keit dieser fleischigen Theile sehr hizzige Feinde zugezogen, so werde ich diese Frage mit mehr Genauigkeit untersuchen müssen; indem es mir erlaubt, unter dem menschlichen Elende, auch dieses mit zu beklagen, daß es möglich ge- wesen, wegen Dinge, die von allem Eigennuzzen, und von der Erhaltung unsrer selbst, so weit entfernet sind, so grosse Feindseligkeiten (x) und so heftige und eifrige Erbit- terungen und Gezänke mit uns über diesen Punkt ange- fangen.
Die allerälteste Meinung ist diese, Muskeln zögen die Ribben nieder, und es hat Galen dieselbe an einigen Stellen seiner Werke (y) dergestalt vorgetragen, daß sie, nach seinem Vorgeben, vornemlich die unteren Ribben herab- ziehen und das Werkzeug zu einem gewaltsamen Atmenho- len sind. Es ist diesem berühmten Manne, was diese Muskeln betrift, das ganze Alterthum gefolgt (z), so daß nicht einmal die Klügsten von ihm abgehen, und Joh. Swammerdam selbst diese Gedanken hegt (a).
Doch es führte gegen das Ende des vorigen Jahr- hunderts Franz Bayle(a*) einen neuen Grund für die Bestätigung der Galenischen Meinung an. Weil nämlich ein jedweder innerer Zwischenribbenmuskel sein oberes Ende von den Rükkenwirbeln weit ab liegen hat, und dieses mit dem untern näher liegt, und da die Stu- fen der Beweglichkeit ohne Zweifel, wie die Entfernun- gen vom Ruhepunkte, über welchen die Ribben bewegt
werden,
(x)[Spaltenumbruch]
Man sehe des berühmten Hambergers Schrift, Contro- vers. de respirati. mechanisino, zu Jena 1748 herausgegeben.
(y)De causa respiration.
(z)ORIBASIVS. S. 230. 231. carpvs. Isagoge. S. 27. vesal. angef. Ort. lavrentivs. L. V. spigelivs. S. 104. hier. rora- rivs angef. Ort. arch. piccolo- mini. i. riolan. oper. anat. S. 204. i. antonides van der lin- [Spaltenumbruch]
den. in Physiolog. thomas. wil- lis. ang. Ort. S. 25. gvalther. charleton. S. 161. nic. ste- nonis. f. de muscul. et glandul. S. 10.
(a) Angef. Ort. c. 2. S. 18.
(a*)Instit. phys. Tr. 2. de corp. anim. L. I. disp. 4. art. 5. n. 72. S. 135. und bei dem syl- van. regis cours de philos. L. VII. P. I. c. 7.
I. Abſchnitt. Die Bruſt.
keit dieſer fleiſchigen Theile ſehr hizzige Feinde zugezogen, ſo werde ich dieſe Frage mit mehr Genauigkeit unterſuchen muͤſſen; indem es mir erlaubt, unter dem menſchlichen Elende, auch dieſes mit zu beklagen, daß es moͤglich ge- weſen, wegen Dinge, die von allem Eigennuzzen, und von der Erhaltung unſrer ſelbſt, ſo weit entfernet ſind, ſo groſſe Feindſeligkeiten (x) und ſo heftige und eifrige Erbit- terungen und Gezaͤnke mit uns uͤber dieſen Punkt ange- fangen.
Die alleraͤlteſte Meinung iſt dieſe, Muskeln zoͤgen die Ribben nieder, und es hat Galen dieſelbe an einigen Stellen ſeiner Werke (y) dergeſtalt vorgetragen, daß ſie, nach ſeinem Vorgeben, vornemlich die unteren Ribben herab- ziehen und das Werkzeug zu einem gewaltſamen Atmenho- len ſind. Es iſt dieſem beruͤhmten Manne, was dieſe Muskeln betrift, das ganze Alterthum gefolgt (z), ſo daß nicht einmal die Kluͤgſten von ihm abgehen, und Joh. Swammerdam ſelbſt dieſe Gedanken hegt (a).
