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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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III. Abschn. Die Töne.
erweisen kann, wie die Seite der Luftröhrenspalte in den Tö-
nen selbst keine Aenderung macht; daß hingegen die Span-
nung der Bänder diese Veränderung in der That her-
vorbringt. So bald nemlich eine Erscheinung von unsern
Sinnen würklich bestätiget wird, so hat es nichts zu sa-
gen, wenn man gleich zeigt, daß wir die Ursachen, und
die Weise nicht verstehen, wie die Sache geschiehet, und
es ist überflüßig, andere entfernte Gründe anzuführen,
welche mit der Erscheinung nicht übereinstimmen können.
Es kann bei Vögeln der zwete Luftröhrenkopf mit ins
Spiel kommen, und ich finde selbigen auch in kleinen
Vögeln: er besteht vielmehr aus zitternden und schwan-
kenden Membranplättchen, als aus Löchern oder Spal-
ten (t). Es fehlet auch nicht an andern Bemerkungen,

die
(t) Da ich nämlich finde, daß der Luströhrenkopf, und das
Werkzeug der Stimme in Vögeln, zum Theil nicht der
Wahrheit gemäs, zum Theil gar zu zierlich beschrieben wird,
so erlaube man mir, daß ich mit kurzen Worten erzähle,
wie diese Sache an der Gans beschaffen sei:
Jch werde zuerst den zweeten untern Luftröhren-
kopf,
weil dieser den Vögeln eigen ist, beschreiben.
Die Luftröhre, welche aus vollständigen, und wenig
von einander entfernten Ringen gemacht ist, verwandelt
sich, nahe über der Aestelung in eine Härte, welche einem
Knochen näher kommt. Diese besteht aus zween knochi-
chen Bogen, einen rechten, und einen linken, indessen sind
diese Bogen nicht völlige Halbkreise. Aus den Enden die-
ser Halbkreise, und zwar vorne und hinten, geht ein klei-
ner Ansazz heraus, davon jeder seinen Luftröhrenast tra-
gen hilft. Dieser kleinen Ansäzze giebt es zu beiden Sei-
ten zween, welche bei einander liegen, wiewohl die vor-
dern einander näher liegen.
Ferner macht ein jeder Luftröhrenast da, wo er sich
nach der Luftröhre hinkehret, einen ähnlichen, wiewohl
knorpelichen Bogen, welcher ebenfalls flacher, als ein
Halbkreis, und oberwärts hol ist, und den die beiden An-
säzze tragen.
Zwi-

III. Abſchn. Die Toͤne.
erweiſen kann, wie die Seite der Luftroͤhrenſpalte in den Toͤ-
nen ſelbſt keine Aenderung macht; daß hingegen die Span-
nung der Baͤnder dieſe Veraͤnderung in der That her-
vorbringt. So bald nemlich eine Erſcheinung von unſern
Sinnen wuͤrklich beſtaͤtiget wird, ſo hat es nichts zu ſa-
gen, wenn man gleich zeigt, daß wir die Urſachen, und
die Weiſe nicht verſtehen, wie die Sache geſchiehet, und
es iſt uͤberfluͤßig, andere entfernte Gruͤnde anzufuͤhren,
welche mit der Erſcheinung nicht uͤbereinſtimmen koͤnnen.
Es kann bei Voͤgeln der zwete Luftroͤhrenkopf mit ins
Spiel kommen, und ich finde ſelbigen auch in kleinen
Voͤgeln: er beſteht vielmehr aus zitternden und ſchwan-
kenden Membranplaͤttchen, als aus Loͤchern oder Spal-
ten (t). Es fehlet auch nicht an andern Bemerkungen,

