dem Grunde schwächer sei, weil das andere Geschlecht einen nicht so hohen Gaumen, als die Männer, besizzt.
Diesem liegt die Höle der Nase ganz nahe, und die- se ist, so wie der Mund, auch für sich schon allein ge- schikkt, Gesänge zu bilden. Es erstikkt nicht nur die ver- stopfte Nase einige Buchstaben, welche man durch die- sen Weg herausbringen mus; sondern sie macht auch die Stimme angenehm, und verdorben. Was man näm- lich durch die Nase reden heist, ist eigentlich ein Reden blos durch den Mund, wenn die Nase verstopft ist (o). Es scheinet aber glaublicher zu seyn, daß die Stirn, und Siebhölen, mehr Antheil am Niederschalle, als die Kinnbakkentiefen haben, da diese mehr mit Schleim an- gefüllt sind.
Es eignet der ehedem berühmte Dodart diesem Na- senkanal noch etwas mehr zu, und er leitet nicht blos von dem Wiederschalle desselben das Angenehme in der Stimme her. Er behauptet nämlich, nach den Muth- maßungen des Fabricius, daß dieser Kanal lang, und kurz, werden könne, und daß er sich nach den feinen Tö- nen bequeme, indem seine Länge zunähme (p), und zu den groben hingegen kleiner würde. Er glaubt aber, daß seine Länge wachse zu der Zeit, wenn der Luftröh- renkopf herabsinkt, und abnehme, wenn sich dieser in die Höhe begiebt. Dargegen würde die Luftröhre von dem niedersinkenden Luftröhrenkopfe kürzer, und breiter gemacht, länger, und enger aber zu einer feinen Stimme (q). Al- lein es erlaubt dasjenige nicht, welches ich von der Ver- änderung der Töne blos durch die Glottisbänder, und deren Bebungen gesagt habe, diesen Nuzzen von der Luftröhre, oder von der Nase zu erwarten (r).
(n*)
Diese
(o)boerh. Inst. rei med. n. 627. prael. S. 187. 188 amman. S. 34. dobart. Mem. 1700. S. 240. [Spaltenumbruch]
1805. S. 138.
(p) 1700. S. 251.
(q) S. 252.
(r) Vorhergeh. Nr. 8.
(n*)[Spaltenumbruch]Obs. anat. S. 137.
Die Stimme. IX. Buch.
dem Grunde ſchwaͤcher ſei, weil das andere Geſchlecht einen nicht ſo hohen Gaumen, als die Maͤnner, beſizzt.
Dieſem liegt die Hoͤle der Naſe ganz nahe, und die- ſe iſt, ſo wie der Mund, auch fuͤr ſich ſchon allein ge- ſchikkt, Geſaͤnge zu bilden. Es erſtikkt nicht nur die ver- ſtopfte Naſe einige Buchſtaben, welche man durch die- ſen Weg herausbringen mus; ſondern ſie macht auch die Stimme angenehm, und verdorben. Was man naͤm- lich durch die Naſe reden heiſt, iſt eigentlich ein Reden blos durch den Mund, wenn die Naſe verſtopft iſt (o). Es ſcheinet aber glaublicher zu ſeyn, daß die Stirn, und Siebhoͤlen, mehr Antheil am Niederſchalle, als die Kinnbakkentiefen haben, da dieſe mehr mit Schleim an- gefuͤllt ſind.
