Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Atemholen. VIII. Buch.
ten, daß solche Thierchen ohne Luft, und Nahrung, sehr
lange, 100 und 130 Jahre lang gelebt haben (l), denn
so viel Zeit wird wenigstens zum Wachsen der Eiche er-
fordert, wenn man nämlich sezzen wollte, daß dieser
Baum im Wachsen das Thier anfangs in sich zur Her-
berge aufgenommen. Daher mus man diese so zwei-
deutige Sache so lange aussezzen, bis man gewissere
Nachrichten eingezogen, ob Thiere wirklich in dem Jn-
nern der Bäume, oder Steine, ohne Luft, und ohne eine
verborgene Rizze, durch welche sie hineingekrochen, ge-
lebt haben, da doch ihre Lunge offenbar zeigt, daß sie zum
Atemholen erschaffen worden.

Folglich werden wir vor der Hand fest sezzen, daß
fast alle Thiere, welche uns bekannt sind, Luft nöthig ha-
ben. Nun folgt, zu zeigen, warum sie die Luft nöthig
haben, und was denn das Leben der Thiere von der Luft
vor Nuzzen habe.

§. 4.
Ob sich die elastische Luft ins Blut mit ein-
mische.
Beweisgründe derer, die solches bejahen.
Man habe in den Gefäßen Luft gefunden.

Die Hipotese hat von je her grossen Beifall gefun-
den, daß die Luft, so wie sie in der Natur fast die Ur-
sache von allen Bewegungen ist (m), und ohne sie weder
ein Feuer bestehen (n), noch eine Kole brennen kann, eben-

falls
(l) [Spaltenumbruch] Hist. de l'Acad. 1731. angef.
Ort. Astruc. S. 567.
(m) Hales angef. Ort.
(n) BOYLE exp. phys. mech.
[Spaltenumbruch] de aere ac aeris qualir. occult.
Eine
verdorbene Luft unterhält ebenfalls
schlecht ein Feuer, so wie sie dem
Atem-

Das Atemholen. VIII. Buch.
ten, daß ſolche Thierchen ohne Luft, und Nahrung, ſehr
lange, 100 und 130 Jahre lang gelebt haben (l), denn
ſo viel Zeit wird wenigſtens zum Wachſen der Eiche er-
fordert, wenn man naͤmlich ſezzen wollte, daß dieſer
Baum im Wachſen das Thier anfangs in ſich zur Her-
berge aufgenommen. Daher mus man dieſe ſo zwei-
deutige Sache ſo lange ausſezzen, bis man gewiſſere
Nachrichten eingezogen, ob Thiere wirklich in dem Jn-
nern der Baͤume, oder Steine, ohne Luft, und ohne eine
verborgene Rizze, durch welche ſie hineingekrochen, ge-
lebt haben, da doch ihre Lunge offenbar zeigt, daß ſie zum
Atemholen erſchaffen worden.

Folglich werden wir vor der Hand feſt ſezzen, daß
faſt alle Thiere, welche uns bekannt ſind, Luft noͤthig ha-
ben. Nun folgt, zu zeigen, warum ſie die Luft noͤthig
haben, und was denn das Leben der Thiere von der Luft
vor Nuzzen habe.

§. 4.
Ob ſich die elaſtiſche Luft ins Blut mit ein-
miſche.
Beweisgruͤnde derer, die ſolches bejahen.
Man habe in den Gefaͤßen Luft gefunden.

Die Hipoteſe hat von je her groſſen Beifall gefun-
den, daß die Luft, ſo wie ſie in der Natur faſt die Ur-
ſache von allen Bewegungen iſt (m), und ohne ſie weder
ein Feuer beſtehen (n), noch eine Kole brennen kann, eben-

