Da endlich die reizbare Kraft, auch ohne die Nerven- kraft, in den Muskeln vorhanden ist (q), da das Herz ohne Zweifel von gleicher Beschaffenheit ist, wie die übri- gen Muskeln (r), so siehet man deutlich hieraus, wie die Zusammenziehung des Herzens, ohne den Beistand der Nervenkraft, an einem Thiere, das weder Kopf noch Gehirn, oder Rükkenmark mehr hat, in einem aus der Brust gerissenen und zerschnittenen Herzen noch vollkom- men anhalten kann. Da aber die Nervenkraft bei de- nen übrigen Muskeln gar vieles zur Dauer und Grösse der Bewegung mit beiträgt, so ist es gar nicht unwahr- scheinlich, daß auch das Herz durch die Nerven eine be- wegende Kraft erhalte, wodurch die von der reizbaren Natur abhängende Bewegung stärker und schneller ge- macht wird. Es soll aber die Erklärung dieser gedop- pelten Bewegung derer Muskeln an einem besondern Or- te beigebracht werden.
Jch habe also meine Versuche (s) und Beweise hier vorgetragen: es würde aber unbillig seyn, und wider meine Aufrichtigkeit streiten, wenn ich nicht auch sagte, daß bereits viele vor mir, wenigstens vermuthungswei- se, das Schlagen des Herzens vom Reize hergeleitet ha- ben, und daß einige unter den neuesten phisiologischen Schriftstellern eben dieser Meinung gewesen sind. Es hat Berger(t) die natürliche Bewegungen des Herzens und der Gedärme von der Reizung hergeleitet. Von dem Reize des herbeifliessenden Blutes leitet Fanton
die
(q)[Spaltenumbruch]Prem. Memoire sur les part. irrit. S. 52. Second Mem. Exp. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 255. 256.
(r) Es stekt die Kraft, die den Herzschlag zuwege bringt, in den Fasern des Herzens, Senac am angef. Ort S. 322.
(s)In Comment. ad Instit. rei [Spaltenumbruch]
medic. anno 1740. über n. 187. Prim. lin Physiol. im Jahre 1747. n. 113. S. 51. Comment. Societ. Reg. scient. Gotting. 1751. am an- gef. Ort, und 1752. gegen das En- de. Second Memoire &c. S. 388. 389.
(t) Am angef. Ort S. 306. 307.
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Urſachen des Herzſchlages.
Da endlich die reizbare Kraft, auch ohne die Nerven- kraft, in den Muskeln vorhanden iſt (q), da das Herz ohne Zweifel von gleicher Beſchaffenheit iſt, wie die uͤbri- gen Muskeln (r), ſo ſiehet man deutlich hieraus, wie die Zuſammenziehung des Herzens, ohne den Beiſtand der Nervenkraft, an einem Thiere, das weder Kopf noch Gehirn, oder Ruͤkkenmark mehr hat, in einem aus der Bruſt geriſſenen und zerſchnittenen Herzen noch vollkom- men anhalten kann. Da aber die Nervenkraft bei de- nen uͤbrigen Muskeln gar vieles zur Dauer und Groͤſſe der Bewegung mit beitraͤgt, ſo iſt es gar nicht unwahr- ſcheinlich, daß auch das Herz durch die Nerven eine be- wegende Kraft erhalte, wodurch die von der reizbaren Natur abhaͤngende Bewegung ſtaͤrker und ſchneller ge- macht wird. Es ſoll aber die Erklaͤrung dieſer gedop- pelten Bewegung derer Muskeln an einem beſondern Or- te beigebracht werden.
