Doch man hat schon lange her eine Erleichterung bei diesem Uebel, in den convexen Gläsern und Brillen ge- sucht, es mag nun dieses eine Erfindung des Rogevii Bacon(p) sein, oder es mag es dieser (q) vom Alhace- nius(r) her haben, oder es sei auch eine Entdekkung des Alessandri(s)Spina der solches im Jahr 1313 durch die Kunst eines zu Florenz verstorbenen erfunden, oder es mag solches Salvinus Deglie Armati(t), oder M. Geraldus erfunden haben, welcher die feinsten Schriften vermittelst eines convexen Glases lesen konnte (u). Es ist auch diese Kunst den Alten nicht gänzlich unbekannt gewesen. Denn obgleich das Conspicillum des Plautus(x) eine Fabel ist (y), so schrieb doch schon Seneca (z), daß sich Buchstaben durch eine Kugel voller Wasser vergrössern lassen.
Jn der That vergrössern convexe Gläser eigentlich nicht, sondern sie machen blos (a), daß das Auge in einer sehr kleinen Entfernung deutlich sehen kann, wo es ohne dieses Glaß nur verworren sehen würde. Denn da die nächsten Objecte sehr auseinander fahrende Strahlen auf die Nezzhaut werfen, so sind Kräfte des Auges, wel- che zu einem sechs Zoll weit abliegenden Punkte des deut- lichen Sehens, tauglich sind, nicht hinlänglich, Strah- len in eins zu bringen, die von zwei Zoll weit, herkom- men, und also sehr divergiren, und folglich findet der Büschel des Lichts erst hinter der Nezzhaut seinen Brenn- punkt.
Nun bringen convexe Gläser die Strahlen zusammen, um so viel stärker, je convexer sie sind, folglich dienen sie einem Auge, daß zu ganz nahen Objecten untauglich ist (b).
Folglich
(p)[Spaltenumbruch]PLOT natur. hist. of Ox- fordsh. p. 220.
(q)SMITH remarks p. 13 seqq.
(r)Opt. L. VII. n. 7.
(s)Gal di minerv.
(t)MANNI opusc. IV.
(u) Beim EROTEM c. 63.
(x)[Spaltenumbruch]
Beim PANCIROCUM II. pag. 268.
(y)SMITH p. 12.
(z)Quaest. natur. L. I.
(a)Conf. la HIRE pag. 580. SCHEINER p. 163.
(b)BOERHAAVE de morb. ocul. p. 200.
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Doch man hat ſchon lange her eine Erleichterung bei dieſem Uebel, in den convexen Glaͤſern und Brillen ge- ſucht, es mag nun dieſes eine Erfindung des Rogevii Bacon(p) ſein, oder es mag es dieſer (q) vom Alhace- nius(r) her haben, oder es ſei auch eine Entdekkung des Aleſſandri(s)Spina der ſolches im Jahr 1313 durch die Kunſt eines zu Florenz verſtorbenen erfunden, oder es mag ſolches Salvinus Deglie Armati(t), oder M. Geraldus erfunden haben, welcher die feinſten Schriften vermittelſt eines convexen Glaſes leſen konnte (u). Es iſt auch dieſe Kunſt den Alten nicht gaͤnzlich unbekannt geweſen. Denn obgleich das Conſpicillum des Plautus(x) eine Fabel iſt (y), ſo ſchrieb doch ſchon Seneca (z), daß ſich Buchſtaben durch eine Kugel voller Waſſer vergroͤſſern laſſen.
Jn der That vergroͤſſern convexe Glaͤſer eigentlich nicht, ſondern ſie machen blos (a), daß das Auge in einer ſehr kleinen Entfernung deutlich ſehen kann, wo es ohne dieſes Glaß nur verworren ſehen wuͤrde. Denn da die naͤchſten Objecte ſehr auseinander fahrende Strahlen auf die Nezzhaut werfen, ſo ſind Kraͤfte des Auges, wel- che zu einem ſechs Zoll weit abliegenden Punkte des deut- lichen Sehens, tauglich ſind, nicht hinlaͤnglich, Strah- len in eins zu bringen, die von zwei Zoll weit, herkom- men, und alſo ſehr divergiren, und folglich findet der Buͤſchel des Lichts erſt hinter der Nezzhaut ſeinen Brenn- punkt.