Es eignet der ehedem beruͤhmte Dodart dieſem Na- ſenkanal noch etwas mehr zu, und er leitet nicht blos von dem Wiederſchalle deſſelben das Angenehme in der Stimme her. Er behauptet naͤmlich, nach den Muth- maßungen des Fabricius, daß dieſer Kanal lang, und kurz, werden koͤnne, und daß er ſich nach den feinen Toͤ- nen bequeme, indem ſeine Laͤnge zunaͤhme (p), und zu den groben hingegen kleiner wuͤrde. Er glaubt aber, daß ſeine Laͤnge wachſe zu der Zeit, wenn der Luftroͤh- renkopf herabſinkt, und abnehme, wenn ſich dieſer in die Hoͤhe begiebt. Dargegen wuͤrde die Luftroͤhre von dem niederſinkenden Luftroͤhrenkopfe kuͤrzer, und breiter gemacht, laͤnger, und enger aber zu einer feinen Stimme (q). Al- lein es erlaubt dasjenige nicht, welches ich von der Ver- aͤnderung der Toͤne blos durch die Glottisbaͤnder, und deren Bebungen geſagt habe, dieſen Nuzzen von der Luftroͤhre, oder von der Naſe zu erwarten (r).
(n*)
Dieſe
(o)boerh. Inſt. rei med. n. 627. prael. S. 187. 188 amman. S. 34. dobart. Mem. 1700. S. 240. [Spaltenumbruch]
1805. S. 138.
(p) 1700. S. 251.
(q) S. 252.
(r) Vorhergeh. Nr. 8.
(n*)[Spaltenumbruch]Obſ. anat. S. 137.
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[710[712]/0718]
Die Stimme. IX. Buch.
dem Grunde ſchwaͤcher ſei, weil das andere Geſchlecht
einen nicht ſo hohen Gaumen, als die Maͤnner, beſizzt.
Dieſem liegt die Hoͤle der Naſe ganz nahe, und die-
ſe iſt, ſo wie der Mund, auch fuͤr ſich ſchon allein ge-
ſchikkt, Geſaͤnge zu bilden. Es erſtikkt nicht nur die ver-
ſtopfte Naſe einige Buchſtaben, welche man durch die-
ſen Weg herausbringen mus; ſondern ſie macht auch
die Stimme angenehm, und verdorben. Was man naͤm-
lich durch die Naſe reden heiſt, iſt eigentlich ein Reden
blos durch den Mund, wenn die Naſe verſtopft iſt (o).
Es ſcheinet aber glaublicher zu ſeyn, daß die Stirn,
und Siebhoͤlen, mehr Antheil am Niederſchalle, als die
Kinnbakkentiefen haben, da dieſe mehr mit Schleim an-
gefuͤllt ſind.
Es eignet der ehedem beruͤhmte Dodart dieſem Na-
ſenkanal noch etwas mehr zu, und er leitet nicht blos
von dem Wiederſchalle deſſelben das Angenehme in der
Stimme her. Er behauptet naͤmlich, nach den Muth-
maßungen des Fabricius, daß dieſer Kanal lang, und
kurz, werden koͤnne, und daß er ſich nach den feinen Toͤ-
nen bequeme, indem ſeine Laͤnge zunaͤhme (p), und zu
den groben hingegen kleiner wuͤrde. Er glaubt aber,
daß ſeine Laͤnge wachſe zu der Zeit, wenn der Luftroͤh-
renkopf herabſinkt, und abnehme, wenn ſich dieſer in die
Hoͤhe begiebt. Dargegen wuͤrde die Luftroͤhre von dem
niederſinkenden Luftroͤhrenkopfe kuͤrzer, und breiter gemacht,
laͤnger, und enger aber zu einer feinen Stimme (q). Al-
lein es erlaubt dasjenige nicht, welches ich von der Ver-
aͤnderung der Toͤne blos durch die Glottisbaͤnder, und
deren Bebungen geſagt habe, dieſen Nuzzen von der
Luftroͤhre, oder von der Naſe zu erwarten (r).
Dieſe
(n*)
(o) boerh. Inſt. rei med. n. 627.
prael. S. 187. 188 amman. S. 34.
dobart. Mem. 1700. S. 240.
1805. S. 138.
(p) 1700. S. 251.
(q) S. 252.
(r) Vorhergeh. Nr. 8.
(n*)
Obſ. anat. S. 137.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 710[712]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/718>, abgerufen am 22.11.2024.
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