falls
(l) [Spaltenumbruch] Hiſt. de l’Acad. 1731. angef.
Ort. Aſtruc. S. 567.
(m) Hales angef. Ort.
(n) BOYLE exp. phyſ. mech.
[Spaltenumbruch] de aere ac aeris qualir. occult.
Eine
verdorbene Luft unterhaͤlt ebenfalls
ſchlecht ein Feuer, ſo wie ſie dem
Atem-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0508" n="500[502]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Atemholen. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
ten, daß &#x017F;olche Thierchen ohne Luft, und Nahrung, &#x017F;ehr<lb/>
lange, 100 und 130 Jahre lang gelebt haben <note place="foot" n="(l)"><cb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. de l&#x2019;Acad.</hi> 1731. angef.<lb/>
Ort. <hi rendition="#fr">A&#x017F;truc.</hi> S. 567.</note>, denn<lb/>
&#x017F;o viel Zeit wird wenig&#x017F;tens zum Wach&#x017F;en der Eiche er-<lb/>
fordert, wenn man na&#x0364;mlich &#x017F;ezzen wollte, daß die&#x017F;er<lb/>
Baum im Wach&#x017F;en das Thier anfangs in &#x017F;ich zur Her-<lb/>
berge aufgenommen. Daher mus man die&#x017F;e &#x017F;o zwei-<lb/>
deutige Sache &#x017F;o lange aus&#x017F;ezzen, bis man gewi&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Nachrichten eingezogen, ob Thiere wirklich in dem Jn-<lb/>
nern der Ba&#x0364;ume, oder Steine, ohne Luft, und ohne eine<lb/>
verborgene Rizze, durch welche &#x017F;ie hineingekrochen, ge-<lb/>
lebt haben, da doch ihre Lunge offenbar zeigt, daß &#x017F;ie zum<lb/>
Atemholen er&#x017F;chaffen worden.</p><lb/>
            <p>Folglich werden wir vor der Hand fe&#x017F;t &#x017F;ezzen, daß<lb/>
fa&#x017F;t alle Thiere, welche uns bekannt &#x017F;ind, Luft no&#x0364;thig ha-<lb/>
ben. Nun folgt, zu zeigen, warum &#x017F;ie die Luft no&#x0364;thig<lb/>
haben, und was denn das Leben der Thiere von der Luft<lb/>
vor Nuzzen habe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.<lb/><hi rendition="#b">Ob &#x017F;ich die ela&#x017F;ti&#x017F;che Luft ins Blut mit ein-<lb/>
mi&#x017F;che.<lb/>
Beweisgru&#x0364;nde derer, die &#x017F;olches bejahen.<lb/>
Man habe in den Gefa&#x0364;ßen Luft gefunden.</hi></head><lb/>
            <p>Die Hipote&#x017F;e hat von je her gro&#x017F;&#x017F;en Beifall gefun-<lb/>
den, daß die Luft, &#x017F;o wie &#x017F;ie in der Natur fa&#x017F;t die Ur-<lb/>
&#x017F;ache von allen Bewegungen i&#x017F;t <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#fr">Hales</hi> angef. Ort.</note>, und ohne &#x017F;ie weder<lb/>
ein Feuer be&#x017F;tehen <note xml:id="f61" next="#f62" place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BOYLE</hi> exp. phy&#x017F;. mech.<lb/><cb/>
de aere ac aeris qualir. occult.</hi> Eine<lb/>
verdorbene Luft unterha&#x0364;lt ebenfalls<lb/>
&#x017F;chlecht ein Feuer, &#x017F;o wie &#x017F;ie dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Atem-</fw></note>, noch eine Kole brennen kann, eben-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">falls</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500[502]/0508] Das Atemholen. VIII. Buch. ten, daß ſolche Thierchen ohne Luft, und Nahrung, ſehr lange, 100 und 130 Jahre lang gelebt haben (l), denn ſo viel Zeit wird wenigſtens zum Wachſen der Eiche er- fordert, wenn man naͤmlich ſezzen wollte, daß dieſer Baum im Wachſen das Thier anfangs in ſich zur Her- berge aufgenommen. Daher mus man dieſe ſo zwei- deutige Sache ſo lange ausſezzen, bis man gewiſſere Nachrichten eingezogen, ob Thiere wirklich in dem Jn- nern der Baͤume, oder Steine, ohne Luft, und ohne eine verborgene Rizze, durch welche ſie hineingekrochen, ge- lebt haben, da doch ihre Lunge offenbar zeigt, daß ſie zum Atemholen erſchaffen worden. Folglich werden wir vor der Hand feſt ſezzen, daß faſt alle Thiere, welche uns bekannt ſind, Luft noͤthig ha- ben. Nun folgt, zu zeigen, warum ſie die Luft noͤthig haben, und was denn das Leben der Thiere von der Luft vor Nuzzen habe. §. 4. Ob ſich die elaſtiſche Luft ins Blut mit ein- miſche. Beweisgruͤnde derer, die ſolches bejahen. Man habe in den Gefaͤßen Luft gefunden. Die Hipoteſe hat von je her groſſen Beifall gefun- den, daß die Luft, ſo wie ſie in der Natur faſt die Ur- ſache von allen Bewegungen iſt (m), und ohne ſie weder ein Feuer beſtehen (n), noch eine Kole brennen kann, eben- falls (l) Hiſt. de l’Acad. 1731. angef. Ort. Aſtruc. S. 567. (m) Hales angef. Ort. (n) BOYLE exp. phyſ. mech. de aere ac aeris qualir. occult. Eine verdorbene Luft unterhaͤlt ebenfalls ſchlecht ein Feuer, ſo wie ſie dem Atem-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/508
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 500[502]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/508>, abgerufen am 23.11.2024.