mehr den Fasern dieses Werkzeuges zugeführt würde, und folglich durch die Hinwegnehmung der Ursache auch zu- gleich die Kraft sich zusammen zu ziehen mit aufgehoben würde; woraus denn also folge, daß das Herz wieder müsse schlaff werden.
Zu eben der Zeit, oder noch etwas eher, hat Clau- dius Perrault eine leichtere Hipothese bekannt ge- macht (b). Er glaubte nämlich, es befänden sich zweier- lei Arten von Fasern am Herzen, wie wir bereits gemel- det haben (b*), einige die nach der Länge dieses Werkzeu- ges gerade aus giengen, und andere, die nach der Queere hin liefen. Jene machten das Herze schlaff, und eröfne- ten dem Blute, welches aus den Ohren herbeikommen sollte, die blutaderhaften Zugänge. Diese verengerten die Kammern des Herzens, und trieben das Blut aus den Hölungen des Herzens heraus. Diese entgegen ge- sezten Arten von Fasern widerstünden einander, und be- kämen auch wechselsweise die Oberhand über einander. So hat derselbe, wie er selber gestehet, nach seiner ange- nommenen Hipothese geschrieben. Es sind auch diesem berühmten Manne sehr viele, und darunter einige insge- heim, nachgefolgt, als Samuel Schaarschmidt(c), Ludwig de Clarellis(d), George Ehrhard Hamber- ger(e), und andere, auch der unvergleichliche Browne Langrish(f) in so ferne, daß er nur allein behauptet, daß einige Fasern unter allen Umständen des Herzens ei- nige Gewalt erleiden müsten. Joh. Baptista Scara- mucci(g) hat in einem besondern Werkchen behauptet,
daß
(b)[Spaltenumbruch]Mecanique des animaux, Part. III. S. 230. 231.
(b*) Abschn. 4. §. 12. B. 4.
(c) Jn einem eignen Schreiben an den vortreflichen Eller, nach- gehends in seiner Phisiologie, S. 425.
(d)Spirit. animal. exturbat. S. 93.
(e)[Spaltenumbruch]
Jn der Jnaugural-Disputa- tion de diastole cordis, und in der Physiol. n. 185. u. f.
(f) Am angef. Ort n. 148.
(g) Jn dem im Jahr 1689. zu Siena herausgekommenen kleinen Tractat, und in dem Diario Par- mensi von eben diesem Jahre.
Viertes Buch. Das Herz.
mehr den Faſern dieſes Werkzeuges zugefuͤhrt wuͤrde, und folglich durch die Hinwegnehmung der Urſache auch zu- gleich die Kraft ſich zuſammen zu ziehen mit aufgehoben wuͤrde; woraus denn alſo folge, daß das Herz wieder muͤſſe ſchlaff werden.
Zu eben der Zeit, oder noch etwas eher, hat Clau- dius Perrault eine leichtere Hipotheſe bekannt ge- macht (b). Er glaubte naͤmlich, es befaͤnden ſich zweier- lei Arten von Faſern am Herzen, wie wir bereits gemel- det haben (b*), einige die nach der Laͤnge dieſes Werkzeu- ges gerade aus giengen, und andere, die nach der Queere hin liefen. Jene machten das Herze ſchlaff, und eroͤfne- ten dem Blute, welches aus den Ohren herbeikommen ſollte, die blutaderhaften Zugaͤnge. Dieſe verengerten die Kammern des Herzens, und trieben das Blut aus den Hoͤlungen des Herzens heraus. Dieſe entgegen ge- ſezten Arten von Faſern widerſtuͤnden einander, und be- kaͤmen auch wechſelsweiſe die Oberhand uͤber einander. So hat derſelbe, wie er ſelber geſtehet, nach ſeiner ange- nommenen Hipotheſe geſchrieben. Es ſind auch dieſem beruͤhmten Manne ſehr viele, und darunter einige insge- heim, nachgefolgt, als Samuel Schaarſchmidt(c), Ludwig de Clarellis(d), George Ehrhard Hamber- ger(e), und andere, auch der unvergleichliche Browne Langriſh(f) in ſo ferne, daß er nur allein behauptet, daß einige Faſern unter allen Umſtaͤnden des Herzens ei- nige Gewalt erleiden muͤſten. Joh. Baptiſta Scara- mucci(g) hat in einem beſondern Werkchen behauptet,
daß
(b)[Spaltenumbruch]Mecanique des animaux, Part. III. S. 230. 231.
(b*) Abſchn. 4. §. 12. B. 4.
(c) Jn einem eignen Schreiben an den vortreflichen Eller, nach- gehends in ſeiner Phiſiologie, S. 425.
(d)Spirit. animal. exturbat. S. 93.
(e)[Spaltenumbruch]
Jn der Jnaugural-Diſputa- tion de diaſtole cordis, und in der Phyſiol. n. 185. u. f.
(f) Am angef. Ort n. 148.
(g) Jn dem im Jahr 1689. zu Siena herausgekommenen kleinen Tractat, und in dem Diario Par- menſi von eben dieſem Jahre.
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Viertes Buch. Das Herz.
mehr den Faſern dieſes Werkzeuges zugefuͤhrt wuͤrde, und
folglich durch die Hinwegnehmung der Urſache auch zu-
gleich die Kraft ſich zuſammen zu ziehen mit aufgehoben
wuͤrde; woraus denn alſo folge, daß das Herz wieder
muͤſſe ſchlaff werden.
Zu eben der Zeit, oder noch etwas eher, hat Clau-
dius Perrault eine leichtere Hipotheſe bekannt ge-
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det haben (b*), einige die nach der Laͤnge dieſes Werkzeu-
ges gerade aus giengen, und andere, die nach der Queere
hin liefen. Jene machten das Herze ſchlaff, und eroͤfne-
ten dem Blute, welches aus den Ohren herbeikommen
ſollte, die blutaderhaften Zugaͤnge. Dieſe verengerten
die Kammern des Herzens, und trieben das Blut aus
den Hoͤlungen des Herzens heraus. Dieſe entgegen ge-
ſezten Arten von Faſern widerſtuͤnden einander, und be-
kaͤmen auch wechſelsweiſe die Oberhand uͤber einander.
So hat derſelbe, wie er ſelber geſtehet, nach ſeiner ange-
nommenen Hipotheſe geſchrieben. Es ſind auch dieſem
beruͤhmten Manne ſehr viele, und darunter einige insge-
heim, nachgefolgt, als Samuel Schaarſchmidt (c),
Ludwig de Clarellis (d), George Ehrhard Hamber-
ger (e), und andere, auch der unvergleichliche Browne
Langriſh (f) in ſo ferne, daß er nur allein behauptet,
daß einige Faſern unter allen Umſtaͤnden des Herzens ei-
nige Gewalt erleiden muͤſten. Joh. Baptiſta Scara-
mucci (g) hat in einem beſondern Werkchen behauptet,
daß
(b)
Mecanique des animaux,
Part. III. S. 230. 231.
(b*) Abſchn. 4. §. 12. B. 4.
(c) Jn einem eignen Schreiben
an den vortreflichen Eller, nach-
gehends in ſeiner Phiſiologie, S.
425.
(d) Spirit. animal. exturbat.
S. 93.
(e)
Jn der Jnaugural-Diſputa-
tion de diaſtole cordis, und in der
Phyſiol. n. 185. u. f.
(f) Am angef. Ort n. 148.
(g) Jn dem im Jahr 1689. zu
Siena herausgekommenen kleinen
Tractat, und in dem Diario Par-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 956. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1012>, abgerufen am 23.11.2024.
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