pers, so bald dieser zerschnitten wird, kürzer zu machen suchen. Ein neuerer Autor, der das Gegentheil hier- von behauptet, und in seinen Versuchen die Enden zer- schnittener Nerven zurük gezogen gesehen haben will, hat nicht nur hierinnen, sondern auf ein in andern Stükken Dinge gesehen, die davon das Gegentheil sind, was ich [Spaltenumbruch](n), der ich ein Feind von aller Partheilichkeit bin, so oft gesehen habe.
Es scheint mir die Ursache von dieser Erscheinung nicht dunkel zu seyn. Es haben nämlich die zellförmi- gen Fäden, die nicht nur den ganzen Nerven, sondern auch dessen einzelne Schnüre und die Elementarfäserchen desselben umgeben, eine solche Elasticität, dergleichen man an einer ieden thierischen Faser, auch noch lange nach dem Tode noch wahrnimt (o), indem man wol sechs Wochen nach dem Tode, wenn die dünne Membran des Rükkenmarks, oder eine mit Talg ausgespritzte Schlag- ader verwundet ist, an der ersten gleichsam einen Mark- schwamm, und aus der Ader das talchige Wesen hervor dringen sieht.
Jndem sich nämlich eine Faser zusammen zieht, so drückt sie das weiche Mark nach derienigen Stelle zu, wo ein gleicher Widerstand, wie auch der Widerstand des gedruckten Markes, durch den Schnitt selbst vor kurzen aufgehoben ward. Wenn man eben diese Zell- fäden auf die Seite und von einander zieht, so gewinnen sie ihre vorige Kürze wieder, und so beweisen sie sich ela- stisch (p). Jndessen besizzen die Nerven, wie die an- dern Membranen und Zellfäden ihre Stärke [Spaltenumbruch](q). Jn den Jnsekten sind die Nerven viel zäher, als in den vier- füßigen Thieren, vielleicht, weil sich die Luftröhren unter sie mischen (q*).
§. 7.
(n)Physique des corps anim. S. 326. CARRIERE fed. corp. anim. S. 39.
(o)Mem. sur l' irritabil S. 52.
(p)KINNEIR S. 26.
(q) Eben der, eben da. Daß sie sich zur Pulsader verhalte, wie 6 zu 11. Des HAIS de hemipleg. pre electr. sanand.
(q*)LYONET. S. 99.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
pers, ſo bald dieſer zerſchnitten wird, kuͤrzer zu machen ſuchen. Ein neuerer Autor, der das Gegentheil hier- von behauptet, und in ſeinen Verſuchen die Enden zer- ſchnittener Nerven zuruͤk gezogen geſehen haben will, hat nicht nur hierinnen, ſondern auf ein in andern Stuͤkken Dinge geſehen, die davon das Gegentheil ſind, was ich [Spaltenumbruch](n), der ich ein Feind von aller Partheilichkeit bin, ſo oft geſehen habe.
Es ſcheint mir die Urſache von dieſer Erſcheinung nicht dunkel zu ſeyn. Es haben naͤmlich die zellfoͤrmi- gen Faͤden, die nicht nur den ganzen Nerven, ſondern auch deſſen einzelne Schnuͤre und die Elementarfaͤſerchen deſſelben umgeben, eine ſolche Elaſticitaͤt, dergleichen man an einer ieden thieriſchen Faſer, auch noch lange nach dem Tode noch wahrnimt (o), indem man wol ſechs Wochen nach dem Tode, wenn die duͤnne Membran des Ruͤkkenmarks, oder eine mit Talg ausgeſpritzte Schlag- ader verwundet iſt, an der erſten gleichſam einen Mark- ſchwamm, und aus der Ader das talchige Weſen hervor dringen ſieht.
Jndem ſich naͤmlich eine Faſer zuſammen zieht, ſo druͤckt ſie das weiche Mark nach derienigen Stelle zu, wo ein gleicher Widerſtand, wie auch der Widerſtand des gedruckten Markes, durch den Schnitt ſelbſt vor kurzen aufgehoben ward. Wenn man eben dieſe Zell- faͤden auf die Seite und von einander zieht, ſo gewinnen ſie ihre vorige Kuͤrze wieder, und ſo beweiſen ſie ſich ela- ſtiſch (p). Jndeſſen beſizzen die Nerven, wie die an- dern Membranen und Zellfaͤden ihre Staͤrke [Spaltenumbruch](q). Jn den Jnſekten ſind die Nerven viel zaͤher, als in den vier- fuͤßigen Thieren, vielleicht, weil ſich die Luftroͤhren unter ſie miſchen (q*).
§. 7.
(n)Phyſique des corps anim. S. 326. CARRIERE fed. corp. anim. S. 39.
(o)Mem. ſur l’ irritabil S. 52.
(p)KINNEIR S. 26.
(q) Eben der, eben da. Daß ſie ſich zur Pulsader verhalte, wie 6 zu 11. Des HAIS de hemipleg. pre electr. ſanand.
(q*)LYONET. S. 99.
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[304/0340]
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
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ſuchen. Ein neuerer Autor, der das Gegentheil hier-
von behauptet, und in ſeinen Verſuchen die Enden zer-
ſchnittener Nerven zuruͤk gezogen geſehen haben will, hat
nicht nur hierinnen, ſondern auf ein in andern Stuͤkken
Dinge geſehen, die davon das Gegentheil ſind, was
ich
(n), der ich ein Feind von aller Partheilichkeit bin,
ſo oft geſehen habe.
Es ſcheint mir die Urſache von dieſer Erſcheinung
nicht dunkel zu ſeyn. Es haben naͤmlich die zellfoͤrmi-
gen Faͤden, die nicht nur den ganzen Nerven, ſondern
auch deſſen einzelne Schnuͤre und die Elementarfaͤſerchen
deſſelben umgeben, eine ſolche Elaſticitaͤt, dergleichen man
an einer ieden thieriſchen Faſer, auch noch lange nach
dem Tode noch wahrnimt (o), indem man wol ſechs
Wochen nach dem Tode, wenn die duͤnne Membran des
Ruͤkkenmarks, oder eine mit Talg ausgeſpritzte Schlag-
ader verwundet iſt, an der erſten gleichſam einen Mark-
ſchwamm, und aus der Ader das talchige Weſen hervor
dringen ſieht.
Jndem ſich naͤmlich eine Faſer zuſammen zieht, ſo
druͤckt ſie das weiche Mark nach derienigen Stelle zu,
wo ein gleicher Widerſtand, wie auch der Widerſtand
des gedruckten Markes, durch den Schnitt ſelbſt vor
kurzen aufgehoben ward. Wenn man eben dieſe Zell-
faͤden auf die Seite und von einander zieht, ſo gewinnen
ſie ihre vorige Kuͤrze wieder, und ſo beweiſen ſie ſich ela-
ſtiſch (p). Jndeſſen beſizzen die Nerven, wie die an-
dern Membranen und Zellfaͤden ihre Staͤrke
(q). Jn
den Jnſekten ſind die Nerven viel zaͤher, als in den vier-
fuͤßigen Thieren, vielleicht, weil ſich die Luftroͤhren unter
ſie miſchen (q*).
§. 7.
(n) Phyſique des corps anim.
S. 326. CARRIERE fed. corp.
anim. S. 39.
(o) Mem. ſur l’ irritabil S. 52.
(p) KINNEIR S. 26.
(q) Eben der, eben da. Daß ſie
ſich zur Pulsader verhalte, wie 6
zu 11. Des HAIS de hemipleg.
pre electr. ſanand.
(q*) LYONET. S. 99.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/340>, abgerufen am 22.11.2024.
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