des Herzens in die Aorte herüber gehen: man rechne für eine Minute achzig Pulsschläge, so viel ich an mir we- nigstens, wenn ich mich bei mittelmäßiger Gesundheit befinde, gezählet habe; so werden es 9600 Unzen seyn, die das Herz alle Stunden in die Aorte treibet, und die sich in dem Schlagadersisteme vertheilen, mithin werden in einen natürlichen Tag 14400 Pfunde Blut her- auskommen, welche die linke Herzkammer weiter forttrei- bet.
Man sezze nun ferner, daß in vier und zwanzig Stunden an Essen und Trinken 128 Unzen genossen wer- den, indem wenig Menschen gleichen Appetit mit dem Sanctorius gehabt haben: so wird ein grosser Theil von diesen Unzen durch verschiedne Auswurfswege, und die unempfindliche Ausdünstung, aus dem Körper fortge- schaft. Man nehme an, daß gar nichts davon abgehe, daß die Speise und das Getränke völlig in das Blut kom- me, so erhellet hieraus dennoch, daß die Menge Speise überhaupt gar kein Verhältnis zu dem Blute habe, und daß allererst in 600 Tagen soviel Speisesaft oder Blut erzeuget werde, als auf einen Tag erfordert wird, um dem Herzen denjenigen Vorrath zuzuführen, welchen es bei einem gesunden Menschen wieder forttreibet.
Nun ist noch übrig, daß das Blut, welches die Aorte von dem Herzen empfangen, wieder zum Herzen zurükkehre: es kann aber durch keinen andern Weg etwas zum Herzen kommen, als durch die Blutadern, indem sonst kein Gefässe von einer andren Art in dasselbe hin- eingehet. Folglich muß also nothwendig die Menge Bluts, die aus dem Herzen herausgehet, und die von den Schlagadern aufgenommen wird, wiederum in die Blutadern übergehen, damit es durch dieselben wieder in das Herz gelangen, und diesen Blutbehälter mit neuen Vorrath versehen könne. Es solte billig dieser Be-
weis
D d 2
durch die Schlag-in die Blutadern.
des Herzens in die Aorte heruͤber gehen: man rechne fuͤr eine Minute achzig Pulsſchlaͤge, ſo viel ich an mir we- nigſtens, wenn ich mich bei mittelmaͤßiger Geſundheit befinde, gezaͤhlet habe; ſo werden es 9600 Unzen ſeyn, die das Herz alle Stunden in die Aorte treibet, und die ſich in dem Schlagaderſiſteme vertheilen, mithin werden in einen natuͤrlichen Tag 14400 Pfunde Blut her- auskommen, welche die linke Herzkammer weiter forttrei- bet.
Man ſezze nun ferner, daß in vier und zwanzig Stunden an Eſſen und Trinken 128 Unzen genoſſen wer- den, indem wenig Menſchen gleichen Appetit mit dem Sanctorius gehabt haben: ſo wird ein groſſer Theil von dieſen Unzen durch verſchiedne Auswurfswege, und die unempfindliche Ausduͤnſtung, aus dem Koͤrper fortge- ſchaft. Man nehme an, daß gar nichts davon abgehe, daß die Speiſe und das Getraͤnke voͤllig in das Blut kom- me, ſo erhellet hieraus dennoch, daß die Menge Speiſe uͤberhaupt gar kein Verhaͤltnis zu dem Blute habe, und daß allererſt in 600 Tagen ſoviel Speiſeſaft oder Blut erzeuget werde, als auf einen Tag erfordert wird, um dem Herzen denjenigen Vorrath zuzufuͤhren, welchen es bei einem geſunden Menſchen wieder forttreibet.
Nun iſt noch uͤbrig, daß das Blut, welches die Aorte von dem Herzen empfangen, wieder zum Herzen zuruͤkkehre: es kann aber durch keinen andern Weg etwas zum Herzen kommen, als durch die Blutadern, indem ſonſt kein Gefaͤſſe von einer andren Art in daſſelbe hin- eingehet. Folglich muß alſo nothwendig die Menge Bluts, die aus dem Herzen herausgehet, und die von den Schlagadern aufgenommen wird, wiederum in die Blutadern uͤbergehen, damit es durch dieſelben wieder in das Herz gelangen, und dieſen Blutbehaͤlter mit neuen Vorrath verſehen koͤnne. Es ſolte billig dieſer Be-
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durch die Schlag-in die Blutadern.
des Herzens in die Aorte heruͤber gehen: man rechne fuͤr
eine Minute achzig Pulsſchlaͤge, ſo viel ich an mir we-
nigſtens, wenn ich mich bei mittelmaͤßiger Geſundheit
befinde, gezaͤhlet habe; ſo werden es 9600 Unzen ſeyn,
die das Herz alle Stunden in die Aorte treibet, und die
ſich in dem Schlagaderſiſteme vertheilen, mithin werden
in einen natuͤrlichen Tag 14400 Pfunde Blut her-
auskommen, welche die linke Herzkammer weiter forttrei-
bet.
Man ſezze nun ferner, daß in vier und zwanzig
Stunden an Eſſen und Trinken 128 Unzen genoſſen wer-
den, indem wenig Menſchen gleichen Appetit mit dem
Sanctorius gehabt haben: ſo wird ein groſſer Theil von
dieſen Unzen durch verſchiedne Auswurfswege, und die
unempfindliche Ausduͤnſtung, aus dem Koͤrper fortge-
ſchaft. Man nehme an, daß gar nichts davon abgehe,
daß die Speiſe und das Getraͤnke voͤllig in das Blut kom-
me, ſo erhellet hieraus dennoch, daß die Menge Speiſe
uͤberhaupt gar kein Verhaͤltnis zu dem Blute habe, und
daß allererſt in 600 Tagen ſoviel Speiſeſaft oder Blut
erzeuget werde, als auf einen Tag erfordert wird, um
dem Herzen denjenigen Vorrath zuzufuͤhren, welchen es
bei einem geſunden Menſchen wieder forttreibet.
Nun iſt noch uͤbrig, daß das Blut, welches die
Aorte von dem Herzen empfangen, wieder zum Herzen
zuruͤkkehre: es kann aber durch keinen andern Weg etwas
zum Herzen kommen, als durch die Blutadern, indem
ſonſt kein Gefaͤſſe von einer andren Art in daſſelbe hin-
eingehet. Folglich muß alſo nothwendig die Menge
Bluts, die aus dem Herzen herausgehet, und die von
den Schlagadern aufgenommen wird, wiederum in die
Blutadern uͤbergehen, damit es durch dieſelben wieder in
das Herz gelangen, und dieſen Blutbehaͤlter mit neuen
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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