ben wo man will, wirklich der Tod erfolge, aber doch übri- gens in dem Herzen eine bewegende Ursache vorhanden sey, welche die Bewegung dieses Muskels einige Zeitlang unterstüzzet, wenn auch derselbe keinen Beistand mehr von denen Nerven erhält. Daß aber wirklich derglei- chen Ursache vorhanden sey, legen die Versuche auf das augenscheinlichste an den Tag, welche wir jezzo eben an- führen. Es ist diese Ursache die reizbare Natur, wel- che in allen und jeden Muskeln einigermassen, im Herzen aber mehr und mächtiger, als in irgend einem Fleische, zugegen ist. Wir wollen aber die Sachen nach ihrer Ordnung durchgehen.
§. 3. Die Reizbarkeit ist die Ursache des Herz- schlages.
Es bewegt sich das Herz nicht nur von selbsten, son- dern es wird auch durch die Luft, die Wärme, allerhand eingesprizte Säfte, die Spizze eines Messers, alle Arten scharfer Säfte, die Salze, und die durch Beihülfe des Feuers verfertigte Gifte, aus seiner Ruhe gar leichtlich wieder zur Bewegung gereizzet, behält auch diese Eigen- schaft noch, wenn bereits im thierischen Körper alle Mus- keln erstarret, kraftlos (s), und ganz ruhig sind, auch durch keine Kraft wieder zur Bewegung können gebracht werden (t). Bei den kalten Thieren ist es etwas aus- gemachtes (u), daß in denenselben das Herz noch ganzer
zehn
(s)[Spaltenumbruch]
Etwas hieher gehöriges fin- det man schon bei dem Plinius L. XI. S. 621. An dem Herzen ei- ner Kazze daurete noch das Schla- gen, da die übrigen Muskeln alle nicht mehr zu erwekken waren. MuraltVademec. anat. S. 449. Es läst sich noch das Herze wieder erwekken, wenn bereits der Le- [Spaltenumbruch]
bensquell in den übrigen Muskeln vertroknet ist. Senac S. 328.
(t) Vergleiche damit unsre Ex- perimente, am angef. Ort, 470. 472. 473. 493. 498. 515. 520.
(u)Exp. 528. 529. 531. 546. der berühmte Brocklesby in den Phi- los. Transact. 1755. S. 243.
Viertes Buch. Das Herz.
ben wo man will, wirklich der Tod erfolge, aber doch uͤbri- gens in dem Herzen eine bewegende Urſache vorhanden ſey, welche die Bewegung dieſes Muskels einige Zeitlang unterſtuͤzzet, wenn auch derſelbe keinen Beiſtand mehr von denen Nerven erhaͤlt. Daß aber wirklich derglei- chen Urſache vorhanden ſey, legen die Verſuche auf das augenſcheinlichſte an den Tag, welche wir jezzo eben an- fuͤhren. Es iſt dieſe Urſache die reizbare Natur, wel- che in allen und jeden Muskeln einigermaſſen, im Herzen aber mehr und maͤchtiger, als in irgend einem Fleiſche, zugegen iſt. Wir wollen aber die Sachen nach ihrer Ordnung durchgehen.
§. 3. Die Reizbarkeit iſt die Urſache des Herz- ſchlages.
Es bewegt ſich das Herz nicht nur von ſelbſten, ſon- dern es wird auch durch die Luft, die Waͤrme, allerhand eingeſprizte Saͤfte, die Spizze eines Meſſers, alle Arten ſcharfer Saͤfte, die Salze, und die durch Beihuͤlfe des Feuers verfertigte Gifte, aus ſeiner Ruhe gar leichtlich wieder zur Bewegung gereizzet, behaͤlt auch dieſe Eigen- ſchaft noch, wenn bereits im thieriſchen Koͤrper alle Mus- keln erſtarret, kraftlos (s), und ganz ruhig ſind, auch durch keine Kraft wieder zur Bewegung koͤnnen gebracht werden (t). Bei den kalten Thieren iſt es etwas aus- gemachtes (u), daß in denenſelben das Herz noch ganzer
zehn
(s)[Spaltenumbruch]
Etwas hieher gehoͤriges fin- det man ſchon bei dem Plinius L. XI. S. 621. An dem Herzen ei- ner Kazze daurete noch das Schla- gen, da die uͤbrigen Muskeln alle nicht mehr zu erwekken waren. MuraltVademec. anat. S. 449. Es laͤſt ſich noch das Herze wieder erwekken, wenn bereits der Le- [Spaltenumbruch]
bensquell in den uͤbrigen Muskeln vertroknet iſt. Senac S. 328.
(t) Vergleiche damit unſre Ex- perimente, am angef. Ort, 470. 472. 473. 493. 498. 515. 520.