Jch habe alſo meine Verſuche (s) und Beweiſe hier vorgetragen: es wuͤrde aber unbillig ſeyn, und wider meine Aufrichtigkeit ſtreiten, wenn ich nicht auch ſagte, daß bereits viele vor mir, wenigſtens vermuthungswei- ſe, das Schlagen des Herzens vom Reize hergeleitet ha- ben, und daß einige unter den neueſten phiſiologiſchen Schriftſtellern eben dieſer Meinung geweſen ſind. Es hat Berger(t) die natuͤrliche Bewegungen des Herzens und der Gedaͤrme von der Reizung hergeleitet. Von dem Reize des herbeiflieſſenden Blutes leitet Fanton
die
(q)[Spaltenumbruch]Prem. Memoire ſur les part. irrit. S. 52. Second Mem. Exp. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 255. 256.
(r) Es ſtekt die Kraft, die den Herzſchlag zuwege bringt, in den Faſern des Herzens, Senac am angef. Ort S. 322.
(s)In Comment. ad Inſtit. rei [Spaltenumbruch]
medic. anno 1740. uͤber n. 187. Prim. lin Phyſiol. im Jahre 1747. n. 113. S. 51. Comment. Societ. Reg. ſcient. Gotting. 1751. am an- gef. Ort, und 1752. gegen das En- de. Second Memoire &c. S. 388. 389.
(t) Am angef. Ort S. 306. 307.
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[945/1001]
Urſachen des Herzſchlages.
Da endlich die reizbare Kraft, auch ohne die Nerven-
kraft, in den Muskeln vorhanden iſt (q), da das Herz
ohne Zweifel von gleicher Beſchaffenheit iſt, wie die uͤbri-
gen Muskeln (r), ſo ſiehet man deutlich hieraus, wie
die Zuſammenziehung des Herzens, ohne den Beiſtand
der Nervenkraft, an einem Thiere, das weder Kopf noch
Gehirn, oder Ruͤkkenmark mehr hat, in einem aus der
Bruſt geriſſenen und zerſchnittenen Herzen noch vollkom-
men anhalten kann. Da aber die Nervenkraft bei de-
nen uͤbrigen Muskeln gar vieles zur Dauer und Groͤſſe
der Bewegung mit beitraͤgt, ſo iſt es gar nicht unwahr-
ſcheinlich, daß auch das Herz durch die Nerven eine be-
wegende Kraft erhalte, wodurch die von der reizbaren
Natur abhaͤngende Bewegung ſtaͤrker und ſchneller ge-
macht wird. Es ſoll aber die Erklaͤrung dieſer gedop-
pelten Bewegung derer Muskeln an einem beſondern Or-
te beigebracht werden.
Jch habe alſo meine Verſuche (s) und Beweiſe hier
vorgetragen: es wuͤrde aber unbillig ſeyn, und wider
meine Aufrichtigkeit ſtreiten, wenn ich nicht auch ſagte,
daß bereits viele vor mir, wenigſtens vermuthungswei-
ſe, das Schlagen des Herzens vom Reize hergeleitet ha-
ben, und daß einige unter den neueſten phiſiologiſchen
Schriftſtellern eben dieſer Meinung geweſen ſind. Es
hat Berger (t) die natuͤrliche Bewegungen des Herzens
und der Gedaͤrme von der Reizung hergeleitet. Von
dem Reize des herbeiflieſſenden Blutes leitet Fanton
die
(q)
Prem. Memoire ſur les part.
irrit. S. 52. Second Mem. Exp.
243. 244. 245. 246. 247. 248. 255.
256.
(r) Es ſtekt die Kraft, die den
Herzſchlag zuwege bringt, in den
Faſern des Herzens, Senac am
angef. Ort S. 322.
(s) In Comment. ad Inſtit. rei
medic. anno 1740. uͤber n. 187.
Prim. lin Phyſiol. im Jahre 1747.
n. 113. S. 51. Comment. Societ.
Reg. ſcient. Gotting. 1751. am an-
gef. Ort, und 1752. gegen das En-
de. Second Memoire &c. S. 388.
389.
(t) Am angef. Ort S. 306. 307.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 945. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/1001>, abgerufen am 23.11.2024.
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