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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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des menschlichen Körpers. Fett.
diese Durchschwizzung nicht zugestanden haben (f). Jn-
zwischen dringt doch gleichwol das Mark in todten Kör-
pern eben so wohl durch den knorplichen Ueberzug, färbt
denselben gelb, und bahnet sich also einen freyen Weg
nach der Höle des Gelenkes. Ferner hat der berühmte
Bened. Staehelin, unser ehemalige Freund, beobach-
tet, daß ein röthlicher Saft, in den man den Knorpel
des Knochenanhängsels geworfen hatte, durch diese Bedek-
kung, ingleichen durch ziemlich weite Knochenvertiefungen,
bis in die Höle des Markes selbst durchgedrungen sey, so
wie er sonst auch durch die Eierschalen zu dringen pflegt:
und diesen Versuch theilte mir, so viel ich mich erinnere,
dieser vortrefliche Mann in einem Schreiben mit. An
dem Oberarmknochen und der Hüfte des Pferdes beschrei-
bet Clopton Havers deutliche Schweislöcher, welche
sich von dem Marke nach der Höle der Gelenkkapsel hin-
wenden (g). Vermittelst dieses Weges, glaubet der be-
rühmte Senak, daß die Thiere ihr Mark nach langen
Arbeiten und Reisen verlieren (h).

Nachdem wir also den Nuzzen des Fettes gezeiget,
so müssen wir nun auch einige Fehler und Ausartungen
desselben anführen. Das Fett hat nämlich sein vorge-
schriebnes gewisses Maas, welches berühmte Männer
in erwachsenen Personen auf 8 Pfunde gesezzet haben (i).
Dieses Maas wird bisweilen sowohl bey Menschen, als
Thieren, überschritten, als welche sowohl von narhaften
Speisen, als einer langen Gemüts- oder Leibesruhe, zu-
mal wenn beide auf eine vorgängige arbeitsame Lebensart
folgen, eine ungeheure Menge Fett anlegen, wie man an
den Rindern Beispiele hat, die, wenn sie vom Pfluge
hinweggenommen und auf schöne Wiesen gebracht wer-

den,
(f) [Spaltenumbruch] Grüzmacher n. 20.
(g) Angef. Ort.
(h) [Spaltenumbruch] Senak über Bertins
Osteolog. S. 61.
(i) quesnay sur la saignee
ed. nov.
S. 145.

des menſchlichen Koͤrpers. Fett.
dieſe Durchſchwizzung nicht zugeſtanden haben (f). Jn-
zwiſchen dringt doch gleichwol das Mark in todten Koͤr-
pern eben ſo wohl durch den knorplichen Ueberzug, faͤrbt
denſelben gelb, und bahnet ſich alſo einen freyen Weg
nach der Hoͤle des Gelenkes. Ferner hat der beruͤhmte
Bened. Staehelin, unſer ehemalige Freund, beobach-
tet, daß ein roͤthlicher Saft, in den man den Knorpel
des Knochenanhaͤngſels geworfen hatte, durch dieſe Bedek-
kung, ingleichen durch ziemlich weite Knochenvertiefungen,
bis in die Hoͤle des Markes ſelbſt durchgedrungen ſey, ſo
wie er ſonſt auch durch die Eierſchalen zu dringen pflegt:
und dieſen Verſuch theilte mir, ſo viel ich mich erinnere,
dieſer vortrefliche Mann in einem Schreiben mit. An
dem Oberarmknochen und der Huͤfte des Pferdes beſchrei-
bet Clopton Havers deutliche Schweisloͤcher, welche
ſich von dem Marke nach der Hoͤle der Gelenkkapſel hin-
wenden (g). Vermittelſt dieſes Weges, glaubet der be-
ruͤhmte Senak, daß die Thiere ihr Mark nach langen
Arbeiten und Reiſen verlieren (h).

Nachdem wir alſo den Nuzzen des Fettes gezeiget,
ſo muͤſſen wir nun auch einige Fehler und Ausartungen
deſſelben anfuͤhren. Das Fett hat naͤmlich ſein vorge-
ſchriebnes gewiſſes Maas, welches beruͤhmte Maͤnner
in erwachſenen Perſonen auf 8 Pfunde geſezzet haben (i).
Dieſes Maas wird bisweilen ſowohl bey Menſchen, als
Thieren, uͤberſchritten, als welche ſowohl von narhaften
Speiſen, als einer langen Gemuͤts- oder Leibesruhe, zu-
mal wenn beide auf eine vorgaͤngige arbeitſame Lebensart
folgen, eine ungeheure Menge Fett anlegen, wie man an
den Rindern Beiſpiele hat, die, wenn ſie vom Pfluge
hinweggenommen und auf ſchoͤne Wieſen gebracht wer-

den,
(f) [Spaltenumbruch] Grüzmacher n. 20.
(g) Angef. Ort.
(h) [Spaltenumbruch] Senak uͤber Bertins
Oſteolog. S. 61.
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S. 145.
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[93/0149] des menſchlichen Koͤrpers. Fett. dieſe Durchſchwizzung nicht zugeſtanden haben (f). Jn- zwiſchen dringt doch gleichwol das Mark in todten Koͤr- pern eben ſo wohl durch den knorplichen Ueberzug, faͤrbt denſelben gelb, und bahnet ſich alſo einen freyen Weg nach der Hoͤle des Gelenkes. Ferner hat der beruͤhmte Bened. Staehelin, unſer ehemalige Freund, beobach- tet, daß ein roͤthlicher Saft, in den man den Knorpel des Knochenanhaͤngſels geworfen hatte, durch dieſe Bedek- kung, ingleichen durch ziemlich weite Knochenvertiefungen, bis in die Hoͤle des Markes ſelbſt durchgedrungen ſey, ſo wie er ſonſt auch durch die Eierſchalen zu dringen pflegt: und dieſen Verſuch theilte mir, ſo viel ich mich erinnere, dieſer vortrefliche Mann in einem Schreiben mit. An dem Oberarmknochen und der Huͤfte des Pferdes beſchrei- bet Clopton Havers deutliche Schweisloͤcher, welche ſich von dem Marke nach der Hoͤle der Gelenkkapſel hin- wenden (g). Vermittelſt dieſes Weges, glaubet der be- ruͤhmte Senak, daß die Thiere ihr Mark nach langen Arbeiten und Reiſen verlieren (h). Nachdem wir alſo den Nuzzen des Fettes gezeiget, ſo muͤſſen wir nun auch einige Fehler und Ausartungen deſſelben anfuͤhren. Das Fett hat naͤmlich ſein vorge- ſchriebnes gewiſſes Maas, welches beruͤhmte Maͤnner in erwachſenen Perſonen auf 8 Pfunde geſezzet haben (i). Dieſes Maas wird bisweilen ſowohl bey Menſchen, als Thieren, uͤberſchritten, als welche ſowohl von narhaften Speiſen, als einer langen Gemuͤts- oder Leibesruhe, zu- mal wenn beide auf eine vorgaͤngige arbeitſame Lebensart folgen, eine ungeheure Menge Fett anlegen, wie man an den Rindern Beiſpiele hat, die, wenn ſie vom Pfluge hinweggenommen und auf ſchoͤne Wieſen gebracht wer- den, (f) Grüzmacher n. 20. (g) Angef. Ort. (h) Senak uͤber Bertins Oſteolog. S. 61. (i) quesnay ſur la ſaignee ed. nov. S. 145.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/149>, abgerufen am 27.04.2024.