Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
VII. Ab. Ersch. d. leb. Geh. Die Empfind.

Wenn sich überhaupt Nerven, und zwar nur ganz
kleine [Spaltenumbruch] m, zugleich mit Schlag- und Blutadern in das
Mark begeben, so hat das Mark Empfindungen, so,
wie das innere Säckchen im Zahne, des Nervens we-
gen empfindet, den dasselbe in sich nimmt. Folglich
gehören hieher die Beobachtungen des Duverney n,
des berümten Bertins o, und anderer [Spaltenumbruch] p, welche bemerkt
haben, daß das Mark bei der Berührung Empfindun-
gen geäussert. Man hat indessen auch wieder gegensei-
tige Versuche von grossen Männern, welche nicht erst
den Zufall abgewartet, sondern der Empfindlichkeit we-
gen mit Fleis Versuche gemacht, und an lebendigen
Hunden und deren verletzten Marke keine Zeichen von
einem Schmerze bemerkt haben q.

Wenn das vom Knochen aufblühende, rothe und
körnige Fleisch Empfindungen hat, so muß man wissen,
daß es unrecht sei, dieses Fleisch r für würkliche Kno-
chen zu halten, indem es aus demienigen geschwollenen
Zellgewebe zu erwachsen scheint, welches auf den Kno-
chen liegt, und davon das Knochenhäutchen ein Theil
mit ist. Doch was hindert hier wohl auch in diesem Ge-
webe Nerven mit unterlaufen zu lassen?

Wenn weich gewordene Knochen in der That Schmer-
zen machen s, und die gegenseitige Anmerkung eines
grossen Mannes salsch ist t, so muß man sich erinnern,

daß
m Bertin osteol. p. 216. 217.
Der Knochen war gegen das Br[en]n-
eisen unempfindlich. Med. M[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]s.
T. III. n.
5. Jch habe über das Ge-
fühl der Sehnen, der harten Ge-
hirnhaut und andrer Membranen
in der Vorrede zu T. VIII. neue
Zeugnisse gesammlet.
n Mem. de l' Acad. des scienc.
1700. p.
205.
o p. 218. und Bordenave p. 153.
der doch selbst den Versuch wieder-
holt wissen will.
p G. ten Rhyne de arthritide
p. 64. H. v. Deventer van beenziek-
ten p.
80.
q Pagani und Bonioli raggiona-
ment. in Fabri supplement. p.
170.
171.
r Lamberti in racolta Bonon.
p. 309. Monroo of the bones nov.
ed. p.
11. Thue hinzu Bagieu de
amput. p.
557.
s Deidier anat, raisonn. p. 6. 7.
Petit
zu Palfyn p. 17.
t Imbert. Quaest. med. 12. p. 33.
VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.

Wenn ſich uͤberhaupt Nerven, und zwar nur ganz
kleine [Spaltenumbruch] m, zugleich mit Schlag- und Blutadern in das
Mark begeben, ſo hat das Mark Empfindungen, ſo,
wie das innere Saͤckchen im Zahne, des Nervens we-
gen empfindet, den daſſelbe in ſich nimmt. Folglich
gehoͤren hieher die Beobachtungen des Duverney n,
des beruͤmten Bertins o, und anderer [Spaltenumbruch] p, welche bemerkt
haben, daß das Mark bei der Beruͤhrung Empfindun-
gen geaͤuſſert. Man hat indeſſen auch wieder gegenſei-
tige Verſuche von groſſen Maͤnnern, welche nicht erſt
den Zufall abgewartet, ſondern der Empfindlichkeit we-
gen mit Fleis Verſuche gemacht, und an lebendigen
Hunden und deren verletzten Marke keine Zeichen von
einem Schmerze bemerkt haben q.

Wenn das vom Knochen aufbluͤhende, rothe und
koͤrnige Fleiſch Empfindungen hat, ſo muß man wiſſen,
daß es unrecht ſei, dieſes Fleiſch r fuͤr wuͤrkliche Kno-
chen zu halten, indem es aus demienigen geſchwollenen
Zellgewebe zu erwachſen ſcheint, welches auf den Kno-
chen liegt, und davon das Knochenhaͤutchen ein Theil
mit iſt. Doch was hindert hier wohl auch in dieſem Ge-
webe Nerven mit unterlaufen zu laſſen?

