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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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VIII. Abschnitt. Die Muthmassungen.
vermittelst deren die Lebensgeister in der Leibesfrucht, in
einem ruhig schlafenden Menschen, und in den Nerven,
deren sich vorietzt die Seele nicht bedient, so gleich vom
Gehirne gegen die Enden der Nerven zu fliessen. Jn
diesem Verstande könnte man es die langsame Bewe-
gung der Lebensgeister nennen, und in diesem Verstande,
liesse sich das Gehirn für das Herz der Nerven halten m,
indem sie vom Herzen ihre Bewegung empfangen. Es
fragte Börhaave n, warum sich diese Bewegung, wo-
fern sie von dem Schlage der Schlagadern herrührt, nicht
auch so schlagend bezeige. Wir haben aber längst
gezeigt, daß die schnelle Schläge des Herzens nicht ein-
mal bis zum letzten Ende der rothen Schlagadern hin-
reichen o.

Hingegen muß die zwote Bewegung ungemein
schnell sein, welche eben diese Lebensgeister, zu ihrer
Zeit, doch nicht immer, von den Dingen, welche unsre
Sinne rühren, oder von der Seele, welche Verlangen
trägt, die Muskeln spielen zu lassen, bekommen, und
es hat diese Bewegung, damit ich es zum voraus
erinnere, eine solche Gewalt, daß das Nervensistem,
weder die zu lebhafte Empfindungen, noch die zu starke
und schnelle Bewegungen, ohne einen Verlust der Kräfte,
und so gar ohne Lebensgefahr, ausstehen kann, wovon
ich hier blos die Liebe zum Exempel geben will p.

[Spaltenumbruch]

§. 20.
langsam bewegen, Glisson de in-
test. p. 165. Cole de febrib. inter-
mitt. p. 72. Berger de suce. mu-
tritii per nervos transitu. Pitcar-
ne
elem. L. I. c. 5. Boerhaave prae-
lect. T. II. n. 288. Monroo of ner-
ves p. 373. Elemyng. of the na-
ture of the nervous fluid. L. de
Clarellis
p.
51.
m Robinson spleen p. 300. Es
sind an der Gehirnrinde die Werk-
[Spaltenumbruch] zeuge kuglig, welche die Geister in
die Fasern ausschütten. Em[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]nue-
lis Swedborgii
in P. 2. physiologiae,

und gehören nur zur Hipotese;
denn dergleichen Muskelmaschie-
ne kann ohnmöglich an der äusserst
weichen Gehirnrinde Statt finden.
n n. 288.
o L. VI. p. 210. seqq.
p Gaubius patholog. p. 270.

VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
vermittelſt deren die Lebensgeiſter in der Leibesfrucht, in
einem ruhig ſchlafenden Menſchen, und in den Nerven,
deren ſich vorietzt die Seele nicht bedient, ſo gleich vom
Gehirne gegen die Enden der Nerven zu flieſſen. Jn
dieſem Verſtande koͤnnte man es die langſame Bewe-
gung der Lebensgeiſter nennen, und in dieſem Verſtande,
lieſſe ſich das Gehirn fuͤr das Herz der Nerven halten m,
indem ſie vom Herzen ihre Bewegung empfangen. Es
fragte Boͤrhaave n, warum ſich dieſe Bewegung, wo-
fern ſie von dem Schlage der Schlagadern herruͤhrt, nicht
auch ſo ſchlagend bezeige. Wir haben aber laͤngſt
gezeigt, daß die ſchnelle Schlaͤge des Herzens nicht ein-
mal bis zum letzten Ende der rothen Schlagadern hin-
reichen o.

Hingegen muß die zwote Bewegung ungemein
ſchnell ſein, welche eben dieſe Lebensgeiſter, zu ihrer
Zeit, doch nicht immer, von den Dingen, welche unſre
Sinne ruͤhren, oder von der Seele, welche Verlangen
traͤgt, die Muskeln ſpielen zu laſſen, bekommen, und
es hat dieſe Bewegung, damit ich es zum voraus
erinnere, eine ſolche Gewalt, daß das Nervenſiſtem,
weder die zu lebhafte Empfindungen, noch die zu ſtarke
und ſchnelle Bewegungen, ohne einen Verluſt der Kraͤfte,
und ſo gar ohne Lebensgefahr, ausſtehen kann, wovon
ich hier blos die Liebe zum Exempel geben will p.

