Abwechselung von Zusammenziehungen jemals in beiden Kammern statt gefunden habe.
Uebrigens müssen wir noch denjenigen besondern Scheingrund widerlegen, welcher dem Nicholls zu sei- ner angenommenen Meinung Anlaß gegeben hat. Man sezze demnach voraus, daß das rechte Herzohr in dem er- sten Zeitpunkte schlage, und sich von seinem Blute entle- dige; daß im zwoten die rechte Kammer gleichergestalt zusammengezogen und ausgeleeret werde; im dritten die Lungenschlagader ihr Blut in die ihr zur Gesellschaft ge- gebene Blutader ausschütte; im vierten die Lungenblut- ader ihren Vorrath in den linken Sinus bringe; im fünften der linke Sinus sein Blut in die auf eben dieser Seite befindliche Kammer ausleere, und im sechsten die- se Kammer ihr Blut in die Aorte ausschütte: so werden auf diese Weise ohnstreitig, wie es auch in der angenom- menen Meinung angegeben wird, die Zeiten, wenn sich das rechte und linke Ohr ausleeren, auf einen Punkt fal- len, da sie aus 1 und 5 bestehen, und die Zeiten, welche ungleiche Zahlen haben, allemal in einem Punkt zusam- menkommen; ingleichen wird das Ohr, welches sich in dem ersten Zeitpunkte zusammenziehet, wieder in dem drit- ten, fünften und siebenden zusammengezogen werden, und die Kammern werden gleichfalls zu eben derselben Zeit schlagen, nämlich in dem zweiten und sechsten Zeitab- schnitte. Wir haben hier nichts anders, als was Ni- cholls lehrt, zum Grunde gesezzet, ausser daß wir dem Blute einen längern Aufenthalt in der Lunge zugestan- den, da dieser berühmte Mann behauptet, daß es in einer einzigen Secunde (wenn in einer Minute 60 Pulsirun- gen geschehen,) durch die Schlag- und Blutader der Lun- ge gehe, welches in der That eine ganz unglaubliche Ge- schwindigkeit ist; da wir hingegen sezzen, daß es in zwoen dergleichen Secunden durch die Lunge geführet werde. Solchemnach wird in den Lungenblutadern eben das ge-
schehen,
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Die Bewegung des Herzens.
Abwechſelung von Zuſammenziehungen jemals in beiden Kammern ſtatt gefunden habe.
Uebrigens muͤſſen wir noch denjenigen beſondern Scheingrund widerlegen, welcher dem Nicholls zu ſei- ner angenommenen Meinung Anlaß gegeben hat. Man ſezze demnach voraus, daß das rechte Herzohr in dem er- ſten Zeitpunkte ſchlage, und ſich von ſeinem Blute entle- dige; daß im zwoten die rechte Kammer gleichergeſtalt zuſammengezogen und ausgeleeret werde; im dritten die Lungenſchlagader ihr Blut in die ihr zur Geſellſchaft ge- gebene Blutader ausſchuͤtte; im vierten die Lungenblut- ader ihren Vorrath in den linken Sinus bringe; im fuͤnften der linke Sinus ſein Blut in die auf eben dieſer Seite befindliche Kammer ausleere, und im ſechſten die- ſe Kammer ihr Blut in die Aorte ausſchuͤtte: ſo werden auf dieſe Weiſe ohnſtreitig, wie es auch in der angenom- menen Meinung angegeben wird, die Zeiten, wenn ſich das rechte und linke Ohr ausleeren, auf einen Punkt fal- len, da ſie aus 1 und 5 beſtehen, und die Zeiten, welche ungleiche Zahlen haben, allemal in einem Punkt zuſam- menkommen; ingleichen wird das Ohr, welches ſich in dem erſten Zeitpunkte zuſammenziehet, wieder in dem drit- ten, fuͤnften und ſiebenden zuſammengezogen werden, und die Kammern werden gleichfalls zu eben derſelben Zeit ſchlagen, naͤmlich in dem zweiten und ſechsten Zeitab- ſchnitte. Wir haben hier nichts anders, als was Ni- cholls lehrt, zum Grunde geſezzet, auſſer daß wir dem Blute einen laͤngern Aufenthalt in der Lunge zugeſtan- den, da dieſer beruͤhmte Mann behauptet, daß es in einer einzigen Secunde (wenn in einer Minute 60 Pulſirun- gen geſchehen,) durch die Schlag- und Blutader der Lun- ge gehe, welches in der That eine ganz unglaubliche Ge- ſchwindigkeit iſt; da wir hingegen ſezzen, daß es in zwoen dergleichen Secunden durch die Lunge gefuͤhret werde. Solchemnach wird in den Lungenblutadern eben das ge-
ſchehen,
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Die Bewegung des Herzens.
Abwechſelung von Zuſammenziehungen jemals in beiden
Kammern ſtatt gefunden habe.
Uebrigens muͤſſen wir noch denjenigen beſondern
Scheingrund widerlegen, welcher dem Nicholls zu ſei-
ner angenommenen Meinung Anlaß gegeben hat. Man
ſezze demnach voraus, daß das rechte Herzohr in dem er-
ſten Zeitpunkte ſchlage, und ſich von ſeinem Blute entle-
dige; daß im zwoten die rechte Kammer gleichergeſtalt
zuſammengezogen und ausgeleeret werde; im dritten die
Lungenſchlagader ihr Blut in die ihr zur Geſellſchaft ge-
gebene Blutader ausſchuͤtte; im vierten die Lungenblut-
ader ihren Vorrath in den linken Sinus bringe; im
fuͤnften der linke Sinus ſein Blut in die auf eben dieſer
Seite befindliche Kammer ausleere, und im ſechſten die-
ſe Kammer ihr Blut in die Aorte ausſchuͤtte: ſo werden
auf dieſe Weiſe ohnſtreitig, wie es auch in der angenom-
menen Meinung angegeben wird, die Zeiten, wenn ſich
das rechte und linke Ohr ausleeren, auf einen Punkt fal-
len, da ſie aus 1 und 5 beſtehen, und die Zeiten, welche
ungleiche Zahlen haben, allemal in einem Punkt zuſam-
menkommen; ingleichen wird das Ohr, welches ſich in
dem erſten Zeitpunkte zuſammenziehet, wieder in dem drit-
ten, fuͤnften und ſiebenden zuſammengezogen werden, und
die Kammern werden gleichfalls zu eben derſelben Zeit
ſchlagen, naͤmlich in dem zweiten und ſechsten Zeitab-
ſchnitte. Wir haben hier nichts anders, als was Ni-
cholls lehrt, zum Grunde geſezzet, auſſer daß wir dem
Blute einen laͤngern Aufenthalt in der Lunge zugeſtan-
den, da dieſer beruͤhmte Mann behauptet, daß es in einer
einzigen Secunde (wenn in einer Minute 60 Pulſirun-
gen geſchehen,) durch die Schlag- und Blutader der Lun-
ge gehe, welches in der That eine ganz unglaubliche Ge-
ſchwindigkeit iſt; da wir hingegen ſezzen, daß es in zwoen
dergleichen Secunden durch die Lunge gefuͤhret werde.
Solchemnach wird in den Lungenblutadern eben das ge-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/861>, abgerufen am 23.11.2024.
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