Solchemnach ist also der beste Rath, um diesen Streit beizulegen, daß man aus den ächten Schriften des Hippocrates die wahre und eigentliche Meinung dieses guten Alten, von der Bewegung des Blutes in den Schlag- und Blutadern, herausziehe. Es scheinet dahero seine rechte Meinung diese zu seyn: daß der Puls vom Blute entstehe (r), welches sich in den Schlagadern nach entgegengesezter Richtung entgegen kommt, also daß ein Theil von oben herbeiströmet, ein andrer aber sich von der Schlagader wegwendet. Jn dieser Stelle scheinet er so viel zu sagen, das aufsteigende Blut thäte demjenigen Widerstand, welches aus den obern Gegen- den zurükfliesse.
An einen andern Orte lehret Hippocrates, oder we- nigstens der Verfasser des Buches, welches sich unter seinen Schriften befindet (s), mit deutlicheren Worten, daß das Blut, welches nach der Gebärmutter hinabsteigt, wenn dieses Eingeweide verstopft worden, rükwerts nach dem Herzen und Zwerchfelle zurükfliesse, welches auch von der Erkältung der Füsse so erfolgte. Hier wird offenbar ein sich entgegengesezter Lauf und Rüklauf des Blutes in einerlei Gefässen angenommen, welches, wie ich davor halte, Hippocratis wahre Thcorie, so wie es auch vor mir schon von grossen Männern ist bemerkt worden (t), zu seyn scheint, wiewol sie freilich von den Gesezzen des Umlaufes sehr merklich unterschieden ist.
§. 26.
(r)[Spaltenumbruch]Ex lib. peri topon &c. n. 6.
(s)De virginum morbis, n. 2. S. 356. Ausg. van der Linden.
(t) Besonders von D. Clericus einem sehr gelehrten und scharf- sinnigen Schriftsteller, in Histoire [Spaltenumbruch]
de la Medecine, S. 127. von SchultzenHist. Mediein. Period. I. Sect. III. J. B. Senacdu coeur, T. I. gleich im Anfange. wotto- nvs of antient and modern lear- ning, S. 210.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
Solchemnach iſt alſo der beſte Rath, um dieſen Streit beizulegen, daß man aus den aͤchten Schriften des Hippocrates die wahre und eigentliche Meinung dieſes guten Alten, von der Bewegung des Blutes in den Schlag- und Blutadern, herausziehe. Es ſcheinet dahero ſeine rechte Meinung dieſe zu ſeyn: daß der Puls vom Blute entſtehe (r), welches ſich in den Schlagadern nach entgegengeſezter Richtung entgegen kommt, alſo daß ein Theil von oben herbeiſtroͤmet, ein andrer aber ſich von der Schlagader wegwendet. Jn dieſer Stelle ſcheinet er ſo viel zu ſagen, das aufſteigende Blut thaͤte demjenigen Widerſtand, welches aus den obern Gegen- den zuruͤkflieſſe.
An einen andern Orte lehret Hippocrates, oder we- nigſtens der Verfaſſer des Buches, welches ſich unter ſeinen Schriften befindet (s), mit deutlicheren Worten, daß das Blut, welches nach der Gebaͤrmutter hinabſteigt, wenn dieſes Eingeweide verſtopft worden, ruͤkwerts nach dem Herzen und Zwerchfelle zuruͤkflieſſe, welches auch von der Erkaͤltung der Fuͤſſe ſo erfolgte. Hier wird offenbar ein ſich entgegengeſezter Lauf und Ruͤklauf des Blutes in einerlei Gefaͤſſen angenommen, welches, wie ich davor halte, Hippocratis wahre Thcorie, ſo wie es auch vor mir ſchon von groſſen Maͤnnern iſt bemerkt worden (t), zu ſeyn ſcheint, wiewol ſie freilich von den Geſezzen des Umlaufes ſehr merklich unterſchieden iſt.
§. 26.
(r)[Spaltenumbruch]Ex lib. περι τοπων &c. n. 6.
(s)De virginum morbis, n. 2. S. 356. Ausg. van der Linden.
(t) Beſonders von D. Clericus einem ſehr gelehrten und ſcharf- ſinnigen Schriftſteller, in Hiſtoire [Spaltenumbruch]
de la Medecine, S. 127. von SchultzenHiſt. Mediein. Period. I. Sect. III. J. B. Senacdu coeur, T. I. gleich im Anfange. wotto- nvs of antient and modern lear- ning, S. 210.
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Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
Solchemnach iſt alſo der beſte Rath, um dieſen
Streit beizulegen, daß man aus den aͤchten Schriften
des Hippocrates die wahre und eigentliche Meinung
dieſes guten Alten, von der Bewegung des Blutes in
den Schlag- und Blutadern, herausziehe. Es ſcheinet
dahero ſeine rechte Meinung dieſe zu ſeyn: daß der Puls
vom Blute entſtehe (r), welches ſich in den Schlagadern
nach entgegengeſezter Richtung entgegen kommt, alſo
daß ein Theil von oben herbeiſtroͤmet, ein andrer aber
ſich von der Schlagader wegwendet. Jn dieſer Stelle
ſcheinet er ſo viel zu ſagen, das aufſteigende Blut thaͤte
demjenigen Widerſtand, welches aus den obern Gegen-
den zuruͤkflieſſe.
An einen andern Orte lehret Hippocrates, oder we-
nigſtens der Verfaſſer des Buches, welches ſich unter ſeinen
Schriften befindet (s), mit deutlicheren Worten, daß
das Blut, welches nach der Gebaͤrmutter hinabſteigt,
wenn dieſes Eingeweide verſtopft worden, ruͤkwerts nach
dem Herzen und Zwerchfelle zuruͤkflieſſe, welches auch von
der Erkaͤltung der Fuͤſſe ſo erfolgte. Hier wird offenbar
ein ſich entgegengeſezter Lauf und Ruͤklauf des Blutes in
einerlei Gefaͤſſen angenommen, welches, wie ich davor
halte, Hippocratis wahre Thcorie, ſo wie es auch vor
mir ſchon von groſſen Maͤnnern iſt bemerkt worden (t),
zu ſeyn ſcheint, wiewol ſie freilich von den Geſezzen des
Umlaufes ſehr merklich unterſchieden iſt.
§. 26.
(r)
Ex lib. περι τοπων &c. n. 6.
(s) De virginum morbis, n. 2.
S. 356. Ausg. van der Linden.
(t) Beſonders von D. Clericus
einem ſehr gelehrten und ſcharf-
ſinnigen Schriftſteller, in Hiſtoire
de la Medecine, S. 127. von
Schultzen Hiſt. Mediein. Period.
I. Sect. III. J. B. Senac du coeur,
T. I. gleich im Anfange. wotto-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/516>, abgerufen am 23.11.2024.
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