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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Die Stimme. IX. Buch.
schwächte Stimme (o)| abnimmt (p), oder die Knor-
pel des Luftröhrenkopfes zerreißen (q), und ein Kropf
entsteht (r): es wird überhaupt entweder die Lunge ver-
dorben, und Blut ausgeworfen (s), es erfolgt endlich die
Schwindsuch: (t), oder es erfolgt ein Schwindel (u),
oder ein plözzlicher Tod, wie man vorlängst an der Nach-
tigall angemerket hat (x), welche sich die äusserste Ge-
walt anthut, ihre Nebensängerinn singend zu übertreffen.

Man schöpft nemlich zu einer starken Stimme eine
Menge Luft in die Brust (y): zu feinen Tönen hält man
die Lufrröhrenspalte enge zu (z): zu einer langen Dauer
der Gesänge wird ein langwieriges Ausatmen erfordert (a);
solchergestalt gehet durch die enge Oeffnung die häufige
Luft mühsam durch, und es erfolgen alle Erscheinungen
eines zu lange enthaltenden Einatmens (b), nemlich es
häuft sich das Blut in der Lunge (c), in den Drossela-
dern (d), und im Gehirne an (e). Alle diese Zufälle werden
schlimmer, wenn ein Mann eine sehr feine Stimme er-
zwingen will. Es müssen sich nemlich Männer vielmehr
anstrengen, wenn sie die Luftröhrenspalte verengern wollen,
indem diese bei ihnen breit ist. Man kann aber überhaupt
gar keine Stimme hervorbringen, wenn die Glottis
dergestallt verengert wird, daß gar keine Spalte mehr
übrig bleibt.

Man sieht hieraus ebenfalls, warum Personen, wel-
che mit grosser Heftigkeit sprechen, in eine weibische

Stim-
(o) [Spaltenumbruch] dodart. 1706. S. 140.
An der über dem natürlichen Masse
höhern Stimme, sausset.
(p) amnan. S. 31. dodart.
1707. S. 75.
(q) barthol de pulmone.
S. 59.
(r) Ebenders. ebendas.
(s) An dem bekannten Exempel
des Redner crassvs| beim ci-
cero.
(t) [Spaltenumbruch] BARTHOL. angef. Ort.
(u) gerh. v. swieten. T. III.
S. 271.
(x) PLIN. L. X. c. 129.
(y) Vorherg. Nr. 12.
(z) Vorherg. Nr. 9.
(a) Vorherg. Nr. 1.
(b) B. 8. A. 4. N. 34.
(c) Ebendas.
(d) B. 8. A. 4. N. 13.
(e) B. 8. A. 4. N. 34.

Die Stimme. IX. Buch.
ſchwaͤchte Stimme (o)| abnimmt (p), oder die Knor-
pel des Luftroͤhrenkopfes zerreißen (q), und ein Kropf
entſteht (r): es wird uͤberhaupt entweder die Lunge ver-
dorben, und Blut ausgeworfen (s), es erfolgt endlich die
Schwindſuch: (t), oder es erfolgt ein Schwindel (u),
oder ein ploͤzzlicher Tod, wie man vorlaͤngſt an der Nach-
tigall angemerket hat (x), welche ſich die aͤuſſerſte Ge-
walt anthut, ihre Nebenſaͤngerinn ſingend zu uͤbertreffen.

Man ſchoͤpft nemlich zu einer ſtarken Stimme eine
Menge Luft in die Bruſt (y): zu feinen Toͤnen haͤlt man
die Lufrroͤhrenſpalte enge zu (z): zu einer langen Dauer
der Geſaͤnge wird ein langwieriges Ausatmen erfordert (a);
ſolchergeſtalt gehet durch die enge Oeffnung die haͤufige
Luft muͤhſam durch, und es erfolgen alle Erſcheinungen
eines zu lange enthaltenden Einatmens (b), nemlich es
haͤuft ſich das Blut in der Lunge (c), in den Droſſela-
dern (d), und im Gehirne an (e). Alle dieſe Zufaͤlle werden
ſchlimmer, wenn ein Mann eine ſehr feine Stimme er-
zwingen will. Es muͤſſen ſich nemlich Maͤnner vielmehr
anſtrengen, wenn ſie die Luftroͤhrenſpalte verengern wollen,
indem dieſe bei ihnen breit iſt. Man kann aber uͤberhaupt
gar keine Stimme hervorbringen, wenn die Glottis
dergeſtallt verengert wird, daß gar keine Spalte mehr
uͤbrig bleibt.

