Grade der Blutwärme verdünnet werde, nämlich von 96 Graden. Da nun die dichte Luft ebenfalls auf den fünf- ten Theil verdünnt worden, so wird sie dennoch jederzeit zweimal dichter eyn, als die, bis zum Fünfttheil verdünnte gemeine Luft. Daher wird in der That das Zusam- mendrükken der Lungengefässe doppelt so gros, als das seyn, welches ein Mensch in der gemeinen Luft, die dop- pelt so leicht ist, empfindet, und es wird viermal grösser, als das sein, welches er in einer zweimal dünneren Luft empfinden würde. Dieser Erfolg wiederspricht aber der Hipotese.
Wenn ich die Sache in weitere Ueberlegung ziehe, so finde ich, daß dieses ganze Zusammendrükken der der blutführenden Gefässe, von dem man die Auflösung der Erscheinung erwartet, von dem Unterscheide abhängt, vermittelst dessen die Wärme der Lungenluft, die Wär- me der Atmosphärenluft übertrift. Folglich dörfe man keine Verdünnung von derjenigen, in die Lunge gezog- nen Luft befürchten, die mit der Atmosphaerenluft in glei- chem Grade Wärme steht, oder 100 (q) Grade, und dar- über warm ist. Diese noch so lange verhaltene Luft, kann auch nicht über den vorigen Wärmegrad, mit dem sie in die Lunge eingezogen wurde, warm, noch über ihr voriges Volumen, daß sie anfangs in der Lunge einnahm, dünne werden. Es ist hingegen ebenfalls wahr, daß wir von der Bergluft, wenn diese um ein Drittheil leich- ter, als die gemeine ist (r), keine Ungemächligkeit leiden, da demohngeachtet doch die dichtere Thälerluft, wenn sie gleich in der Lunge, wie siedendes Wasser erhizzt worden, sich nach der Verdünnung in eben den Raum ausbreitet, den die Luft der Gebirge einnimmt (s). Es scheint da- her, nach der Hipotese, deren Stärke wir hier abwägen,
daß
(q)[Spaltenumbruch]
5. Buch.
(r) 8. B. 3. Abschn. §. 7.
(s) Es sind die Federkraft, und [Spaltenumbruch]
die Verdünnung, wie die Dichtheit beschaffen. MVSSCHENBR, n. 1374.
C c 2
IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.
Grade der Blutwaͤrme verduͤnnet werde, naͤmlich von 96 Graden. Da nun die dichte Luft ebenfalls auf den fuͤnf- ten Theil verduͤnnt worden, ſo wird ſie dennoch jederzeit zweimal dichter eyn, als die, bis zum Fuͤnfttheil verduͤnnte gemeine Luft. Daher wird in der That das Zuſam- mendruͤkken der Lungengefaͤſſe doppelt ſo gros, als das ſeyn, welches ein Menſch in der gemeinen Luft, die dop- pelt ſo leicht iſt, empfindet, und es wird viermal groͤſſer, als das ſein, welches er in einer zweimal duͤnneren Luft empfinden wuͤrde. Dieſer Erfolg wiederſpricht aber der Hipoteſe.
Wenn ich die Sache in weitere Ueberlegung ziehe, ſo finde ich, daß dieſes ganze Zuſammendruͤkken der der blutfuͤhrenden Gefaͤſſe, von dem man die Aufloͤſung der Erſcheinung erwartet, von dem Unterſcheide abhaͤngt, vermittelſt deſſen die Waͤrme der Lungenluft, die Waͤr- me der Atmoſphaͤrenluft uͤbertrift. Folglich doͤrfe man keine Verduͤnnung von derjenigen, in die Lunge gezog- nen Luft befuͤrchten, die mit der Atmoſphaerenluft in glei- chem Grade Waͤrme ſteht, oder 100 (q) Grade, und dar- uͤber warm iſt. Dieſe noch ſo lange verhaltene Luft, kann auch nicht uͤber den vorigen Waͤrmegrad, mit dem ſie in die Lunge eingezogen wurde, warm, noch uͤber ihr voriges Volumen, daß ſie anfangs in der Lunge einnahm, duͤnne werden. Es iſt hingegen ebenfalls wahr, daß wir von der Bergluft, wenn dieſe um ein Drittheil leich- ter, als die gemeine iſt (r), keine Ungemaͤchligkeit leiden, da demohngeachtet doch die dichtere Thaͤlerluft, wenn ſie gleich in der Lunge, wie ſiedendes Waſſer erhizzt worden, ſich nach der Verduͤnnung in eben den Raum ausbreitet, den die Luft der Gebirge einnimmt (s). Es ſcheint da- her, nach der Hipoteſe, deren Staͤrke wir hier abwaͤgen,
daß
(q)[Spaltenumbruch]
5. Buch.
(r) 8. B. 3. Abſchn. §. 7.
(s) Es ſind die Federkraft, und [Spaltenumbruch]
die Verduͤnnung, wie die Dichtheit beſchaffen. MVSSCHENBR, n. 1374.
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IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.
Grade der Blutwaͤrme verduͤnnet werde, naͤmlich von 96
Graden. Da nun die dichte Luft ebenfalls auf den fuͤnf-
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zweimal dichter eyn, als die, bis zum Fuͤnfttheil verduͤnnte
gemeine Luft. Daher wird in der That das Zuſam-
mendruͤkken der Lungengefaͤſſe doppelt ſo gros, als das
ſeyn, welches ein Menſch in der gemeinen Luft, die dop-
pelt ſo leicht iſt, empfindet, und es wird viermal groͤſſer,
als das ſein, welches er in einer zweimal duͤnneren Luft
empfinden wuͤrde. Dieſer Erfolg wiederſpricht aber der
Hipoteſe.
Wenn ich die Sache in weitere Ueberlegung ziehe,
ſo finde ich, daß dieſes ganze Zuſammendruͤkken der
der blutfuͤhrenden Gefaͤſſe, von dem man die Aufloͤſung
der Erſcheinung erwartet, von dem Unterſcheide abhaͤngt,
vermittelſt deſſen die Waͤrme der Lungenluft, die Waͤr-
me der Atmoſphaͤrenluft uͤbertrift. Folglich doͤrfe man
keine Verduͤnnung von derjenigen, in die Lunge gezog-
nen Luft befuͤrchten, die mit der Atmoſphaerenluft in glei-
chem Grade Waͤrme ſteht, oder 100 (q) Grade, und dar-
uͤber warm iſt. Dieſe noch ſo lange verhaltene Luft,
kann auch nicht uͤber den vorigen Waͤrmegrad, mit dem
ſie in die Lunge eingezogen wurde, warm, noch uͤber ihr
voriges Volumen, daß ſie anfangs in der Lunge einnahm,
duͤnne werden. Es iſt hingegen ebenfalls wahr, daß
wir von der Bergluft, wenn dieſe um ein Drittheil leich-
ter, als die gemeine iſt (r), keine Ungemaͤchligkeit leiden,
da demohngeachtet doch die dichtere Thaͤlerluft, wenn ſie
gleich in der Lunge, wie ſiedendes Waſſer erhizzt worden,
ſich nach der Verduͤnnung in eben den Raum ausbreitet,
den die Luft der Gebirge einnimmt (s). Es ſcheint da-
her, nach der Hipoteſe, deren Staͤrke wir hier abwaͤgen,
daß
(q)
5. Buch.
(r) 8. B. 3. Abſchn. §. 7.
(s) Es ſind die Federkraft, und
die Verduͤnnung, wie die Dichtheit
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1374.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/409>, abgerufen am 23.11.2024.
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