Empfindungen im Gehirne ihren Sizz haben, wenn man bedenkt, was blos eine Veränderung in dem körperlichen Bau, auf diese hinterlassene Spuren für einen Einflus hat (u).
Der Mensch wird mit einem sehr beweglichen Ner- vensisteme auf die Welt gebracht, es geschehen die Ein- drükke seiner Sinne sehr lebhaft, und sie brechen so gleich in Thränen, und Krämpfe aus. Es ist aber in diesem Alter das Gehirn ungemein beweglich, und von einem flüßigen Brei überhaupt wenig unterschieden: es scheinet daß in ein solches hinfälliges Element nichts eingezeichnet werden könne: und es verschwinden überhaupt die Spu- ren von so heftigen Empfindungen den Augenblikk wieder.
Mit
(p)[Spaltenumbruch]
Der Barsilianer BOER- HAAVE de morb. nerv. T. II. p. 412 Den Stör stellte sich be- ständig vor. WOODWARD cases p. 260 261. Acht Jahre nach ei nem tollen Hundesbisse stellte sich die Einbildung an der Wunde be- ständig den Schmerz und Hunde- geruch vor. ALBINUS de saran tism zum Behalten, müssen Bil- der von häßlichen oder von lächer- lichen Dingen lebhaft sein SCHEN- KEL art memr. de[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]ect. p. 86.
(q)[Spaltenumbruch]BONNET p. 205.
(r)CHARDIN von den Persern voyag. L. V. p. 20
(s)SCHENKEL atr. Mem.| de- lect. p. 84
(t)BUFFON l. c. T. IV. p. 60. CRUSIUS homo non machina n. 30. &c. Add. PLUCHE L. V. p. 162.
(u)BONNET p. 77.
Der Verſtand. XVII. Buch.
ruͤhren (p), als Feuersbruͤnſte, groſſe Schmerzen, und ungewoͤhnliche Thiere (q) und ein groſſer Lerm. Ja man hat auch in Schulen angemerket (r), daß diejenigen Kin- der beſſer lernen, welche ihr Aufgegebenes laut ableſen. Jn der Kunſt, welche lehret das Gedaͤchtnis wohl zu ge- brauchen, verlangt man, daß diejenigen Bilder, welche man behalten will, ruͤhren ſollen (s). Man kann glau- ben, daß ſich dasjenige tiefer eindruͤkkt, was lebhafter empfunden wird.
Jch ſage mit Fleis, im Menſchen, denn man ſtreitet noch daruͤber, ob dieſe Erhaltung der Bilder im Gehirn, oder vielmehr in der Seele geſchicht (t). Jndeſſen laͤſt ſich doch kaum laͤugnen, daß nicht dieſe Spuren von den Empfindungen im Gehirne ihren Sizz haben, wenn man bedenkt, was blos eine Veraͤnderung in dem koͤrperlichen Bau, auf dieſe hinterlaſſene Spuren fuͤr einen Einflus hat (u).
Der Menſch wird mit einem ſehr beweglichen Ner- venſiſteme auf die Welt gebracht, es geſchehen die Ein- druͤkke ſeiner Sinne ſehr lebhaft, und ſie brechen ſo gleich in Thraͤnen, und Kraͤmpfe aus. Es iſt aber in dieſem Alter das Gehirn ungemein beweglich, und von einem fluͤßigen Brei uͤberhaupt wenig unterſchieden: es ſcheinet daß in ein ſolches hinfaͤlliges Element nichts eingezeichnet werden koͤnne: und es verſchwinden uͤberhaupt die Spu- ren von ſo heftigen Empfindungen den Augenblikk wieder.
Mit
(p)[Spaltenumbruch]
Der Barſilianer BOER- HAAVE de morb. nerv. T. II. p. 412 Den Stoͤr ſtellte ſich be- ſtaͤndig vor. WOODWARD caſes p. 260 261. Acht Jahre nach ei nem tollen Hundesbiſſe ſtellte ſich die Einbildung an der Wunde be- ſtaͤndig den Schmerz und Hunde- geruch vor. ALBINUS de ſaran tiſm zum Behalten, muͤſſen Bil- der von haͤßlichen oder von laͤcher- lichen Dingen lebhaft ſein SCHEN- KEL art memr. de[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]ect. p. 86.
(q)[Spaltenumbruch]BONNET p. 205.
(r)CHARDIN von den Perſern voyag. L. V. p. 20
(s)SCHENKEL atr. Mém.| de- lect. p. 84
(t)BUFFON l. c. T. IV. p. 60. CRUSIUS homo non machina n. 30. &c. Add. PLUCHE L. V. p. 162.
(u)BONNET p. 77.
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Der Verſtand. XVII. Buch.
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ungewoͤhnliche Thiere (q) und ein groſſer Lerm. Ja man
hat auch in Schulen angemerket (r), daß diejenigen Kin-
der beſſer lernen, welche ihr Aufgegebenes laut ableſen.
Jn der Kunſt, welche lehret das Gedaͤchtnis wohl zu ge-
brauchen, verlangt man, daß diejenigen Bilder, welche
man behalten will, ruͤhren ſollen (s). Man kann glau-
ben, daß ſich dasjenige tiefer eindruͤkkt, was lebhafter
empfunden wird.
Jch ſage mit Fleis, im Menſchen, denn man ſtreitet
noch daruͤber, ob dieſe Erhaltung der Bilder im Gehirn,
oder vielmehr in der Seele geſchicht (t). Jndeſſen laͤſt
ſich doch kaum laͤugnen, daß nicht dieſe Spuren von den
Empfindungen im Gehirne ihren Sizz haben, wenn man
bedenkt, was blos eine Veraͤnderung in dem koͤrperlichen
Bau, auf dieſe hinterlaſſene Spuren fuͤr einen Einflus
hat (u).
Der Menſch wird mit einem ſehr beweglichen Ner-
venſiſteme auf die Welt gebracht, es geſchehen die Ein-
druͤkke ſeiner Sinne ſehr lebhaft, und ſie brechen ſo gleich
in Thraͤnen, und Kraͤmpfe aus. Es iſt aber in dieſem
Alter das Gehirn ungemein beweglich, und von einem
fluͤßigen Brei uͤberhaupt wenig unterſchieden: es ſcheinet
daß in ein ſolches hinfaͤlliges Element nichts eingezeichnet
werden koͤnne: und es verſchwinden uͤberhaupt die Spu-
ren von ſo heftigen Empfindungen den Augenblikk wieder.
Mit
(p)
Der Barſilianer BOER-
HAAVE de morb. nerv. T. II.
p. 412 Den Stoͤr ſtellte ſich be-
ſtaͤndig vor. WOODWARD caſes
p. 260 261. Acht Jahre nach ei
nem tollen Hundesbiſſe ſtellte ſich
die Einbildung an der Wunde be-
ſtaͤndig den Schmerz und Hunde-
geruch vor. ALBINUS de ſaran
tiſm zum Behalten, muͤſſen Bil-
der von haͤßlichen oder von laͤcher-
lichen Dingen lebhaft ſein SCHEN-
KEL art memr. de_ect. p. 86.
(q)
BONNET p. 205.
(r) CHARDIN von den Perſern
voyag. L. V. p. 20
(s) SCHENKEL atr. Mém.| de-
lect. p. 84
(t) BUFFON l. c. T. IV. p. 60.
CRUSIUS homo non machina n.
30. &c. Add. PLUCHE L. V. p.
162.
(u) BONNET p. 77.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1056. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1074>, abgerufen am 23.11.2024.
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