Nun bringen convexe Glaͤſer die Strahlen zuſammen, um ſo viel ſtaͤrker, je convexer ſie ſind, folglich dienen ſie einem Auge, daß zu ganz nahen Objecten untauglich iſt (b).
Folglich
(p)[Spaltenumbruch]PLOT natur. hiſt. of Ox- fordsh. p. 220.
(q)SMITH remarks p. 13 ſeqq.
(r)Opt. L. VII. n. 7.
(s)Gal di minerv.
(t)MANNI opuſc. IV.
(u) Beim EROTEM c. 63.
(x)[Spaltenumbruch]
Beim PANCIROCUM II. pag. 268.
(y)SMITH p. 12.
(z)Quæſt. natur. L. I.
(a)Conf. la HIRE pag. 580. SCHEINER p. 163.
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Doch man hat ſchon lange her eine Erleichterung bei
dieſem Uebel, in den convexen Glaͤſern und Brillen ge-
ſucht, es mag nun dieſes eine Erfindung des Rogevii
Bacon (p) ſein, oder es mag es dieſer (q) vom Alhace-
nius (r) her haben, oder es ſei auch eine Entdekkung des
Aleſſandri (s) Spina der ſolches im Jahr 1313 durch
die Kunſt eines zu Florenz verſtorbenen erfunden, oder
es mag ſolches Salvinus Deglie Armati (t), oder
M. Geraldus erfunden haben, welcher die feinſten
Schriften vermittelſt eines convexen Glaſes leſen konnte
(u). Es iſt auch dieſe Kunſt den Alten nicht gaͤnzlich
unbekannt geweſen. Denn obgleich das Conſpicillum
des Plautus (x) eine Fabel iſt (y), ſo ſchrieb doch ſchon
Seneca (z), daß ſich Buchſtaben durch eine Kugel voller
Waſſer vergroͤſſern laſſen.
Jn der That vergroͤſſern convexe Glaͤſer eigentlich
nicht, ſondern ſie machen blos (a), daß das Auge in einer
ſehr kleinen Entfernung deutlich ſehen kann, wo es ohne
dieſes Glaß nur verworren ſehen wuͤrde. Denn da die
naͤchſten Objecte ſehr auseinander fahrende Strahlen auf
die Nezzhaut werfen, ſo ſind Kraͤfte des Auges, wel-
che zu einem ſechs Zoll weit abliegenden Punkte des deut-
lichen Sehens, tauglich ſind, nicht hinlaͤnglich, Strah-
len in eins zu bringen, die von zwei Zoll weit, herkom-
men, und alſo ſehr divergiren, und folglich findet der
Buͤſchel des Lichts erſt hinter der Nezzhaut ſeinen Brenn-
punkt.
Nun bringen convexe Glaͤſer die Strahlen zuſammen,
um ſo viel ſtaͤrker, je convexer ſie ſind, folglich dienen ſie
einem Auge, daß zu ganz nahen Objecten untauglich iſt (b).
Folglich
(p)
PLOT natur. hiſt. of Ox-
fordsh. p. 220.
(q) SMITH remarks p. 13 ſeqq.
(r) Opt. L. VII. n. 7.
(s) Gal di minerv.
(t) MANNI opuſc. IV.
(u) Beim EROTEM c. 63.
(x)
Beim PANCIROCUM II.
pag. 268.
(y) SMITH p. 12.
(z) Quæſt. natur. L. I.
(a) Conf. la HIRE pag. 580.
SCHEINER p. 163.
(b) BOERHAAVE de morb.
ocul. p. 200.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1005. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1023>, abgerufen am 23.11.2024.
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