Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschn. Der Luftröhrenkopf.
brechen. Dieses ist wohl wahrscheinlich, daß der be-
rühmte de Bordeu Schlagadern gesehen, welche durch
diese Löcher der Knorpelringe gehen, indem er durch diese
Wege selbst Blutadern durchführt, und man sich nicht
vorstellen kann, daß Blutadern (r) ohne Schlagadern
vorhanden gewesen.

Endlich giebt ein berühmter Arzt die Vermuthung,
daß die Schilddrüse ihren Gang zum Schlunde hin sende,
und dahin ein verminosum vitale principium bringe (s):
es haben aber andre berühmte Männer (t) solche Gründe
dagegen gesezzt, welche gelehrten Richtern ein Gnügen
gethan zu haben scheinen.

Andre berühmte Männer haben sich, da sie völlig
daran verzweifelt einen Gang zu entdekken, überhaupt
einen andern Nuzzen ausgesonnen. Und es meint sogar
Ruysch (u), es werde in dieser Drüse ein besondrer
Saft verfertigt, den die Blutaederchen auffängen, und
ins Blut brächten, und dieses sey auch die Absicht der
Milz, und der Brustdrüse. Böcler vermuthet nicht
unwahrscheinlicher Weise, der Saft diene ebenfalls das
Blut zu verdünnen, da er in der Frucht zähe sey (x). An-
dre sezzen die Sache in das Fach der Flieswassergefäfse (x*).

Man mus, und zwar keinen geringen Nuzzen, von
der erstaunlichen Menge Bluts erwarten, welches, wie
wir gleich zeigen wollen, dieser Drüse zufliest, und es
ist diese Drüse ferner in allen Geschlechtern der Vierfüs-
sigen, und Amphibien beständig zugegen.

Diese Drüse ist zu Kröpfen aufgelegt, und nur gar
zu oft | in meinem Vaterlande der gewöhnlichste Sizz dieses

Uebels
(r) [Spaltenumbruch] S 160.
(s) VERCELLONI de gland.
oesophagi.
(t) J. W. PAVLI in progr.
1718 herausgegeben. MORG. Ep.
IX. n.
38. u. f.
(u) [Spaltenumbruch] Jn dem Briefe, den Engel-
brecht von Westhoven
von der
Bräune herausgegeben.
(x) Angef. Ort.
(x*) ASTRVC des tumeurs,
S. 166.

I. Abſchn. Der Luftroͤhrenkopf.
brechen. Dieſes iſt wohl wahrſcheinlich, daß der be-
ruͤhmte de Bordeu Schlagadern geſehen, welche durch
dieſe Loͤcher der Knorpelringe gehen, indem er durch dieſe
Wege ſelbſt Blutadern durchfuͤhrt, und man ſich nicht
vorſtellen kann, daß Blutadern (r) ohne Schlagadern
vorhanden geweſen.

Endlich giebt ein beruͤhmter Arzt die Vermuthung,
daß die Schilddruͤſe ihren Gang zum Schlunde hin ſende,
und dahin ein verminoſum vitale principium bringe (s):
es haben aber andre beruͤhmte Maͤnner (t) ſolche Gruͤnde
dagegen geſezzt, welche gelehrten Richtern ein Gnuͤgen
gethan zu haben ſcheinen.

Andre beruͤhmte Maͤnner haben ſich, da ſie voͤllig
daran verzweifelt einen Gang zu entdekken, uͤberhaupt
einen andern Nuzzen ausgeſonnen. Und es meint ſogar
Ruyſch (u), es werde in dieſer Druͤſe ein beſondrer
Saft verfertigt, den die Blutaederchen auffaͤngen, und
ins Blut braͤchten, und dieſes ſey auch die Abſicht der
Milz, und der Bruſtdruͤſe. Boͤcler vermuthet nicht
unwahrſcheinlicher Weiſe, der Saft diene ebenfalls das
Blut zu verduͤnnen, da er in der Frucht zaͤhe ſey (x). An-
dre ſezzen die Sache in das Fach der Flieswaſſergefaͤfſe (x*).

