Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweites Buch. Gefässe.
dern Geschlechte gewesen, als die rothen sind. Hein-
rich Power hat vorlängst gemeldet, daß die kleinsten
Gefässe durchsichtig wären, wenn sie gleich Blut enthal-
ten hätten, und das mit gutem Rechte, weil die Blut-
kügelchen gemeiniglich blaß sind (h), wenn sie sich einzeln
fortbewegen. Dieses Beweisthums bedienten sich die
berühmten Männer, J. Besse (i), Joh. Bapt. Se-
nak
(k), und Franz Quesnay (l), nebst einem andern
ungenanten Verfasser (m), und sie hielten die Gefässe des
Auges, oder andrer Membranen, welche von Entzün-
dungen oder anatomischen Einsprizzungen gleichsam ganz
neu erst entstehen, für kleine Schlagäderchen, welche
nur eine Reihe von Kügelchen durchgehen lassen, und
aus dem Grunde durchsichtig und unsichtbar wären. Jch
finde auch selbst allezeit, daß sich dergleichen Schlag-
und Blutäderchen in der That an lebendigen Thieren be-
ständig dem Gesichte entziehen (n), als zum Exempel an
der Gekrösfläche, welche blos und ohne Gefässe zu seyn
scheint, wo man aber vermittelst der Vergrösserungs-
gläser kleine Kanälchen entdekket, deren Weite mit dem
Durchmesser eines Kügelchen einerlei ist.

Ferner sind die mehresten, und vielleicht alle Entzün-
dungen, nicht von einerlei Art, was nämlich das in un-
verlezten Gefässen stokkende Blut betrift. Betrachtet
man die Röthe eines entzündeten Fingers, oder einer in
solchen Zustand befindlichen Membrane, so findet man
diese Theile nicht dergestalt mit Gefässen bedekket, daß
man farbenlose Zwischenräume dazwischen wahrnehmen
sollte, wie es sonst am Auge zu geschehen pflegt. Der

ent-
(h) [Spaltenumbruch] Microscopial experiments.
S. 59.
(i) Lettre a M. helvetivs.
S. 190.
(k) Traite du coeur. T. II. S.
667. u. f.
(l) Tr. de la faignee, neuste
[Spaltenumbruch] Ausg. S. 354. de la suppurat.
266. 279.
(m) Lettre sur le nouveau sy-
steme de la voix.
S. 55.
(n) Premier Memoire sur le
mouvem. du sang.
S. 14. 15.

Zweites Buch. Gefaͤſſe.
dern Geſchlechte geweſen, als die rothen ſind. Hein-
rich Power hat vorlaͤngſt gemeldet, daß die kleinſten
Gefaͤſſe durchſichtig waͤren, wenn ſie gleich Blut enthal-
ten haͤtten, und das mit gutem Rechte, weil die Blut-
kuͤgelchen gemeiniglich blaß ſind (h), wenn ſie ſich einzeln
fortbewegen. Dieſes Beweisthums bedienten ſich die
beruͤhmten Maͤnner, J. Beſſe (i), Joh. Bapt. Se-
nak
(k), und Franz Quesnay (l), nebſt einem andern
ungenanten Verfaſſer (m), und ſie hielten die Gefaͤſſe des
Auges, oder andrer Membranen, welche von Entzuͤn-
dungen oder anatomiſchen Einſprizzungen gleichſam ganz
neu erſt entſtehen, fuͤr kleine Schlagaͤderchen, welche
nur eine Reihe von Kuͤgelchen durchgehen laſſen, und
aus dem Grunde durchſichtig und unſichtbar waͤren. Jch
finde auch ſelbſt allezeit, daß ſich dergleichen Schlag-
und Blutaͤderchen in der That an lebendigen Thieren be-
ſtaͤndig dem Geſichte entziehen (n), als zum Exempel an
der Gekroͤsflaͤche, welche blos und ohne Gefaͤſſe zu ſeyn
ſcheint, wo man aber vermittelſt der Vergroͤſſerungs-
glaͤſer kleine Kanaͤlchen entdekket, deren Weite mit dem
Durchmeſſer eines Kuͤgelchen einerlei iſt.