Man ſieht hieraus ebenfalls, warum Perſonen, wel-
che mit groſſer Heftigkeit ſprechen, in eine weibiſche

Stim-
(o) [Spaltenumbruch] dodart. 1706. S. 140.
An der uͤber dem natuͤrlichen Maſſe
hoͤhern Stimme, ſauſſet.
(p) amnan. S. 31. dodart.
1707. S. 75.
(q) barthol de pulmone.
S. 59.
(r) Ebenderſ. ebendaſ.
(s) An dem bekannten Exempel
des Redner craſſvſ| beim ci-
cero.
(t) [Spaltenumbruch] BARTHOL. angef. Ort.
(u) gerh. v. ſwieten. T. III.
S. 271.
(x) PLIN. L. X. c. 129.
(y) Vorherg. Nr. 12.
(z) Vorherg. Nr. 9.
(a) Vorherg. Nr. 1.
(b) B. 8. A. 4. N. 34.
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[714[716]/0722] Die Stimme. IX. Buch. ſchwaͤchte Stimme (o)| abnimmt (p), oder die Knor- pel des Luftroͤhrenkopfes zerreißen (q), und ein Kropf entſteht (r): es wird uͤberhaupt entweder die Lunge ver- dorben, und Blut ausgeworfen (s), es erfolgt endlich die Schwindſuch: (t), oder es erfolgt ein Schwindel (u), oder ein ploͤzzlicher Tod, wie man vorlaͤngſt an der Nach- tigall angemerket hat (x), welche ſich die aͤuſſerſte Ge- walt anthut, ihre Nebenſaͤngerinn ſingend zu uͤbertreffen. Man ſchoͤpft nemlich zu einer ſtarken Stimme eine Menge Luft in die Bruſt (y): zu feinen Toͤnen haͤlt man die Lufrroͤhrenſpalte enge zu (z): zu einer langen Dauer der Geſaͤnge wird ein langwieriges Ausatmen erfordert (a); ſolchergeſtalt gehet durch die enge Oeffnung die haͤufige Luft muͤhſam durch, und es erfolgen alle Erſcheinungen eines zu lange enthaltenden Einatmens (b), nemlich es haͤuft ſich das Blut in der Lunge (c), in den Droſſela- dern (d), und im Gehirne an (e). Alle dieſe Zufaͤlle werden ſchlimmer, wenn ein Mann eine ſehr feine Stimme er- zwingen will. Es muͤſſen ſich nemlich Maͤnner vielmehr anſtrengen, wenn ſie die Luftroͤhrenſpalte verengern wollen, indem dieſe bei ihnen breit iſt. Man kann aber uͤberhaupt gar keine Stimme hervorbringen, wenn die Glottis dergeſtallt verengert wird, daß gar keine Spalte mehr uͤbrig bleibt. Man ſieht hieraus ebenfalls, warum Perſonen, wel- che mit groſſer Heftigkeit ſprechen, in eine weibiſche Stim- (o) dodart. 1706. S. 140. An der uͤber dem natuͤrlichen Maſſe hoͤhern Stimme, ſauſſet. (p) amnan. S. 31. dodart. 1707. S. 75. (q) barthol de pulmone. S. 59. (r) Ebenderſ. ebendaſ. (s) An dem bekannten Exempel des Redner craſſvſ| beim ci- cero. (t) BARTHOL. angef. Ort. (u) gerh. v. ſwieten. T. III. S. 271. (x) PLIN. L. X. c. 129. (y) Vorherg. Nr. 12. (z) Vorherg. Nr. 9. (a) Vorherg. Nr. 1. (b) B. 8. A. 4. N. 34. (c) Ebendaſ. (d) B. 8. A. 4. N. 13. (e) B. 8. A. 4. N. 34.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 714[716]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/722>, abgerufen am 16.06.2024.