Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Die Brust.
dieses läst sich aber bei so kurzen Bändern, und so zä-
hen Knorpeln, kaum von einer Gewalt vermuten; oder
es müsten auch die Knorpeln in ihrer Vergliederung,
Kraft der sie in die Ribben eingelenkt werden, von den
Ribben loslassen, welches aber die Rauhigkeit dieser Fu-
gen, und ihre genaue Verlötung, daß ich so sage, schwer-
lich verstattet.

Die wenigsten Thiere von warmen Blute haben die
ganzen Ribben knochig, wie ich von dem Beutelthier
lese (p). An den Vögeln (p*), und den Geschlechtern
der Eidechsen (q), sind sie ganz und gar knochig, indessen
finder sich doch an diesen zwischen dem absteigenden und
aufsteigenden Theile der Ribben eine besondere bewegliche
Vergliederung. Daraus erhellet, daß, umLuft zu holen, ein
knorpliches Wesen nicht schlechterdings notwendig sey (r),
sondern auch ganz starre Sprossen Statt haben könnten,
ohne mit beweglichem Gelenke versehen zu sein. Es ist
dieses nicht allein aus den Beispielen der Vögel bekannt,
sondern man hat auch Berichte von Menschen, an denen
die ganze Ribben, gemeiniglich ohne einen Nachteil der
Beweglichkeit, knochig gewesen.

Die bisher beschriebne Brust (thorax) nimt verschied-
ne Eingeweide in ihren Schuzz. Hinter dem Brust-
beine lagert sich die Brustdrüse, und das Herz, welches
aber zu beiden Seiten, und zwar linker Hand mehr, in
die zwo Brusthölen vorrükkt. Die übrige ganze Hö-
lung der waren Brust nehmen die Lungen ein, sie füllen
nämlich oberwerts in der Brust, so wohl die hintere und
tiefe Winkel, die Seiten, als auch fast die ganze vorde-

re
(p) [Spaltenumbruch] Philos. Transact. n. 239. u.
im besond. Buche. S. 52.
(p*) ALDROVAND. ornitho-
log. L. I.
S. 1. 2. Die Pariser
am Kasuar Mem. avant. 1699. T.
III.
S. 165. vergl. MEYER. T. 76.
an dem mit der Färberröte durch-
[Spaltenumbruch] drungenem Geribbe, davon ich ihm
die Zeichnung zugeschikkt habe.
(q) Das Kamäleon, die Pariser.
VALISNERI. T. II. S. 415
(r) So urteilt der ber. HOAD-
LEY,
und er gibt an ganz knochi-
gen Ribben keine andere Vewegung
zu, als die die ganze Brust hat.
C 2

I. Abſchnitt. Die Bruſt.
dieſes laͤſt ſich aber bei ſo kurzen Baͤndern, und ſo zaͤ-
hen Knorpeln, kaum von einer Gewalt vermuten; oder
es muͤſten auch die Knorpeln in ihrer Vergliederung,
Kraft der ſie in die Ribben eingelenkt werden, von den
Ribben loslaſſen, welches aber die Rauhigkeit dieſer Fu-
gen, und ihre genaue Verloͤtung, daß ich ſo ſage, ſchwer-
lich verſtattet.

Die wenigſten Thiere von warmen Blute haben die
ganzen Ribben knochig, wie ich von dem Beutelthier
leſe (p). An den Voͤgeln (p*), und den Geſchlechtern
der Eidechſen (q), ſind ſie ganz und gar knochig, indeſſen
finder ſich doch an dieſen zwiſchen dem abſteigenden und
aufſteigenden Theile der Ribben eine beſondere bewegliche
Vergliederung. Daraus erhellet, daß, umLuft zu holen, ein
knorpliches Weſen nicht ſchlechterdings notwendig ſey (r),
ſondern auch ganz ſtarre Sproſſen Statt haben koͤnnten,
ohne mit beweglichem Gelenke verſehen zu ſein. Es iſt
dieſes nicht allein aus den Beiſpielen der Voͤgel bekannt,
ſondern man hat auch Berichte von Menſchen, an denen
die ganze Ribben, gemeiniglich ohne einen Nachteil der
Beweglichkeit, knochig geweſen.

