gung der Flieswasseräste, die sich, wie man gewiß weiß, aus allen Theilen des thierischen Körpers allmälich in grössere Stämme zusammen begeben, und von da weiter in den Brustkanal gehen, die ganz offenbare Aehnlich- keit, welche zwischen diesem Kanale und der Holader statt findet. Ferner habe ich die beständige Uebereinstim- mung betrachtet, welche die Natur zu beobachten pflegt, indem sie niemals ganz kleine, auch selbst rothe Adern, in die gröste Stämme einsenkt, sondern sie so lange zu- sammen vereiniget, bis sie allmälich grösser werden, und denen grossen, in welche sie sich endigen sollen, in Anse- hung ihres Durchmessers etwas näher kommen. Zu die- ser Erfahrung kömmt noch, daß kleine Adern ihr Blut mit grösserer Schwierigkeit in grosse Stämme ausschüt- ten (h). Ferner gehet der Nahrungssaftsgang im Un- terleibe offenbar ganz nahe vor der Holader vorbei, und wendet sich, wie ganz wahrscheinlich zu vermuthen ist, darum nach der sehr weit entfernten Schlüsselader hin, damit er sich dem Kopfe, dem Halse und den obern Glied- massen nähern, und die Flieswassergefässe von diesen Thei- len desto bequemer aufnehmen könne.
Diesem wird noch erlaubt seyn beizufügen, daß ich niemals auch nur ein einziges Gefäschen entdekket ha- be, welches sich wirklich und in der That in eine rothe Blutader geendigt hätte, und daß ich keineswegs, ohne des Beifalls berühmter Männer versichert zu seyn (i), diese Endigungen der Wassergefässe verwerfe.
Erwägt man dieses alles, so wird es sehr wahr- scheinlich, daß sich das aus dem ganzen menschlichen Körper zurükkehrende Flieswasser vorher in dem Brust- kanale versammle, bevor dasselbe wieder zur Blutmasse
kömmt.
(h)Second Memoire sur le mouvem. du sang. Exp. 137. 144.
(i)bohn Circul. anat. S. 161.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
gung der Flieswaſſeraͤſte, die ſich, wie man gewiß weiß, aus allen Theilen des thieriſchen Koͤrpers allmaͤlich in groͤſſere Staͤmme zuſammen begeben, und von da weiter in den Bruſtkanal gehen, die ganz offenbare Aehnlich- keit, welche zwiſchen dieſem Kanale und der Holader ſtatt findet. Ferner habe ich die beſtaͤndige Uebereinſtim- mung betrachtet, welche die Natur zu beobachten pflegt, indem ſie niemals ganz kleine, auch ſelbſt rothe Adern, in die groͤſte Staͤmme einſenkt, ſondern ſie ſo lange zu- ſammen vereiniget, bis ſie allmaͤlich groͤſſer werden, und denen groſſen, in welche ſie ſich endigen ſollen, in Anſe- hung ihres Durchmeſſers etwas naͤher kommen. Zu die- ſer Erfahrung koͤmmt noch, daß kleine Adern ihr Blut mit groͤſſerer Schwierigkeit in groſſe Staͤmme ausſchuͤt- ten (h). Ferner gehet der Nahrungsſaftsgang im Un- terleibe offenbar ganz nahe vor der Holader vorbei, und wendet ſich, wie ganz wahrſcheinlich zu vermuthen iſt, darum nach der ſehr weit entfernten Schluͤſſelader hin, damit er ſich dem Kopfe, dem Halſe und den obern Glied- maſſen naͤhern, und die Flieswaſſergefaͤſſe von dieſen Thei- len deſto bequemer aufnehmen koͤnne.
Dieſem wird noch erlaubt ſeyn beizufuͤgen, daß ich niemals auch nur ein einziges Gefaͤschen entdekket ha- be, welches ſich wirklich und in der That in eine rothe Blutader geendigt haͤtte, und daß ich keineswegs, ohne des Beifalls beruͤhmter Maͤnner verſichert zu ſeyn (i), dieſe Endigungen der Waſſergefaͤſſe verwerfe.
Erwaͤgt man dieſes alles, ſo wird es ſehr wahr- ſcheinlich, daß ſich das aus dem ganzen menſchlichen Koͤrper zuruͤkkehrende Flieswaſſer vorher in dem Bruſt- kanale verſammle, bevor daſſelbe wieder zur Blutmaſſe
koͤmmt.
(h)Second Memoire ſur le mouvem. du ſang. Exp. 137. 144.
(i)bohn Circul. anat. S. 161.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
gung der Flieswaſſeraͤſte, die ſich, wie man gewiß weiß,
aus allen Theilen des thieriſchen Koͤrpers allmaͤlich in
groͤſſere Staͤmme zuſammen begeben, und von da weiter
in den Bruſtkanal gehen, die ganz offenbare Aehnlich-
keit, welche zwiſchen dieſem Kanale und der Holader ſtatt
findet. Ferner habe ich die beſtaͤndige Uebereinſtim-
mung betrachtet, welche die Natur zu beobachten pflegt,
indem ſie niemals ganz kleine, auch ſelbſt rothe Adern,
in die groͤſte Staͤmme einſenkt, ſondern ſie ſo lange zu-
ſammen vereiniget, bis ſie allmaͤlich groͤſſer werden, und
denen groſſen, in welche ſie ſich endigen ſollen, in Anſe-
hung ihres Durchmeſſers etwas naͤher kommen. Zu die-
ſer Erfahrung koͤmmt noch, daß kleine Adern ihr Blut
mit groͤſſerer Schwierigkeit in groſſe Staͤmme ausſchuͤt-
ten (h). Ferner gehet der Nahrungsſaftsgang im Un-
terleibe offenbar ganz nahe vor der Holader vorbei, und
wendet ſich, wie ganz wahrſcheinlich zu vermuthen iſt,
darum nach der ſehr weit entfernten Schluͤſſelader hin,
damit er ſich dem Kopfe, dem Halſe und den obern Glied-
maſſen naͤhern, und die Flieswaſſergefaͤſſe von dieſen Thei-
len deſto bequemer aufnehmen koͤnne.
Dieſem wird noch erlaubt ſeyn beizufuͤgen, daß
ich niemals auch nur ein einziges Gefaͤschen entdekket ha-
be, welches ſich wirklich und in der That in eine rothe
Blutader geendigt haͤtte, und daß ich keineswegs, ohne
des Beifalls beruͤhmter Maͤnner verſichert zu ſeyn (i),
dieſe Endigungen der Waſſergefaͤſſe verwerfe.
Erwaͤgt man dieſes alles, ſo wird es ſehr wahr-
ſcheinlich, daß ſich das aus dem ganzen menſchlichen
Koͤrper zuruͤkkehrende Flieswaſſer vorher in dem Bruſt-
kanale verſammle, bevor daſſelbe wieder zur Blutmaſſe
koͤmmt.
(h) Second Memoire ſur le mouvem. du ſang. Exp. 137. 144.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/394>, abgerufen am 24.11.2024.
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