Doch es fuͤhrte gegen das Ende des vorigen Jahr- hunderts Franz Bayle(a*) einen neuen Grund fuͤr die Beſtaͤtigung der Galeniſchen Meinung an. Weil naͤmlich ein jedweder innerer Zwiſchenribbenmuskel ſein oberes Ende von den Ruͤkkenwirbeln weit ab liegen hat, und dieſes mit dem untern naͤher liegt, und da die Stu- fen der Beweglichkeit ohne Zweifel, wie die Entfernun- gen vom Ruhepunkte, uͤber welchen die Ribben bewegt
werden,
(x)[Spaltenumbruch]
Man ſehe des beruͤhmten Hambergers Schrift, Contro- verſ. de reſpirati. mechaniſino, zu Jena 1748 herausgegeben.
(y)De cauſa reſpiration.
(z)ORIBASIVS. S. 230. 231. carpvſ. Iſagoge. S. 27. veſal. angef. Ort. lavrentivſ. L. V. ſpigelivſ. S. 104. hier. rora- rivſ angef. Ort. arch. piccolo- mini. i. riolan. oper. anat. S. 204. i. antonideſ van der lin- [Spaltenumbruch]
den. in Phyſiolog. thomaſ. wil- liſ. ang. Ort. S. 25. gvalther. charleton. S. 161. nic. ſte- noniſ. f. de muſcul. et glandul. S. 10.
(a) Angef. Ort. c. 2. S. 18.
(a*)Inſtit. phyſ. Tr. 2. de corp. anim. L. I. disp. 4. art. 5. n. 72. S. 135. und bei dem ſyl- van. regiſ cours de philoſ. L. VII. P. I. c. 7.
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[59/0065]
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werde ich dieſe Frage mit mehr Genauigkeit unterſuchen
muͤſſen; indem es mir erlaubt, unter dem menſchlichen
Elende, auch dieſes mit zu beklagen, daß es moͤglich ge-
weſen, wegen Dinge, die von allem Eigennuzzen, und
von der Erhaltung unſrer ſelbſt, ſo weit entfernet ſind, ſo
groſſe Feindſeligkeiten (x) und ſo heftige und eifrige Erbit-
terungen und Gezaͤnke mit uns uͤber dieſen Punkt ange-
fangen.
Die alleraͤlteſte Meinung iſt dieſe, Muskeln zoͤgen
die Ribben nieder, und es hat Galen dieſelbe an einigen
Stellen ſeiner Werke (y) dergeſtalt vorgetragen, daß ſie,
nach ſeinem Vorgeben, vornemlich die unteren Ribben herab-
ziehen und das Werkzeug zu einem gewaltſamen Atmenho-
len ſind. Es iſt dieſem beruͤhmten Manne, was dieſe
Muskeln betrift, das ganze Alterthum gefolgt (z), ſo daß
nicht einmal die Kluͤgſten von ihm abgehen, und Joh.
Swammerdam ſelbſt dieſe Gedanken hegt (a).
Doch es fuͤhrte gegen das Ende des vorigen Jahr-
hunderts Franz Bayle (a*) einen neuen Grund fuͤr die
Beſtaͤtigung der Galeniſchen Meinung an. Weil
naͤmlich ein jedweder innerer Zwiſchenribbenmuskel ſein
oberes Ende von den Ruͤkkenwirbeln weit ab liegen hat,
und dieſes mit dem untern naͤher liegt, und da die Stu-
fen der Beweglichkeit ohne Zweifel, wie die Entfernun-
gen vom Ruhepunkte, uͤber welchen die Ribben bewegt
werden,
(x)
Man ſehe des beruͤhmten
Hambergers Schrift, Contro-
verſ. de reſpirati. mechaniſino, zu
Jena 1748 herausgegeben.
(y) De cauſa reſpiration.
(z) ORIBASIVS. S. 230. 231.
carpvſ. Iſagoge. S. 27. veſal.
angef. Ort. lavrentivſ. L. V.
ſpigelivſ. S. 104. hier. rora-
rivſ angef. Ort. arch. piccolo-
mini. i. riolan. oper. anat. S.
204. i. antonideſ van der lin-
den. in Phyſiolog. thomaſ. wil-
liſ. ang. Ort. S. 25. gvalther.
charleton. S. 161. nic. ſte-
noniſ. f. de muſcul. et glandul.
S. 10.
(a) Angef. Ort. c. 2. S. 18.
(a*) Inſtit. phyſ. Tr. 2. de
corp. anim. L. I. disp. 4. art. 5.
n. 72. S. 135. und bei dem ſyl-
van. regiſ cours de philoſ. L. VII.
P. I. c. 7.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/65>, abgerufen am 23.07.2024.
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