(u)Exp. 528. 529. 531. 546. der beruͤhmte Brocklesby in den Phi- loſ. Transact. 1755. S. 243.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0946"n="890"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
ben wo man will, wirklich der Tod erfolge, aber doch uͤbri-<lb/>
gens in dem Herzen eine bewegende Urſache vorhanden<lb/>ſey, welche die Bewegung dieſes Muskels einige Zeitlang<lb/>
unterſtuͤzzet, wenn auch derſelbe keinen Beiſtand mehr<lb/>
von denen Nerven erhaͤlt. Daß aber wirklich derglei-<lb/>
chen Urſache vorhanden ſey, legen die Verſuche auf das<lb/>
augenſcheinlichſte an den Tag, welche wir jezzo eben an-<lb/>
fuͤhren. Es iſt dieſe Urſache die <hirendition="#fr">reizbare Natur,</hi> wel-<lb/>
che in allen und jeden Muskeln einigermaſſen, im Herzen<lb/>
aber mehr und maͤchtiger, als in irgend einem Fleiſche,<lb/>
zugegen iſt. Wir wollen aber die Sachen nach ihrer<lb/>
Ordnung durchgehen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 3.<lb/>
Die Reizbarkeit iſt die Urſache des Herz-<lb/>ſchlages.</head><lb/><p>Es bewegt ſich das Herz nicht nur von ſelbſten, ſon-<lb/>
dern es wird auch durch die Luft, die Waͤrme, allerhand<lb/>
eingeſprizte Saͤfte, die Spizze eines Meſſers, alle Arten<lb/>ſcharfer Saͤfte, die Salze, und die durch Beihuͤlfe des<lb/>
Feuers verfertigte Gifte, aus ſeiner Ruhe gar leichtlich<lb/>
wieder zur Bewegung gereizzet, behaͤlt auch dieſe Eigen-<lb/>ſchaft noch, wenn bereits im thieriſchen Koͤrper alle Mus-<lb/>
keln erſtarret, kraftlos <noteplace="foot"n="(s)"><cb/>
Etwas hieher gehoͤriges fin-<lb/>
det man ſchon bei dem <hirendition="#fr">Plinius</hi><lb/><hirendition="#aq">L. XI.</hi> S. 621. An dem Herzen ei-<lb/>
ner Kazze daurete noch das Schla-<lb/>
gen, da die uͤbrigen Muskeln alle<lb/>
nicht mehr zu erwekken waren.<lb/><hirendition="#fr">Muralt</hi><hirendition="#aq">Vademec. anat.</hi> S. 449.<lb/>
Es laͤſt ſich noch das Herze wieder<lb/>
erwekken, wenn bereits der Le-<lb/><cb/>
bensquell in den uͤbrigen Muskeln<lb/>
vertroknet iſt. <hirendition="#fr">Senac</hi> S. 328.</note>, und ganz ruhig ſind, auch<lb/>
durch keine Kraft wieder zur Bewegung koͤnnen gebracht<lb/>
werden <noteplace="foot"n="(t)">Vergleiche damit unſre Ex-<lb/>
perimente, am angef. Ort, 470.<lb/>
472. 473. 493. 498. 515. 520.</note>. Bei den kalten Thieren iſt es etwas aus-<lb/>
gemachtes <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">Exp.</hi> 528. 529. 531. 546. der<lb/>
beruͤhmte <hirendition="#fr">Brocklesby</hi> in den <hirendition="#aq">Phi-<lb/>
loſ. Transact.</hi> 1755. S. 243.</note>, daß in denenſelben das Herz noch ganzer<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zehn</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[890/0946]
Viertes Buch. Das Herz.
ben wo man will, wirklich der Tod erfolge, aber doch uͤbri-
gens in dem Herzen eine bewegende Urſache vorhanden
ſey, welche die Bewegung dieſes Muskels einige Zeitlang
unterſtuͤzzet, wenn auch derſelbe keinen Beiſtand mehr
von denen Nerven erhaͤlt. Daß aber wirklich derglei-
chen Urſache vorhanden ſey, legen die Verſuche auf das
augenſcheinlichſte an den Tag, welche wir jezzo eben an-
fuͤhren. Es iſt dieſe Urſache die reizbare Natur, wel-
che in allen und jeden Muskeln einigermaſſen, im Herzen
aber mehr und maͤchtiger, als in irgend einem Fleiſche,
zugegen iſt. Wir wollen aber die Sachen nach ihrer
Ordnung durchgehen.
§. 3.
Die Reizbarkeit iſt die Urſache des Herz-
ſchlages.
Es bewegt ſich das Herz nicht nur von ſelbſten, ſon-
dern es wird auch durch die Luft, die Waͤrme, allerhand
eingeſprizte Saͤfte, die Spizze eines Meſſers, alle Arten
ſcharfer Saͤfte, die Salze, und die durch Beihuͤlfe des
Feuers verfertigte Gifte, aus ſeiner Ruhe gar leichtlich
wieder zur Bewegung gereizzet, behaͤlt auch dieſe Eigen-
ſchaft noch, wenn bereits im thieriſchen Koͤrper alle Mus-
keln erſtarret, kraftlos (s), und ganz ruhig ſind, auch
durch keine Kraft wieder zur Bewegung koͤnnen gebracht
werden (t). Bei den kalten Thieren iſt es etwas aus-
gemachtes (u), daß in denenſelben das Herz noch ganzer
zehn
(s)
Etwas hieher gehoͤriges fin-
det man ſchon bei dem Plinius
L. XI. S. 621. An dem Herzen ei-
ner Kazze daurete noch das Schla-
gen, da die uͤbrigen Muskeln alle
nicht mehr zu erwekken waren.
Muralt Vademec. anat. S. 449.
Es laͤſt ſich noch das Herze wieder
erwekken, wenn bereits der Le-
bensquell in den uͤbrigen Muskeln
vertroknet iſt. Senac S. 328.
(t) Vergleiche damit unſre Ex-
perimente, am angef. Ort, 470.
472. 473. 493. 498. 515. 520.
(u) Exp. 528. 529. 531. 546. der
beruͤhmte Brocklesby in den Phi-
loſ. Transact. 1755. S. 243.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 890. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/946>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.