widerstreiten, daß sich dieses nicht einmal vielleicht so möchte befunden haben; ich muß aber auch gestehen, daß mir nie etwas von diesem zusammengesezten schönen Baue zu Gesichte gekommen. Eben so wenig möchte ich dieje- nigen Fasern zugestehen, von denen man behauptet hat, daß sie aus den Herzkammern bis in diese Klappen liefen, und mit denselben verbunden würden (t).
Das Maas und die Grösse dieser Klappen ist hier- nächst so beschaffen, daß sie die ganze Mündung der Schlagader, wenn sie im Wasser schwimmen, und sich selbst überlassen sind, völlig verschliessen. Es wird aber diese Mündung um so viel genauer von ihnen verschlos- sen, je mehr ihre hole Seiten (sinus) ausgedehnt werden: denn es nähern sich solchergestalt, wie man leicht sehen kann, die freien Ränder der Klappen gegeneinander, und nehmen einen desto grössern Theil von der Oefnung der Schlagader im Lichten ein, je mehr sie sich von den Schlag- aderwänden zurükkeziehen, verschliessen auch endlich die ganze Röhre der Schlagader schon vorher (u), ehe sie sich noch vollkommen nach rechten Winkeln in den Schlag- adern entwikkeln. Man mag eine Schlagader entwe- der aufblasen (x), oder mit Wachs, durch einen Ast der Lungenschlagader, gegen das Herz zu aussprizzen, so ge- räth der Versuch auf beiderlei Art. Bei dieser Action sollen die erweiternde Fasern am meisten wirken, und die Klappen ausdehnen, wie einige berühmte Männer ge- schrieben haben (y); ich nehme aber diese Redensarten nur in diesem Verstande an, daß ich mir nicht einbilden kann, als ob diejenigen Fasern, welche vom Geschlechte derer weissen und ohne Reizbarkeit sind, sich zusammenziehen
solten,
(t)[Spaltenumbruch]
Wie sie Lancisius beschreibt S. 58. tab. 4. f. 4.
(u) So sehen Cowpers Figu- ren aus Tab. 40. f. 3. 5. und zwar an der Aorte. Mit den Kleeblät- [Spaltenumbruch]
tern verglich sie Nicol. habicot, Semaine anat. Journ. IV. lec. 8.
(x)rouhault Reponse S. 64. 65.
(y)MorgagniAdvers. anat. V. S. 36.
S s 3
Der Bau des Herzens.
widerſtreiten, daß ſich dieſes nicht einmal vielleicht ſo moͤchte befunden haben; ich muß aber auch geſtehen, daß mir nie etwas von dieſem zuſammengeſezten ſchoͤnen Baue zu Geſichte gekommen. Eben ſo wenig moͤchte ich dieje- nigen Faſern zugeſtehen, von denen man behauptet hat, daß ſie aus den Herzkammern bis in dieſe Klappen liefen, und mit denſelben verbunden wuͤrden (t).
Das Maas und die Groͤſſe dieſer Klappen iſt hier- naͤchſt ſo beſchaffen, daß ſie die ganze Muͤndung der Schlagader, wenn ſie im Waſſer ſchwimmen, und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſind, voͤllig verſchlieſſen. Es wird aber dieſe Muͤndung um ſo viel genauer von ihnen verſchloſ- ſen, je mehr ihre hole Seiten (ſinus) ausgedehnt werden: denn es naͤhern ſich ſolchergeſtalt, wie man leicht ſehen kann, die freien Raͤnder der Klappen gegeneinander, und nehmen einen deſto groͤſſern Theil von der Oefnung der Schlagader im Lichten ein, je mehr ſie ſich von den Schlag- aderwaͤnden zuruͤkkeziehen, verſchlieſſen auch endlich die ganze Roͤhre der Schlagader ſchon vorher (u), ehe ſie ſich noch vollkommen nach rechten Winkeln in den Schlag- adern entwikkeln. Man mag eine Schlagader entwe- der aufblaſen (x), oder mit Wachs, durch einen Aſt der Lungenſchlagader, gegen das Herz zu ausſprizzen, ſo ge- raͤth der Verſuch auf beiderlei Art. Bei dieſer Action ſollen die erweiternde Faſern am meiſten wirken, und die Klappen ausdehnen, wie einige beruͤhmte Maͤnner ge- ſchrieben haben (y); ich nehme aber dieſe Redensarten nur in dieſem Verſtande an, daß ich mir nicht einbilden kann, als ob diejenigen Faſern, welche vom Geſchlechte derer weiſſen und ohne Reizbarkeit ſind, ſich zuſammenziehen
ſolten,
(t)[Spaltenumbruch]
Wie ſie Lanciſius beſchreibt S. 58. tab. 4. f. 4.
