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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Zweites Buch. Gefässe.
diese, wenn man sie ein wenig zu sehr ausdehnt, leicht
zerreissen. Am leichtesten zerberstet ohnfehlbar die Aor-
te unter dem Zwerchfelle, wenn man Wachs in dieselbe
treibt. Noch unglaublicher sind die langsam entstandene
Ausdehnungen der Blutadern, welche von Krankheiten
herrühren, und ein Genesungsmittel bey einer Wunde
oder Verstopfung abgeben. Jch habe gesehen, daß die
Saamenblutader alles Blut von der Holader zurükge-
führt, und eine Oefnung von der Grösse eines Zolles er-
langet hatte (m), indem sie hundert und tausendmal grös-
ser geworden, als es ihr natürlicher Zustand erfordert.
Bey anderer Gelegenheit werde ich zeigen, daß die Blut-
adern in den Schwangern eine Veränderung leiden, und
gleichsam zu Adergängen (sinus) werden. Genauer hat
Steph. Hales seine Beobachtung an der Drosselader
gemacht, als welche den Druk von einer 175 schuhigen
Wassersäule (n), ohne zu zerreissen, aushielte, da das
Gewicht einer Wassersäule von 190 Schuhen in der That
die Halsschlagader (carotis) zerriß (o), ohnerachtet sie un-
gleich dikkere Membranen erhalten hat. Es ist aber die-
ses alles mit viel grösserer Sorgfalt von dem kurz vorher
angeführten vortreflichen Clifton Wintringham erläu-
tert worden.

Die Holader eines Widders zerriß nahe am Ursprun-
ge der Nierenblutadern nicht eher, als bis man an die-
selbe ein Gewicht von 176 und ein Viertheil Pfunden
angebracht hatte (p). Da aber die Schlagader aus eben
dieser Gegend von 158 Pf. 11 Unzen zerrissen wird, so
verhält sich die Stärke dieser Blutader zu ihrer Neben-
schlagader, wie 1110 zu 1000 (q).

An
(m) [Spaltenumbruch] Opusc. pathol. obs. 20.
(n) Haemastatiks S. 159.
(o) Ebendas. 155.
(p) [Spaltenumbruch] Exper. 21.
(q) Ebendas.

Zweites Buch. Gefaͤſſe.
dieſe, wenn man ſie ein wenig zu ſehr ausdehnt, leicht
zerreiſſen. Am leichteſten zerberſtet ohnfehlbar die Aor-
te unter dem Zwerchfelle, wenn man Wachs in dieſelbe
treibt. Noch unglaublicher ſind die langſam entſtandene
Ausdehnungen der Blutadern, welche von Krankheiten
herruͤhren, und ein Geneſungsmittel bey einer Wunde
oder Verſtopfung abgeben. Jch habe geſehen, daß die
Saamenblutader alles Blut von der Holader zuruͤkge-
fuͤhrt, und eine Oefnung von der Groͤſſe eines Zolles er-
langet hatte (m), indem ſie hundert und tauſendmal groͤſ-
ſer geworden, als es ihr natuͤrlicher Zuſtand erfordert.
Bey anderer Gelegenheit werde ich zeigen, daß die Blut-
adern in den Schwangern eine Veraͤnderung leiden, und
gleichſam zu Adergaͤngen (ſinus) werden. Genauer hat
Steph. Hales ſeine Beobachtung an der Droſſelader
gemacht, als welche den Druk von einer 175 ſchuhigen
Waſſerſaͤule (n), ohne zu zerreiſſen, aushielte, da das
Gewicht einer Waſſerſaͤule von 190 Schuhen in der That
die Halsſchlagader (carotis) zerriß (o), ohnerachtet ſie un-
gleich dikkere Membranen erhalten hat. Es iſt aber die-
ſes alles mit viel groͤſſerer Sorgfalt von dem kurz vorher
angefuͤhrten vortreflichen Clifton Wintringham erlaͤu-
tert worden.

Die Holader eines Widders zerriß nahe am Urſprun-
ge der Nierenblutadern nicht eher, als bis man an die-
ſelbe ein Gewicht von 176 und ein Viertheil Pfunden
angebracht hatte (p). Da aber die Schlagader aus eben
dieſer Gegend von 158 Pf. 11 Unzen zerriſſen wird, ſo
verhaͤlt ſich die Staͤrke dieſer Blutader zu ihrer Neben-
ſchlagader, wie 1110 zu 1000 (q).

An
(m) [Spaltenumbruch] Opuſc. pathol. obſ. 20.
(n) Hæmaſtatiks S. 159.
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[240/0296] Zweites Buch. Gefaͤſſe. dieſe, wenn man ſie ein wenig zu ſehr ausdehnt, leicht zerreiſſen. Am leichteſten zerberſtet ohnfehlbar die Aor- te unter dem Zwerchfelle, wenn man Wachs in dieſelbe treibt. Noch unglaublicher ſind die langſam entſtandene Ausdehnungen der Blutadern, welche von Krankheiten herruͤhren, und ein Geneſungsmittel bey einer Wunde oder Verſtopfung abgeben. Jch habe geſehen, daß die Saamenblutader alles Blut von der Holader zuruͤkge- fuͤhrt, und eine Oefnung von der Groͤſſe eines Zolles er- langet hatte (m), indem ſie hundert und tauſendmal groͤſ- ſer geworden, als es ihr natuͤrlicher Zuſtand erfordert. Bey anderer Gelegenheit werde ich zeigen, daß die Blut- adern in den Schwangern eine Veraͤnderung leiden, und gleichſam zu Adergaͤngen (ſinus) werden. Genauer hat Steph. Hales ſeine Beobachtung an der Droſſelader gemacht, als welche den Druk von einer 175 ſchuhigen Waſſerſaͤule (n), ohne zu zerreiſſen, aushielte, da das Gewicht einer Waſſerſaͤule von 190 Schuhen in der That die Halsſchlagader (carotis) zerriß (o), ohnerachtet ſie un- gleich dikkere Membranen erhalten hat. Es iſt aber die- ſes alles mit viel groͤſſerer Sorgfalt von dem kurz vorher angefuͤhrten vortreflichen Clifton Wintringham erlaͤu- tert worden. Die Holader eines Widders zerriß nahe am Urſprun- ge der Nierenblutadern nicht eher, als bis man an die- ſelbe ein Gewicht von 176 und ein Viertheil Pfunden angebracht hatte (p). Da aber die Schlagader aus eben dieſer Gegend von 158 Pf. 11 Unzen zerriſſen wird, ſo verhaͤlt ſich die Staͤrke dieſer Blutader zu ihrer Neben- ſchlagader, wie 1110 zu 1000 (q). An (m) Opuſc. pathol. obſ. 20. (n) Hæmaſtatiks S. 159. (o) Ebendaſ. 155. (p) Exper. 21. (q) Ebendaſ.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/296>, abgerufen am 11.05.2024.