Die bisher beſchriebne Bruſt (thorax) nimt verſchied-
ne Eingeweide in ihren Schuzz. Hinter dem Bruſt-
beine lagert ſich die Bruſtdruͤſe, und das Herz, welches
aber zu beiden Seiten, und zwar linker Hand mehr, in
die zwo Bruſthoͤlen vorruͤkkt. Die uͤbrige ganze Hoͤ-
lung der waren Bruſt nehmen die Lungen ein, ſie fuͤllen
naͤmlich oberwerts in der Bruſt, ſo wohl die hintere und
tiefe Winkel, die Seiten, als auch faſt die ganze vorde-

re
(p) [Spaltenumbruch] Philoſ. Transact. n. 239. u.
im beſond. Buche. S. 52.
(p*) ALDROVAND. ornitho-
log. L. I.
S. 1. 2. Die Pariſer
am Kaſuar Mem. avant. 1699. T.
III.
S. 165. vergl. MEYER. T. 76.
an dem mit der Faͤrberroͤte durch-
[Spaltenumbruch] drungenem Geribbe, davon ich ihm
die Zeichnung zugeſchikkt habe.
(q) Das Kamaͤleon, die Pariſer.
VALISNERI. T. II. S. 415
(r) So urteilt der ber. HOAD-
LEY,
und er gibt an ganz knochi-
gen Ribben keine andere Vewegung
zu, als die die ganze Bruſt hat.
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0041" n="35"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Die Bru&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
die&#x017F;es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich aber bei &#x017F;o kurzen Ba&#x0364;ndern, und &#x017F;o za&#x0364;-<lb/>
hen Knorpeln, kaum von einer Gewalt vermuten; oder<lb/>
es mu&#x0364;&#x017F;ten auch die Knorpeln in ihrer Vergliederung,<lb/>
Kraft der &#x017F;ie in die Ribben eingelenkt werden, von den<lb/>
Ribben losla&#x017F;&#x017F;en, welches aber die Rauhigkeit die&#x017F;er Fu-<lb/>
gen, und ihre genaue Verlo&#x0364;tung, daß ich &#x017F;o &#x017F;age, &#x017F;chwer-<lb/>
lich ver&#x017F;tattet.</p><lb/>
            <p>Die wenig&#x017F;ten Thiere von warmen Blute haben die<lb/>
ganzen Ribben knochig, wie ich von dem Beutelthier<lb/>
le&#x017F;e <note place="foot" n="(p)"><cb/><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;. Transact. n.</hi> 239. u.<lb/>
im be&#x017F;ond. Buche. S. 52.</note>. An den Vo&#x0364;geln <note place="foot" n="(p*)"><hi rendition="#aq">ALDROVAND. ornitho-<lb/>
log. L. I.</hi> S. 1. 2. Die <hi rendition="#fr">Pari&#x017F;er</hi><lb/>
am Ka&#x017F;uar <hi rendition="#aq">Mem. avant. 1699. T.<lb/>
III.</hi> S. 165. vergl. <hi rendition="#aq">MEYER. T.</hi> 76.<lb/>
an dem mit der Fa&#x0364;rberro&#x0364;te durch-<lb/><cb/>
drungenem Geribbe, davon ich ihm<lb/>
die Zeichnung zuge&#x017F;chikkt habe.</note>, und den Ge&#x017F;chlechtern<lb/>
der Eidech&#x017F;en <note place="foot" n="(q)">Das Kama&#x0364;leon, die <hi rendition="#fr">Pari&#x017F;er.</hi><lb/><hi rendition="#aq">VALISNERI. T. II.</hi> S. 415</note>, &#x017F;ind &#x017F;ie ganz und gar knochig, inde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
finder &#x017F;ich doch an die&#x017F;en zwi&#x017F;chen dem ab&#x017F;teigenden und<lb/>
auf&#x017F;teigenden Theile der Ribben eine be&#x017F;ondere bewegliche<lb/>
Vergliederung. Daraus erhellet, daß, umLuft zu holen, ein<lb/>
knorpliches We&#x017F;en nicht &#x017F;chlechterdings notwendig &#x017F;ey <note place="foot" n="(r)">So urteilt der ber. <hi rendition="#aq">HOAD-<lb/>
LEY,</hi> und er gibt an ganz knochi-<lb/>
gen Ribben keine andere Vewegung<lb/>
zu, als die die ganze Bru&#x017F;t hat.</note>,<lb/>
&#x017F;ondern auch ganz &#x017F;tarre Spro&#x017F;&#x017F;en Statt haben ko&#x0364;nnten,<lb/>