[Spaltenumbruch]

§. 20.
langſam bewegen, Gliſſon de in-
teſt. p. 165. Cole de febrib. inter-
mitt. p. 72. Berger de ſuce. mu-
tritii per nervos tranſitu. Pitcar-
ne
elem. L. I. c. 5. Boerhaave prae-
lect. T. II. n. 288. Monroo of ner-
ves p. 373. Elemyng. of the na-
ture of the nervous fluid. L. de
Clarellis
p.
51.
m Robinſon ſpleen p. 300. Es
ſind an der Gehirnrinde die Werk-
[Spaltenumbruch] zeuge kuglig, welche die Geiſter in
die Faſern ausſchuͤtten. Em[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]nue-
lis Swedborgii
in P. 2. phyſiologiæ,

und gehoͤren nur zur Hipoteſe;
denn dergleichen Muskelmaſchie-
ne kann ohnmoͤglich an der aͤuſſerſt
weichen Gehirnrinde Statt finden.
n n. 288.
o L. VI. p. 210. ſeqq.
p Gaubius patholog. p. 270.
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[605/0641] VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen. vermittelſt deren die Lebensgeiſter in der Leibesfrucht, in einem ruhig ſchlafenden Menſchen, und in den Nerven, deren ſich vorietzt die Seele nicht bedient, ſo gleich vom Gehirne gegen die Enden der Nerven zu flieſſen. Jn dieſem Verſtande koͤnnte man es die langſame Bewe- gung der Lebensgeiſter nennen, und in dieſem Verſtande, lieſſe ſich das Gehirn fuͤr das Herz der Nerven halten m, indem ſie vom Herzen ihre Bewegung empfangen. Es fragte Boͤrhaave n, warum ſich dieſe Bewegung, wo- fern ſie von dem Schlage der Schlagadern herruͤhrt, nicht auch ſo ſchlagend bezeige. Wir haben aber laͤngſt gezeigt, daß die ſchnelle Schlaͤge des Herzens nicht ein- mal bis zum letzten Ende der rothen Schlagadern hin- reichen o. Hingegen muß die zwote Bewegung ungemein ſchnell ſein, welche eben dieſe Lebensgeiſter, zu ihrer Zeit, doch nicht immer, von den Dingen, welche unſre Sinne ruͤhren, oder von der Seele, welche Verlangen traͤgt, die Muskeln ſpielen zu laſſen, bekommen, und es hat dieſe Bewegung, damit ich es zum voraus erinnere, eine ſolche Gewalt, daß das Nervenſiſtem, weder die zu lebhafte Empfindungen, noch die zu ſtarke und ſchnelle Bewegungen, ohne einen Verluſt der Kraͤfte, und ſo gar ohne Lebensgefahr, ausſtehen kann, wovon ich hier blos die Liebe zum Exempel geben will p. §. 20. l m Robinſon ſpleen p. 300. Es ſind an der Gehirnrinde die Werk- zeuge kuglig, welche die Geiſter in die Faſern ausſchuͤtten. Em_nue- lis Swedborgii in P. 2. phyſiologiæ, und gehoͤren nur zur Hipoteſe; denn dergleichen Muskelmaſchie- ne kann ohnmoͤglich an der aͤuſſerſt weichen Gehirnrinde Statt finden. n n. 288. o L. VI. p. 210. ſeqq. p Gaubius patholog. p. 270. l langſam bewegen, Gliſſon de in- teſt. p. 165. Cole de febrib. inter- mitt. p. 72. Berger de ſuce. mu- tritii per nervos tranſitu. Pitcar- ne elem. L. I. c. 5. Boerhaave prae- lect. T. II. n. 288. Monroo of ner- ves p. 373. Elemyng. of the na- ture of the nervous fluid. L. de Clarellis p. 51.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/641>, abgerufen am 22.11.2024.