Wenn weich gewordene Knochen in der That Schmer-
zen machen s, und die gegenſeitige Anmerkung eines
groſſen Mannes ſalſch iſt t, ſo muß man ſich erinnern,

daß
m Bertin oſteol. p. 216. 217.
Der Knochen war gegen das Br[en]n-
eiſen unempfindlich. Med. M[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ſ.
T. III. n.
5. Jch habe uͤber das Ge-
fuͤhl der Sehnen, der harten Ge-
hirnhaut und andrer Membranen
in der Vorrede zu T. VIII. neue
Zeugniſſe geſammlet.
n Mem. de l’ Acad. des ſcienc.
1700. p.
205.
o p. 218. und Bordenave p. 153.
der doch ſelbſt den Verſuch wieder-
holt wiſſen will.
p G. ten Rhyne de arthritide
p. 64. H. v. Deventer van beenziek-
ten p.
80.
q Pagani und Bonioli raggiona-
ment. in Fabri ſupplement. p.
170.
171.
r Lamberti in racolta Bonon.
p. 309. Monroo of the bones nov.
ed. p.
11. Thue hinzu Bagieu de
amput. p.
557.
s Deidier anat, raiſonn. p. 6. 7.
Petit
zu Palfyn p. 17.
t Imbert. Quaeſt. med. 12. p. 33.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0463" n="427"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Ab. Er&#x017F;ch. d. leb. Geh. Die Empfind.</hi> </fw><lb/>
            <p>Wenn &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt Nerven, und zwar nur ganz<lb/>
kleine <cb/>
<note place="foot" n="m"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bertin</hi> o&#x017F;teol. p.</hi> 216. 217.<lb/>
Der Knochen war gegen das Br<supplied>en</supplied>n-<lb/>
ei&#x017F;en unempfindlich. <hi rendition="#aq">Med. M<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>&#x017F;.<lb/>
T. III. n.</hi> 5. Jch habe u&#x0364;ber das Ge-<lb/>
fu&#x0364;hl der Sehnen, der harten Ge-<lb/>
hirnhaut und andrer Membranen<lb/>
in der Vorrede zu <hi rendition="#aq">T. VIII.</hi> neue<lb/>
Zeugni&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;ammlet.</note>, zugleich mit Schlag- und Blutadern in das<lb/>
Mark begeben, &#x017F;o hat das Mark Empfindungen, &#x017F;o,<lb/>
wie das innere Sa&#x0364;ckchen im Zahne, des Nervens we-<lb/>
gen empfindet, den da&#x017F;&#x017F;elbe in &#x017F;ich nimmt. Folglich<lb/>
geho&#x0364;ren hieher die Beobachtungen des <hi rendition="#fr">Duverney</hi> <note place="foot" n="n"><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019; Acad. des &#x017F;cienc.<lb/>
1700. p.</hi> 205.</note>,<lb/>
des beru&#x0364;mten <hi rendition="#fr">Bertins</hi> <note place="foot" n="o"><hi rendition="#aq">p.</hi> 218. und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bordenave</hi> p.</hi> 153.<lb/>
der doch &#x017F;elb&#x017F;t den Ver&#x017F;uch wieder-<lb/>
holt wi&#x017F;&#x017F;en will.</note>, und anderer <cb/>
<note place="foot" n="p"><hi rendition="#aq">G. ten <hi rendition="#i">Rhyne</hi> de arthritide<lb/>
p. 64. H. v. <hi rendition="#i">Deventer</hi> van beenziek-<lb/>
ten p.</hi> 80.</note>, welche bemerkt<lb/>
haben, daß das Mark bei der Beru&#x0364;hrung Empfindun-<lb/>
gen gea&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert. Man hat inde&#x017F;&#x017F;en auch wieder gegen&#x017F;ei-<lb/>
tige Ver&#x017F;uche von gro&#x017F;&#x017F;en Ma&#x0364;nnern, welche nicht er&#x017F;t<lb/>
den Zufall abgewartet, &#x017F;ondern der Empfindlichkeit we-<lb/>
gen mit Fleis Ver&#x017F;uche gemacht, und an lebendigen<lb/>
Hunden und deren verletzten Marke keine Zeichen von<lb/>
einem Schmerze bemerkt haben <note place="foot" n="q"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Pagani</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bonioli</hi> raggiona-<lb/>
ment. in <hi rendition="#i">Fabri</hi> &#x017F;upplement. p.</hi> 170.<lb/>
171.</note>.</p><lb/>
            <p>Wenn das vom Knochen aufblu&#x0364;hende, rothe und<lb/>
