ret und vergrössert wird, da indessen das unter seiner Action verengerte Herzohr demselben Widerstand thut; denn man muß uns billig erlauben, daß wir, um einen desto deutlichern Begrif zu geben, diesen kurzen Zeit- punkt ein wenig ausdehnen. So bald nun eben dieses Ohr seine Zusammenziehung geendiget, und sich von al- lem Blute entlediget hat, so wird es schlaff, und stehet einen Augenblik stille, weil es wirklich ohne Reiz ist. Da- her wird aus beiden Holadern, vermittelst der Muskel- kraft dieser Ader (c), eine Blutwelle in das Herzohr ge- trieben; nicht aber in die Kammer, welche, da sie son- derlich zu der Zeit zusammengezogen und verschlossen ist, einen Theil von ihrem Blute, und darauf den Ring der Blutadermündung, gegen das Ohr zurükke stößt, mithin also das von dem Ohre ankommende Blut, vermittelst der Stärke ihres Fleisches zurükke treibet (d), welche ohne Zweifel grösser ist, als die an dem Ohre befindliche. Unterdessen ziehet sich das von dem aus denen Blutadern erhaltenen Blute wiederum gereizte Herzohr, so bald die vom Blute entledigte Kammer schlaff geworden, nach dem Gesezze des Reizes selbst zusammen, und treibet sein Blut in die schlaff gewordene Kammer. Solchergestalt verlieret es auch selbst die reizbare Kraft, von der es zur Zusammenziehung angetrieben wurde, es überlässet die- selbe der Kammer, welche nach eben diesem Gesezze sich kurz darauf anfängt zusammen zu ziehen, ihr Blut her- ausstößt, und wenn sie vom Reize befreiet ist, ebenfalls wieder schlaff wird, und von dem Ohre eine neue Welle von Blute bekommt. Solchergestalt folgen, nach dem unveränderlichen Gesezze des blossen Reizes, wie auch ver- möge der Beschaffenheit derer Blutaderklappen, welche die Höle des Ohres von der Höle der Kammer absondern,
die
(c) §. 9. Abschn. 4. B. 4.
(d) §. 22. Abschn. 4. des vierten Buches.
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Urſachen des Herzſchlages.
ret und vergroͤſſert wird, da indeſſen das unter ſeiner Action verengerte Herzohr demſelben Widerſtand thut; denn man muß uns billig erlauben, daß wir, um einen deſto deutlichern Begrif zu geben, dieſen kurzen Zeit- punkt ein wenig ausdehnen. So bald nun eben dieſes Ohr ſeine Zuſammenziehung geendiget, und ſich von al- lem Blute entlediget hat, ſo wird es ſchlaff, und ſtehet einen Augenblik ſtille, weil es wirklich ohne Reiz iſt. Da- her wird aus beiden Holadern, vermittelſt der Muskel- kraft dieſer Ader (c), eine Blutwelle in das Herzohr ge- trieben; nicht aber in die Kammer, welche, da ſie ſon- derlich zu der Zeit zuſammengezogen und verſchloſſen iſt, einen Theil von ihrem Blute, und darauf den Ring der Blutadermuͤndung, gegen das Ohr zuruͤkke ſtoͤßt, mithin alſo das von dem Ohre ankommende Blut, vermittelſt der Staͤrke ihres Fleiſches zuruͤkke treibet (d), welche ohne Zweifel groͤſſer iſt, als die an dem Ohre befindliche. Unterdeſſen ziehet ſich das von dem aus denen Blutadern erhaltenen Blute wiederum gereizte Herzohr, ſo bald die vom Blute entledigte Kammer ſchlaff geworden, nach dem Geſezze des Reizes ſelbſt zuſammen, und treibet ſein Blut in die ſchlaff gewordene Kammer. Solchergeſtalt verlieret es auch ſelbſt die reizbare Kraft, von der es zur Zuſammenziehung angetrieben wurde, es uͤberlaͤſſet die- ſelbe der Kammer, welche nach eben dieſem Geſezze ſich kurz darauf anfaͤngt zuſammen zu ziehen, ihr Blut her- ausſtoͤßt, und wenn ſie vom Reize befreiet iſt, ebenfalls wieder ſchlaff wird, und von dem Ohre eine neue Welle von Blute bekommt. Solchergeſtalt folgen, nach dem unveraͤnderlichen Geſezze des bloſſen Reizes, wie auch ver- moͤge der Beſchaffenheit derer Blutaderklappen, welche die Hoͤle des Ohres von der Hoͤle der Kammer abſondern,
die
(c) §. 9. Abſchn. 4. B. 4.
(d) §. 22. Abſchn. 4. des vierten Buches.
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Urſachen des Herzſchlages.
ret und vergroͤſſert wird, da indeſſen das unter ſeiner
Action verengerte Herzohr demſelben Widerſtand thut;
denn man muß uns billig erlauben, daß wir, um einen
deſto deutlichern Begrif zu geben, dieſen kurzen Zeit-
punkt ein wenig ausdehnen. So bald nun eben dieſes
Ohr ſeine Zuſammenziehung geendiget, und ſich von al-
lem Blute entlediget hat, ſo wird es ſchlaff, und ſtehet
einen Augenblik ſtille, weil es wirklich ohne Reiz iſt. Da-
her wird aus beiden Holadern, vermittelſt der Muskel-
kraft dieſer Ader (c), eine Blutwelle in das Herzohr ge-
trieben; nicht aber in die Kammer, welche, da ſie ſon-
derlich zu der Zeit zuſammengezogen und verſchloſſen iſt,
einen Theil von ihrem Blute, und darauf den Ring der
Blutadermuͤndung, gegen das Ohr zuruͤkke ſtoͤßt, mithin
alſo das von dem Ohre ankommende Blut, vermittelſt
der Staͤrke ihres Fleiſches zuruͤkke treibet (d), welche
ohne Zweifel groͤſſer iſt, als die an dem Ohre befindliche.
Unterdeſſen ziehet ſich das von dem aus denen Blutadern
erhaltenen Blute wiederum gereizte Herzohr, ſo bald die
vom Blute entledigte Kammer ſchlaff geworden, nach
dem Geſezze des Reizes ſelbſt zuſammen, und treibet ſein
Blut in die ſchlaff gewordene Kammer. Solchergeſtalt
verlieret es auch ſelbſt die reizbare Kraft, von der es zur
Zuſammenziehung angetrieben wurde, es uͤberlaͤſſet die-
ſelbe der Kammer, welche nach eben dieſem Geſezze ſich
kurz darauf anfaͤngt zuſammen zu ziehen, ihr Blut her-
ausſtoͤßt, und wenn ſie vom Reize befreiet iſt, ebenfalls
wieder ſchlaff wird, und von dem Ohre eine neue Welle
von Blute bekommt. Solchergeſtalt folgen, nach dem
unveraͤnderlichen Geſezze des bloſſen Reizes, wie auch ver-
moͤge der Beſchaffenheit derer Blutaderklappen, welche
die Hoͤle des Ohres von der Hoͤle der Kammer abſondern,
die
(c) §. 9. Abſchn. 4. B. 4.
(d) §. 22. Abſchn. 4. des vierten Buches.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 967. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1023>, abgerufen am 23.11.2024.
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