Ferner ſind die mehreſten, und vielleicht alle Entzuͤn-
dungen, nicht von einerlei Art, was naͤmlich das in un-
verlezten Gefaͤſſen ſtokkende Blut betrift. Betrachtet
man die Roͤthe eines entzuͤndeten Fingers, oder einer in
ſolchen Zuſtand befindlichen Membrane, ſo findet man
dieſe Theile nicht dergeſtalt mit Gefaͤſſen bedekket, daß
man farbenloſe Zwiſchenraͤume dazwiſchen wahrnehmen
ſollte, wie es ſonſt am Auge zu geſchehen pflegt. Der

ent-
(h) [Spaltenumbruch] Microſcopial experiments.
S. 59.
(i) Lettre a M. helvetivs.
S. 190.
(k) Traité du coeur. T. II. S.
667. u. f.
(l) Tr. de la faignée, neuſte
[Spaltenumbruch] Ausg. S. 354. de la ſuppurat.
266. 279.
(m) Lettre ſur le nouveau ſy-
ſteme de la voix.
S. 55.
(n) Premier Memoire ſur le
mouvem. du ſang.
S. 14. 15.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0272" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweites Buch. Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
dern Ge&#x017F;chlechte gewe&#x017F;en, als die rothen &#x017F;ind. Hein-<lb/>
rich <hi rendition="#fr">Power</hi> hat vorla&#x0364;ng&#x017F;t gemeldet, daß die klein&#x017F;ten<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e durch&#x017F;ichtig wa&#x0364;ren, wenn &#x017F;ie gleich Blut enthal-<lb/>
ten ha&#x0364;tten, und das mit gutem Rechte, weil die Blut-<lb/>
ku&#x0364;gelchen gemeiniglich blaß &#x017F;ind <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">Micro&#x017F;copial experiments.</hi><lb/>
S. 59.</note>, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich einzeln<lb/>
fortbewegen. Die&#x017F;es Beweisthums bedienten &#x017F;ich die<lb/>
beru&#x0364;hmten Ma&#x0364;nner, J. <hi rendition="#fr">Be&#x017F;&#x017F;e</hi> <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">Lettre a M. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">helvetivs.</hi></hi></hi><lb/>
S. 190.</note>, Joh. Bapt. <hi rendition="#fr">Se-<lb/>
nak</hi> <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq">Traité du coeur. T. II.</hi> S.<lb/>
667. u. f.</note>, und Franz <hi rendition="#fr">Quesnay</hi> <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Tr. de la faignée,</hi> neu&#x017F;te<lb/><cb/>
Ausg. S. 354. <hi rendition="#aq">de la &#x017F;uppurat.</hi><lb/>
266. 279.</note>, neb&#x017F;t einem andern<lb/>
ungenanten Verfa&#x017F;&#x017F;er <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">Lettre &#x017F;ur le nouveau &#x017F;y-<lb/>
&#x017F;teme de la voix.</hi> S. 55.</note>, und &#x017F;ie hielten die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
Auges, oder andrer Membranen, welche von Entzu&#x0364;n-<lb/>
dungen oder anatomi&#x017F;chen Ein&#x017F;prizzungen gleich&#x017F;am ganz<lb/>
neu er&#x017F;t ent&#x017F;tehen, fu&#x0364;r kleine Schlaga&#x0364;derchen, welche<lb/>
nur eine Reihe von Ku&#x0364;gelchen durchgehen la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
aus dem Grunde durch&#x017F;ichtig und un&#x017F;ichtbar wa&#x0364;ren. Jch<lb/>
finde auch &#x017F;elb&#x017F;t allezeit, daß &#x017F;ich dergleichen Schlag-<lb/>
und Bluta&#x0364;derchen in der That an lebendigen Thieren be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig dem Ge&#x017F;ichte entziehen <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Premier Memoire &#x017F;ur le<lb/>
mouvem. du &#x017F;ang.</hi> S. 14. 15.</note>, als zum Exempel an<lb/>
