Man zweifelt noch daran, ob sich auch das Herz voll- kommen ausleeret. Bei denenjenigen Thieren, die un- ter denen Versuchen sterben, bleibet wenigstens etwas Blut im Herzen zurükke, und es lässet sich dasselbe, wenn man gleich das Herz zusammenpresset, und zwischen den Fingern drükt, doch schwerlich, auch nicht einmal nach nach dem Tode, völlig heraustreiben. Also trift man ebenfalls meist in allen menschlichen Leichnamen einige Blutklümpe, oder wilde Fasergewächse (polyposa coagu- la) in den Hölen des Herzens und der Ohren an (b). Folglich haben, ausser dem ersten Leibarzt, J. Baptista Senac(c), auch ehemals Bartholinus(d), und an- dre berühmte Männer (e), vermöge derer gemachten Versuche, schlechterdings geleugnet, daß das Herz unter seiner Zusammenziehung völlig ausgeleeret würde. Jn- zwischen vermuthe ich dennoch mit gutem Grunde, daß sich das Herz unter derjenigen letzten nach und nach ab- nehmenden Zusammenziehung, welche den lezten Auf- tritt des Lebens beschliesset, aus Kraftlosigkeit nur un- vollkommen von dem Blute entledige, da ohnehin auch der Druk derer Theile, die dasselbe umgeben, aufgehoben worden: und daß sich hingegen das Herz in einem beleb- ten und gesunden Thiere, entweder vollkommen von dem Blute befreie, oder doch nur etwas ganz weniges zurükke behalte, das nicht einmal so viel, als eine Unze, beträgt (f). Es würde also vors erste, wofern eine grössere Menge Bluts im Herzen bliebe, eine beständige Reizung daraus entstehen (g), welche das Herz in einer immerzu fort dau-
renden
(b)[Spaltenumbruch]
Jm Herzen eines plözlich Verstorbnen war etwas Blut vor- handen. LancisiusObs. post Tr. de mortib. subitan. obs. 2.
(c) S. 348.
(d)Anat. tert. renov. S. 375.
(e)[Spaltenumbruch]
J. God. BrendelProgr. ad Disp. Clar. schmidtii.
(f)Senac am angef. Ort.
(g) Wie in den Experimenten 515. 516. 518. 526. 550. 551. 552. 553. Man vergleiche hiermit die Experimente 477. 507. 508. 509.
B b b 2
Die Bewegung des Herzens.
Man zweifelt noch daran, ob ſich auch das Herz voll- kommen ausleeret. Bei denenjenigen Thieren, die un- ter denen Verſuchen ſterben, bleibet wenigſtens etwas Blut im Herzen zuruͤkke, und es laͤſſet ſich daſſelbe, wenn man gleich das Herz zuſammenpreſſet, und zwiſchen den Fingern druͤkt, doch ſchwerlich, auch nicht einmal nach nach dem Tode, voͤllig heraustreiben. Alſo trift man ebenfalls meiſt in allen menſchlichen Leichnamen einige Blutkluͤmpe, oder wilde Faſergewaͤchſe (polypoſa coagu- la) in den Hoͤlen des Herzens und der Ohren an (b). Folglich haben, auſſer dem erſten Leibarzt, J. Baptiſta Senac(c), auch ehemals Bartholinus(d), und an- dre beruͤhmte Maͤnner (e), vermoͤge derer gemachten Verſuche, ſchlechterdings geleugnet, daß das Herz unter ſeiner Zuſammenziehung voͤllig ausgeleeret wuͤrde. Jn- zwiſchen vermuthe ich dennoch mit gutem Grunde, daß ſich das Herz unter derjenigen letzten nach und nach ab- nehmenden Zuſammenziehung, welche den lezten Auf- tritt des Lebens beſchlieſſet, aus Kraftloſigkeit nur un- vollkommen von dem Blute entledige, da ohnehin auch der Druk derer Theile, die daſſelbe umgeben, aufgehoben worden: und daß ſich hingegen das Herz in einem beleb- ten und geſunden Thiere, entweder vollkommen von dem Blute befreie, oder doch nur etwas ganz weniges zuruͤkke behalte, das nicht einmal ſo viel, als eine Unze, betraͤgt (f). Es wuͤrde alſo vors erſte, wofern eine groͤſſere Menge Bluts im Herzen bliebe, eine beſtaͤndige Reizung daraus entſtehen (g), welche das Herz in einer immerzu fort dau-
renden
(b)[Spaltenumbruch]
Jm Herzen eines ploͤzlich Verſtorbnen war etwas Blut vor- handen. LanciſiusObſ. poſt Tr. de mortib. ſubitan. obſ. 2.
(c) S. 348.
(d)Anat. tert. renov. S. 375.
(e)[Spaltenumbruch]
J. God. BrendelProgr. ad Diſp. Clar. schmidtii.
(f)Senac am angef. Ort.
(g) Wie in den Experimenten 515. 516. 518. 526. 550. 551. 552. 553. Man vergleiche hiermit die Experimente 477. 507. 508. 509.
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[755/0811]
Die Bewegung des Herzens.
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ter denen Verſuchen ſterben, bleibet wenigſtens etwas
Blut im Herzen zuruͤkke, und es laͤſſet ſich daſſelbe, wenn
man gleich das Herz zuſammenpreſſet, und zwiſchen den
Fingern druͤkt, doch ſchwerlich, auch nicht einmal nach
nach dem Tode, voͤllig heraustreiben. Alſo trift man
ebenfalls meiſt in allen menſchlichen Leichnamen einige
Blutkluͤmpe, oder wilde Faſergewaͤchſe (polypoſa coagu-
la) in den Hoͤlen des Herzens und der Ohren an (b).
Folglich haben, auſſer dem erſten Leibarzt, J. Baptiſta
Senac (c), auch ehemals Bartholinus (d), und an-
dre beruͤhmte Maͤnner (e), vermoͤge derer gemachten
Verſuche, ſchlechterdings geleugnet, daß das Herz unter
ſeiner Zuſammenziehung voͤllig ausgeleeret wuͤrde. Jn-
zwiſchen vermuthe ich dennoch mit gutem Grunde, daß
ſich das Herz unter derjenigen letzten nach und nach ab-
nehmenden Zuſammenziehung, welche den lezten Auf-
tritt des Lebens beſchlieſſet, aus Kraftloſigkeit nur un-
vollkommen von dem Blute entledige, da ohnehin auch
der Druk derer Theile, die daſſelbe umgeben, aufgehoben
worden: und daß ſich hingegen das Herz in einem beleb-
ten und geſunden Thiere, entweder vollkommen von dem
Blute befreie, oder doch nur etwas ganz weniges zuruͤkke
behalte, das nicht einmal ſo viel, als eine Unze, betraͤgt (f).
Es wuͤrde alſo vors erſte, wofern eine groͤſſere Menge
Bluts im Herzen bliebe, eine beſtaͤndige Reizung daraus
entſtehen (g), welche das Herz in einer immerzu fort dau-
renden
(b)
Jm Herzen eines ploͤzlich
Verſtorbnen war etwas Blut vor-
handen. Lanciſius Obſ. poſt Tr.
de mortib. ſubitan. obſ. 2.
(c) S. 348.
(d) Anat. tert. renov. S. 375.
(e)
J. God. Brendel Progr. ad
Diſp. Clar. schmidtii.
(f) Senac am angef. Ort.
(g) Wie in den Experimenten
515. 516. 518. 526. 550. 551. 552.
553. Man vergleiche hiermit die
Experimente 477. 507. 508. 509.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/811>, abgerufen am 23.11.2024.
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