ko&#x0364;rnige Flei&#x017F;ch Empfindungen hat, &#x017F;o muß man wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß es unrecht &#x017F;ei, die&#x017F;es Flei&#x017F;ch <note place="foot" n="r"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lamberti</hi> in racolta Bonon.<lb/>
p. 309. <hi rendition="#i">Monroo</hi> of the bones nov.<lb/>
ed. p.</hi> 11. Thue hinzu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bagieu</hi> de<lb/>
amput. p.</hi> 557.</note> fu&#x0364;r wu&#x0364;rkliche Kno-<lb/>
chen zu halten, indem es aus demienigen ge&#x017F;chwollenen<lb/>
Zellgewebe zu erwach&#x017F;en &#x017F;cheint, welches auf den Kno-<lb/>
chen liegt, und davon das Knochenha&#x0364;utchen ein Theil<lb/>
mit i&#x017F;t. Doch was hindert hier wohl auch in die&#x017F;em Ge-<lb/>
webe Nerven mit unterlaufen zu la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
            <p>Wenn weich gewordene Knochen in der That Schmer-<lb/>
zen machen <note place="foot" n="s"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Deidier</hi> anat, rai&#x017F;onn. p. 6. 7.<lb/><hi rendition="#i">Petit</hi></hi> zu <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Palfyn</hi> p.</hi> 17.</note>, und die gegen&#x017F;eitige Anmerkung eines<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Mannes &#x017F;al&#x017F;ch i&#x017F;t <note place="foot" n="t"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Imbert.</hi> Quae&#x017F;t. med. 12. p.</hi> 33.</note>, &#x017F;o muß man &#x017F;ich erinnern,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[427/0463] VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind. Wenn ſich uͤberhaupt Nerven, und zwar nur ganz kleine m, zugleich mit Schlag- und Blutadern in das Mark begeben, ſo hat das Mark Empfindungen, ſo, wie das innere Saͤckchen im Zahne, des Nervens we- gen empfindet, den daſſelbe in ſich nimmt. Folglich gehoͤren hieher die Beobachtungen des Duverney n, des beruͤmten Bertins o, und anderer p, welche bemerkt haben, daß das Mark bei der Beruͤhrung Empfindun- gen geaͤuſſert. Man hat indeſſen auch wieder gegenſei- tige Verſuche von groſſen Maͤnnern, welche nicht erſt den Zufall abgewartet, ſondern der Empfindlichkeit we- gen mit Fleis Verſuche gemacht, und an lebendigen Hunden und deren verletzten Marke keine Zeichen von einem Schmerze bemerkt haben q. Wenn das vom Knochen aufbluͤhende, rothe und koͤrnige Fleiſch Empfindungen hat, ſo muß man wiſſen, daß es unrecht ſei, dieſes Fleiſch r fuͤr wuͤrkliche Kno- chen zu halten, indem es aus demienigen geſchwollenen Zellgewebe zu erwachſen ſcheint, welches auf den Kno- chen liegt, und davon das Knochenhaͤutchen ein Theil mit iſt. Doch was hindert hier wohl auch in dieſem Ge- webe Nerven mit unterlaufen zu laſſen? Wenn weich gewordene Knochen in der That Schmer- zen machen s, und die gegenſeitige Anmerkung eines groſſen Mannes ſalſch iſt t, ſo muß man ſich erinnern, daß m Bertin oſteol. p. 216. 217. Der Knochen war gegen das Brenn- eiſen unempfindlich. Med. M_ſ. T. III. n. 5. Jch habe uͤber das Ge- fuͤhl der Sehnen, der harten Ge- hirnhaut und andrer Membranen in der Vorrede zu T. VIII. neue Zeugniſſe geſammlet. n Mem. de l’ Acad. des ſcienc. 1700. p. 205. o p. 218. und Bordenave p. 153. der doch ſelbſt den Verſuch wieder- holt wiſſen will. p G. ten Rhyne de arthritide p. 64. H. v. Deventer van beenziek- ten p. 80. q Pagani und Bonioli raggiona- ment. in Fabri ſupplement. p. 170. 171. r Lamberti in racolta Bonon. p. 309. Monroo of the bones nov. ed. p. 11. Thue hinzu Bagieu de amput. p. 557. s Deidier anat, raiſonn. p. 6. 7. Petit zu Palfyn p. 17. t Imbert. Quaeſt. med. 12. p. 33.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/463
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/463>, abgerufen am 25.11.2024.