Man mus, und zwar keinen geringen Nuzzen, von
der erſtaunlichen Menge Bluts erwarten, welches, wie
wir gleich zeigen wollen, dieſer Druͤſe zuflieſt, und es
iſt dieſe Druͤſe ferner in allen Geſchlechtern der Vierfuͤſ-
ſigen, und Amphibien beſtaͤndig zugegen.

Dieſe Druͤſe iſt zu Kroͤpfen aufgelegt, und nur gar
zu oft | in meinem Vaterlande der gewoͤhnlichſte Sizz dieſes

Uebels
(r) [Spaltenumbruch] S 160.
(s) VERCELLONI de gland.
oeſophagi.
(t) J. W. PAVLI in progr.
1718 herausgegeben. MORG. Ep.
IX. n.
38. u. f.
(u) [Spaltenumbruch] Jn dem Briefe, den Engel-
brecht von Weſthoven
von der
Braͤune herausgegeben.
(x) Angef. Ort.
(x*) ASTRVC des tumeurs,
S. 166.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0629" n="621[623]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Der Luftro&#x0364;hrenkopf.</hi></fw><lb/>
brechen. Die&#x017F;es i&#x017F;t wohl wahr&#x017F;cheinlich, daß der be-<lb/>
ru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">de Bordeu</hi> Schlagadern ge&#x017F;ehen, welche durch<lb/>
die&#x017F;e Lo&#x0364;cher der Knorpelringe gehen, indem er durch die&#x017F;e<lb/>
Wege &#x017F;elb&#x017F;t Blutadern durchfu&#x0364;hrt, und man &#x017F;ich nicht<lb/>
vor&#x017F;tellen kann, daß Blutadern <note place="foot" n="(r)"><cb/>
S 160.</note> ohne Schlagadern<lb/>
vorhanden gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Endlich giebt ein beru&#x0364;hmter Arzt die Vermuthung,<lb/>
daß die Schilddru&#x0364;&#x017F;e ihren Gang zum Schlunde hin &#x017F;ende,<lb/>
und dahin ein <hi rendition="#aq">vermino&#x017F;um vitale principium</hi> bringe <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VERCELLONI</hi> de gland.<lb/>
oe&#x017F;ophagi.</hi></note>:<lb/>
es haben aber andre beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">J. W. <hi rendition="#g">PAVLI</hi> in progr.</hi><lb/>
1718 herausgegeben. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MORG.</hi> Ep.<lb/>
IX. n.</hi> 38. u. f.</note> &#x017F;olche Gru&#x0364;nde<lb/>
dagegen ge&#x017F;ezzt, welche gelehrten Richtern ein Gnu&#x0364;gen<lb/>
gethan zu haben &#x017F;cheinen.</p><lb/>
            <p>Andre beru&#x0364;hmte Ma&#x0364;nner haben &#x017F;ich, da &#x017F;ie vo&#x0364;llig<lb/>
daran verzweifelt einen Gang zu entdekken, u&#x0364;berhaupt<lb/>
einen andern Nuzzen ausge&#x017F;onnen. Und es meint &#x017F;ogar<lb/><hi rendition="#fr">Ruy&#x017F;ch</hi> <note place="foot" n="(u)"><cb/>
Jn dem Briefe, den <hi rendition="#fr">Engel-<lb/>
brecht von We&#x017F;thoven</hi> von der<lb/>
Bra&#x0364;une herausgegeben.</note>, es werde in die&#x017F;er Dru&#x0364;&#x017F;e ein be&#x017F;ondrer<lb/>
Saft verfertigt, den die Blutaederchen auffa&#x0364;ngen, und<lb/>
ins Blut bra&#x0364;chten, und die&#x017F;es &#x017F;ey auch die Ab&#x017F;icht der<lb/>
Milz, und der Bru&#x017F;tdru&#x0364;&#x017F;e. <hi rendition="#fr">Bo&#x0364;cler</hi> vermuthet nicht<lb/>
unwahr&#x017F;cheinlicher Wei&#x017F;e, der Saft diene ebenfalls das<lb/>
Blut zu verdu&#x0364;nnen, da er in der Frucht za&#x0364;he &#x017F;ey <note place="foot" n="(x)">Angef. Ort.</note>. An-<lb/>