die
(t) Da ich naͤmlich finde, daß der Luſtroͤhrenkopf, und das
Werkzeug der Stimme in Voͤgeln, zum Theil nicht der
Wahrheit gemaͤs, zum Theil gar zu zierlich beſchrieben wird,
ſo erlaube man mir, daß ich mit kurzen Worten erzaͤhle,
wie dieſe Sache an der Gans beſchaffen ſei:
Jch werde zuerſt den zweeten untern Luftroͤhren-
kopf,
weil dieſer den Voͤgeln eigen iſt, beſchreiben.
Die Luftroͤhre, welche aus vollſtaͤndigen, und wenig
von einander entfernten Ringen gemacht iſt, verwandelt
ſich, nahe uͤber der Aeſtelung in eine Haͤrte, welche einem
Knochen naͤher kommt. Dieſe beſteht aus zween knochi-
chen Bogen, einen rechten, und einen linken, indeſſen ſind
dieſe Bogen nicht voͤllige Halbkreiſe. Aus den Enden die-
ſer Halbkreiſe, und zwar vorne und hinten, geht ein klei-
ner Anſazz heraus, davon jeder ſeinen Luftroͤhrenaſt tra-
gen hilft. Dieſer kleinen Anſaͤzze giebt es zu beiden Sei-
ten zween, welche bei einander liegen, wiewohl die vor-
dern einander naͤher liegen.
Ferner macht ein jeder Luftroͤhrenaſt da, wo er ſich
nach der Luftroͤhre hinkehret, einen aͤhnlichen, wiewohl
knorpelichen Bogen, welcher ebenfalls flacher, als ein
Halbkreis, und oberwaͤrts hol iſt, und den die beiden An-
ſaͤzze tragen.
Zwi-
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[699[701]/0707] III. Abſchn. Die Toͤne. erweiſen kann, wie die Seite der Luftroͤhrenſpalte in den Toͤ- nen ſelbſt keine Aenderung macht; daß hingegen die Span- nung der Baͤnder dieſe Veraͤnderung in der That her- vorbringt. So bald nemlich eine Erſcheinung von unſern Sinnen wuͤrklich beſtaͤtiget wird, ſo hat es nichts zu ſa- gen, wenn man gleich zeigt, daß wir die Urſachen, und die Weiſe nicht verſtehen, wie die Sache geſchiehet, und es iſt uͤberfluͤßig, andere entfernte Gruͤnde anzufuͤhren, welche mit der Erſcheinung nicht uͤbereinſtimmen koͤnnen. Es kann bei Voͤgeln der zwete Luftroͤhrenkopf mit ins Spiel kommen, und ich finde ſelbigen auch in kleinen Voͤgeln: er beſteht vielmehr aus zitternden und ſchwan- kenden Membranplaͤttchen, als aus Loͤchern oder Spal- ten (t). Es fehlet auch nicht an andern Bemerkungen, die (t) Da ich naͤmlich finde, daß der Luſtroͤhrenkopf, und das Werkzeug der Stimme in Voͤgeln, zum Theil nicht der Wahrheit gemaͤs, zum Theil gar zu zierlich beſchrieben wird, ſo erlaube man mir, daß ich mit kurzen Worten erzaͤhle, wie dieſe Sache an der Gans beſchaffen ſei: Jch werde zuerſt den zweeten untern Luftroͤhren- kopf, weil dieſer den Voͤgeln eigen iſt, beſchreiben. Die Luftroͤhre, welche aus vollſtaͤndigen, und wenig von einander entfernten Ringen gemacht iſt, verwandelt ſich, nahe uͤber der Aeſtelung in eine Haͤrte, welche einem Knochen naͤher kommt. Dieſe beſteht aus zween knochi- chen Bogen, einen rechten, und einen linken, indeſſen ſind dieſe Bogen nicht voͤllige Halbkreiſe. Aus den Enden die- ſer Halbkreiſe, und zwar vorne und hinten, geht ein klei- ner Anſazz heraus, davon jeder ſeinen Luftroͤhrenaſt tra- gen hilft. Dieſer kleinen Anſaͤzze giebt es zu beiden Sei- ten zween, welche bei einander liegen, wiewohl die vor- dern einander naͤher liegen. Ferner macht ein jeder Luftroͤhrenaſt da, wo er ſich nach der Luftroͤhre hinkehret, einen aͤhnlichen, wiewohl knorpelichen Bogen, welcher ebenfalls flacher, als ein Halbkreis, und oberwaͤrts hol iſt, und den die beiden An- ſaͤzze tragen. Zwi-

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 699[701]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/707>, abgerufen am 22.11.2024.