ohne mit beweglichem Gelenke ver&#x017F;ehen zu &#x017F;ein. Es i&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;es nicht allein aus den Bei&#x017F;pielen der Vo&#x0364;gel bekannt,<lb/>
&#x017F;ondern man hat auch Berichte von Men&#x017F;chen, an denen<lb/>
die ganze Ribben, gemeiniglich ohne einen Nachteil der<lb/>
Beweglichkeit, knochig gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Die bisher be&#x017F;chriebne Bru&#x017F;t (<hi rendition="#aq">thorax</hi>) nimt ver&#x017F;chied-<lb/>
ne Eingeweide in ihren Schuzz. Hinter dem Bru&#x017F;t-<lb/>
beine lagert &#x017F;ich die Bru&#x017F;tdru&#x0364;&#x017F;e, und das Herz, welches<lb/>
aber zu beiden Seiten, und zwar linker Hand mehr, in<lb/>
die zwo Bru&#x017F;tho&#x0364;len vorru&#x0364;kkt. Die u&#x0364;brige ganze Ho&#x0364;-<lb/>
lung der waren Bru&#x017F;t nehmen die Lungen ein, &#x017F;ie fu&#x0364;llen<lb/>
na&#x0364;mlich oberwerts in der Bru&#x017F;t, &#x017F;o wohl die hintere und<lb/>
tiefe Winkel, die Seiten, als auch fa&#x017F;t die ganze vorde-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 2</fw><fw place="bottom" type="catch">re</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0041] I. Abſchnitt. Die Bruſt. dieſes laͤſt ſich aber bei ſo kurzen Baͤndern, und ſo zaͤ- hen Knorpeln, kaum von einer Gewalt vermuten; oder es muͤſten auch die Knorpeln in ihrer Vergliederung, Kraft der ſie in die Ribben eingelenkt werden, von den Ribben loslaſſen, welches aber die Rauhigkeit dieſer Fu- gen, und ihre genaue Verloͤtung, daß ich ſo ſage, ſchwer- lich verſtattet. Die wenigſten Thiere von warmen Blute haben die ganzen Ribben knochig, wie ich von dem Beutelthier leſe (p). An den Voͤgeln (p*), und den Geſchlechtern der Eidechſen (q), ſind ſie ganz und gar knochig, indeſſen finder ſich doch an dieſen zwiſchen dem abſteigenden und aufſteigenden Theile der Ribben eine beſondere bewegliche Vergliederung. Daraus erhellet, daß, umLuft zu holen, ein knorpliches Weſen nicht ſchlechterdings notwendig ſey (r), ſondern auch ganz ſtarre Sproſſen Statt haben koͤnnten, ohne mit beweglichem Gelenke verſehen zu ſein. Es iſt dieſes nicht allein aus den Beiſpielen der Voͤgel bekannt, ſondern man hat auch Berichte von Menſchen, an denen die ganze Ribben, gemeiniglich ohne einen Nachteil der Beweglichkeit, knochig geweſen. Die bisher beſchriebne Bruſt (thorax) nimt verſchied- ne Eingeweide in ihren Schuzz. Hinter dem Bruſt- beine lagert ſich die Bruſtdruͤſe, und das Herz, welches aber zu beiden Seiten, und zwar linker Hand mehr, in die zwo Bruſthoͤlen vorruͤkkt. Die uͤbrige ganze Hoͤ- lung der waren Bruſt nehmen die Lungen ein, ſie fuͤllen naͤmlich oberwerts in der Bruſt, ſo wohl die hintere und tiefe Winkel, die Seiten, als auch faſt die ganze vorde- re (p) Philoſ. Transact. n. 239. u. im beſond. Buche. S. 52. (p*) ALDROVAND. ornitho- log. L. I. S. 1. 2. Die Pariſer am Kaſuar Mem. avant. 1699. T. III. S. 165. vergl. MEYER. T. 76. an dem mit der Faͤrberroͤte durch- drungenem Geribbe, davon ich ihm die Zeichnung zugeſchikkt habe. (q) Das Kamaͤleon, die Pariſer. VALISNERI. T. II. S. 415 (r) So urteilt der ber. HOAD- LEY, und er gibt an ganz knochi- gen Ribben keine andere Vewegung zu, als die die ganze Bruſt hat. C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/41
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/41>, abgerufen am 24.11.2024.