(u) So ſehen Cowpers Figu- ren aus Tab. 40. f. 3. 5. und zwar an der Aorte. Mit den Kleeblaͤt- [Spaltenumbruch]
tern verglich ſie Nicol. habicot, Semaine anat. Journ. IV. lec. 8.
(x)rouhault Reponſe S. 64. 65.
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Der Bau des Herzens.
widerſtreiten, daß ſich dieſes nicht einmal vielleicht ſo
moͤchte befunden haben; ich muß aber auch geſtehen, daß
mir nie etwas von dieſem zuſammengeſezten ſchoͤnen Baue
zu Geſichte gekommen. Eben ſo wenig moͤchte ich dieje-
nigen Faſern zugeſtehen, von denen man behauptet hat,
daß ſie aus den Herzkammern bis in dieſe Klappen liefen,
und mit denſelben verbunden wuͤrden (t).
Das Maas und die Groͤſſe dieſer Klappen iſt hier-
naͤchſt ſo beſchaffen, daß ſie die ganze Muͤndung der
Schlagader, wenn ſie im Waſſer ſchwimmen, und ſich
ſelbſt uͤberlaſſen ſind, voͤllig verſchlieſſen. Es wird aber
dieſe Muͤndung um ſo viel genauer von ihnen verſchloſ-
ſen, je mehr ihre hole Seiten (ſinus) ausgedehnt werden:
denn es naͤhern ſich ſolchergeſtalt, wie man leicht ſehen
kann, die freien Raͤnder der Klappen gegeneinander, und
nehmen einen deſto groͤſſern Theil von der Oefnung der
Schlagader im Lichten ein, je mehr ſie ſich von den Schlag-
aderwaͤnden zuruͤkkeziehen, verſchlieſſen auch endlich die
ganze Roͤhre der Schlagader ſchon vorher (u), ehe ſie ſich
noch vollkommen nach rechten Winkeln in den Schlag-
adern entwikkeln. Man mag eine Schlagader entwe-
der aufblaſen (x), oder mit Wachs, durch einen Aſt der
Lungenſchlagader, gegen das Herz zu ausſprizzen, ſo ge-
raͤth der Verſuch auf beiderlei Art. Bei dieſer Action
ſollen die erweiternde Faſern am meiſten wirken, und die
Klappen ausdehnen, wie einige beruͤhmte Maͤnner ge-
ſchrieben haben (y); ich nehme aber dieſe Redensarten nur
in dieſem Verſtande an, daß ich mir nicht einbilden kann,
als ob diejenigen Faſern, welche vom Geſchlechte derer
weiſſen und ohne Reizbarkeit ſind, ſich zuſammenziehen
ſolten,
(t)
Wie ſie Lanciſius beſchreibt
S. 58. tab. 4. f. 4.
(u) So ſehen Cowpers Figu-
ren aus Tab. 40. f. 3. 5. und zwar
an der Aorte. Mit den Kleeblaͤt-
tern verglich ſie Nicol. habicot,
Semaine anat. Journ. IV. lec. 8.
(x) rouhault Reponſe S. 64.
65.
(y) Morgagni Adverſ. anat. V.
S. 36.
S s 3
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/701>, abgerufen am 23.11.2024.
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