der Gekro&#x0364;sfla&#x0364;che, welche blos und ohne Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;cheint, wo man aber vermittel&#x017F;t der Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-<lb/>
gla&#x0364;&#x017F;er kleine Kana&#x0364;lchen entdekket, deren Weite mit dem<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er eines Ku&#x0364;gelchen einerlei i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Ferner &#x017F;ind die mehre&#x017F;ten, und vielleicht alle Entzu&#x0364;n-<lb/>
dungen, nicht von einerlei Art, was na&#x0364;mlich das in un-<lb/>
verlezten Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tokkende Blut betrift. Betrachtet<lb/>
man die Ro&#x0364;the eines entzu&#x0364;ndeten Fingers, oder einer in<lb/>
&#x017F;olchen Zu&#x017F;tand befindlichen Membrane, &#x017F;o findet man<lb/>
die&#x017F;e Theile nicht derge&#x017F;talt mit Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bedekket, daß<lb/>
man farbenlo&#x017F;e Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume dazwi&#x017F;chen wahrnehmen<lb/>
&#x017F;ollte, wie es &#x017F;on&#x017F;t am Auge zu ge&#x017F;chehen pflegt. Der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ent-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0272] Zweites Buch. Gefaͤſſe. dern Geſchlechte geweſen, als die rothen ſind. Hein- rich Power hat vorlaͤngſt gemeldet, daß die kleinſten Gefaͤſſe durchſichtig waͤren, wenn ſie gleich Blut enthal- ten haͤtten, und das mit gutem Rechte, weil die Blut- kuͤgelchen gemeiniglich blaß ſind (h), wenn ſie ſich einzeln fortbewegen. Dieſes Beweisthums bedienten ſich die beruͤhmten Maͤnner, J. Beſſe (i), Joh. Bapt. Se- nak (k), und Franz Quesnay (l), nebſt einem andern ungenanten Verfaſſer (m), und ſie hielten die Gefaͤſſe des Auges, oder andrer Membranen, welche von Entzuͤn- dungen oder anatomiſchen Einſprizzungen gleichſam ganz neu erſt entſtehen, fuͤr kleine Schlagaͤderchen, welche nur eine Reihe von Kuͤgelchen durchgehen laſſen, und aus dem Grunde durchſichtig und unſichtbar waͤren. Jch finde auch ſelbſt allezeit, daß ſich dergleichen Schlag- und Blutaͤderchen in der That an lebendigen Thieren be- ſtaͤndig dem Geſichte entziehen (n), als zum Exempel an der Gekroͤsflaͤche, welche blos und ohne Gefaͤſſe zu ſeyn ſcheint, wo man aber vermittelſt der Vergroͤſſerungs- glaͤſer kleine Kanaͤlchen entdekket, deren Weite mit dem Durchmeſſer eines Kuͤgelchen einerlei iſt. Ferner ſind die mehreſten, und vielleicht alle Entzuͤn- dungen, nicht von einerlei Art, was naͤmlich das in un- verlezten Gefaͤſſen ſtokkende Blut betrift. Betrachtet man die Roͤthe eines entzuͤndeten Fingers, oder einer in ſolchen Zuſtand befindlichen Membrane, ſo findet man dieſe Theile nicht dergeſtalt mit Gefaͤſſen bedekket, daß man farbenloſe Zwiſchenraͤume dazwiſchen wahrnehmen ſollte, wie es ſonſt am Auge zu geſchehen pflegt. Der ent- (h) Microſcopial experiments. S. 59. (i) Lettre a M. helvetivs. S. 190. (k) Traité du coeur. T. II. S. 667. u. f. (l) Tr. de la faignée, neuſte Ausg. S. 354. de la ſuppurat. 266. 279. (m) Lettre ſur le nouveau ſy- ſteme de la voix. S. 55. (n) Premier Memoire ſur le mouvem. du ſang. S. 14. 15.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/272
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/272>, abgerufen am 25.11.2024.