dre &#x017F;ezzen die Sache in das Fach der Flieswa&#x017F;&#x017F;ergefa&#x0364;f&#x017F;e <note place="foot" n="(x*)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ASTRVC</hi> des tumeurs,</hi><lb/>
S. 166.</note>.</p><lb/>
            <p>Man mus, und zwar keinen geringen Nuzzen, von<lb/>
der er&#x017F;taunlichen Menge Bluts erwarten, welches, wie<lb/>
wir gleich zeigen wollen, die&#x017F;er Dru&#x0364;&#x017F;e zuflie&#x017F;t, und es<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;e Dru&#x0364;&#x017F;e ferner in allen Ge&#x017F;chlechtern der Vierfu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen, und Amphibien be&#x017F;ta&#x0364;ndig zugegen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Dru&#x0364;&#x017F;e i&#x017F;t zu Kro&#x0364;pfen aufgelegt, und nur gar<lb/>
zu oft | in meinem Vaterlande der gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te Sizz die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Uebels</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[621[623]/0629] I. Abſchn. Der Luftroͤhrenkopf. brechen. Dieſes iſt wohl wahrſcheinlich, daß der be- ruͤhmte de Bordeu Schlagadern geſehen, welche durch dieſe Loͤcher der Knorpelringe gehen, indem er durch dieſe Wege ſelbſt Blutadern durchfuͤhrt, und man ſich nicht vorſtellen kann, daß Blutadern (r) ohne Schlagadern vorhanden geweſen. Endlich giebt ein beruͤhmter Arzt die Vermuthung, daß die Schilddruͤſe ihren Gang zum Schlunde hin ſende, und dahin ein verminoſum vitale principium bringe (s): es haben aber andre beruͤhmte Maͤnner (t) ſolche Gruͤnde dagegen geſezzt, welche gelehrten Richtern ein Gnuͤgen gethan zu haben ſcheinen. Andre beruͤhmte Maͤnner haben ſich, da ſie voͤllig daran verzweifelt einen Gang zu entdekken, uͤberhaupt einen andern Nuzzen ausgeſonnen. Und es meint ſogar Ruyſch (u), es werde in dieſer Druͤſe ein beſondrer Saft verfertigt, den die Blutaederchen auffaͤngen, und ins Blut braͤchten, und dieſes ſey auch die Abſicht der Milz, und der Bruſtdruͤſe. Boͤcler vermuthet nicht unwahrſcheinlicher Weiſe, der Saft diene ebenfalls das Blut zu verduͤnnen, da er in der Frucht zaͤhe ſey (x). An- dre ſezzen die Sache in das Fach der Flieswaſſergefaͤfſe (x*). Man mus, und zwar keinen geringen Nuzzen, von der erſtaunlichen Menge Bluts erwarten, welches, wie wir gleich zeigen wollen, dieſer Druͤſe zuflieſt, und es iſt dieſe Druͤſe ferner in allen Geſchlechtern der Vierfuͤſ- ſigen, und Amphibien beſtaͤndig zugegen. Dieſe Druͤſe iſt zu Kroͤpfen aufgelegt, und nur gar zu oft | in meinem Vaterlande der gewoͤhnlichſte Sizz dieſes Uebels (r) S 160. (s) VERCELLONI de gland. oeſophagi. (t) J. W. PAVLI in progr. 1718 herausgegeben. MORG. Ep. IX. n. 38. u. f. (u) Jn dem Briefe, den Engel- brecht von Weſthoven von der Braͤune herausgegeben. (x) Angef. Ort. (x*) ASTRVC des tumeurs, S. 166.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/629
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 621[623]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/629>, abgerufen am 23.11.2024.