Daß die Knochen aus dem Knochenhäutchen erzeugt werden, hat ein durch Verdienste erhabner Mann (z), der ohnlängst seinen Vertheidiger gefunden, behauptet (a). Ob mich nun gleich andre Gründe, dieser Meinung bey- zupflichten, noch zurükhalten, so sind dennoch, wie der Augenschein lehrt, die lokkre Knochenanhängsel (epiphy- ses), besonders an Kindern, voller Fächer, die sich blos durch ihre Härte von der oftgenanten Fächerhaut unter- scheiden.
Es gibt aber im menschlichen Körper zweierlei Arten von Fasern, die sich vermöge ihres Geschäftes von den Fäden des Zellgewebes entfernen. Erstlich scheinet die Muskelfaser, die allemal gerade und mit den benachbar- ten von ihres gleichen jederzeit parallel läuft, da sie sich nirgenswo mit einigen Zweigen an die benachbarte Fa- sern wirklich anhängt, und da sie eine Reizbarkeit besiz- zet, allerdings von andrer Beschaffenheit zu seyn. Fer- ner mus man das Gehirnmark, und die daher entstehen- de markige Natur der Nerven, sowohl wegen des sehr ein- fachen Baues, als auch wegen der ununterbrochen fort- geführten Länge, und gerader Richtung der Fasern, die sich in den Nerven niemals verwirren oder verwikkeln, ferner wegen der reizbaren Beschaffenheit, von dem Zell- gewebe unterscheiden, ob der berühmte de la Caze(b) gleich, ohne seinen Scheinsaz mit den geringsten Grün- den zu unterstüzzen, beides unter einander gemischt hat. Jch habe bereits erinnert, daß unser Zellgewebe ohne Empfindungen und unreizbar ist.
Es möchte zwar, was ich hier von dem Zellgewebe geschrieben, sehr vielen als was Neues vorkommen, da ich wenigstens davon nichts vor dem Jahr 1747. be-
kannt
(z)[Spaltenumbruch]
Man wird diese Streitig- keit anderswo berühren; indessen muß man den Franz du Hamel nicht ohne Ehrerbietung an die- sem Orte erwähnen.
(a)[Spaltenumbruch]de la SoneComment. acad. reg. scient. Paris. 1751.
(b)Idde de l'hom. phys. et mor. S. 326.
C 5
des menſchlichen Koͤrpers. Membranen.
Daß die Knochen aus dem Knochenhaͤutchen erzeugt werden, hat ein durch Verdienſte erhabner Mann (z), der ohnlaͤngſt ſeinen Vertheidiger gefunden, behauptet (a). Ob mich nun gleich andre Gruͤnde, dieſer Meinung bey- zupflichten, noch zuruͤkhalten, ſo ſind dennoch, wie der Augenſchein lehrt, die lokkre Knochenanhaͤngſel (epiphy- ſes), beſonders an Kindern, voller Faͤcher, die ſich blos durch ihre Haͤrte von der oftgenanten Faͤcherhaut unter- ſcheiden.
Es gibt aber im menſchlichen Koͤrper zweierlei Arten von Faſern, die ſich vermoͤge ihres Geſchaͤftes von den Faͤden des Zellgewebes entfernen. Erſtlich ſcheinet die Muskelfaſer, die allemal gerade und mit den benachbar- ten von ihres gleichen jederzeit parallel laͤuft, da ſie ſich nirgenswo mit einigen Zweigen an die benachbarte Fa- ſern wirklich anhaͤngt, und da ſie eine Reizbarkeit beſiz- zet, allerdings von andrer Beſchaffenheit zu ſeyn. Fer- ner mus man das Gehirnmark, und die daher entſtehen- de markige Natur der Nerven, ſowohl wegen des ſehr ein- fachen Baues, als auch wegen der ununterbrochen fort- gefuͤhrten Laͤnge, und gerader Richtung der Faſern, die ſich in den Nerven niemals verwirren oder verwikkeln, ferner wegen der reizbaren Beſchaffenheit, von dem Zell- gewebe unterſcheiden, ob der beruͤhmte de la Caze(b) gleich, ohne ſeinen Scheinſaz mit den geringſten Gruͤn- den zu unterſtuͤzzen, beides unter einander gemiſcht hat. Jch habe bereits erinnert, daß unſer Zellgewebe ohne Empfindungen und unreizbar iſt.
Es moͤchte zwar, was ich hier von dem Zellgewebe geſchrieben, ſehr vielen als was Neues vorkommen, da ich wenigſtens davon nichts vor dem Jahr 1747. be-
kannt
(z)[Spaltenumbruch]
Man wird dieſe Streitig- keit anderswo beruͤhren; indeſſen muß man den Franz du Hamel nicht ohne Ehrerbietung an die- ſem Orte erwaͤhnen.
(a)[Spaltenumbruch]de la SoneComment. acad. reg. ſcient. Paris. 1751.
(b)Idde de l’hom. phyſ. et mor. S. 326.
C 5
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des menſchlichen Koͤrpers. Membranen.
Daß die Knochen aus dem Knochenhaͤutchen erzeugt
werden, hat ein durch Verdienſte erhabner Mann (z), der
ohnlaͤngſt ſeinen Vertheidiger gefunden, behauptet (a).
Ob mich nun gleich andre Gruͤnde, dieſer Meinung bey-
zupflichten, noch zuruͤkhalten, ſo ſind dennoch, wie der
Augenſchein lehrt, die lokkre Knochenanhaͤngſel (epiphy-
ſes), beſonders an Kindern, voller Faͤcher, die ſich blos
durch ihre Haͤrte von der oftgenanten Faͤcherhaut unter-
ſcheiden.
Es gibt aber im menſchlichen Koͤrper zweierlei Arten
von Faſern, die ſich vermoͤge ihres Geſchaͤftes von den
Faͤden des Zellgewebes entfernen. Erſtlich ſcheinet die
Muskelfaſer, die allemal gerade und mit den benachbar-
ten von ihres gleichen jederzeit parallel laͤuft, da ſie ſich
nirgenswo mit einigen Zweigen an die benachbarte Fa-
ſern wirklich anhaͤngt, und da ſie eine Reizbarkeit beſiz-
zet, allerdings von andrer Beſchaffenheit zu ſeyn. Fer-
ner mus man das Gehirnmark, und die daher entſtehen-
de markige Natur der Nerven, ſowohl wegen des ſehr ein-
fachen Baues, als auch wegen der ununterbrochen fort-
gefuͤhrten Laͤnge, und gerader Richtung der Faſern, die
ſich in den Nerven niemals verwirren oder verwikkeln,
ferner wegen der reizbaren Beſchaffenheit, von dem Zell-
gewebe unterſcheiden, ob der beruͤhmte de la Caze (b)
gleich, ohne ſeinen Scheinſaz mit den geringſten Gruͤn-
den zu unterſtuͤzzen, beides unter einander gemiſcht hat.
Jch habe bereits erinnert, daß unſer Zellgewebe ohne
Empfindungen und unreizbar iſt.
Es moͤchte zwar, was ich hier von dem Zellgewebe
geſchrieben, ſehr vielen als was Neues vorkommen, da
ich wenigſtens davon nichts vor dem Jahr 1747. be-
kannt
(z)
Man wird dieſe Streitig-
keit anderswo beruͤhren; indeſſen
muß man den Franz du Hamel
nicht ohne Ehrerbietung an die-
ſem Orte erwaͤhnen.
(a)
de la Sone Comment.
acad. reg. ſcient. Paris. 1751.
(b) Idde de l’hom. phyſ. et
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/97>, abgerufen am 22.11.2024.
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