ben; so kan mit der Zeit eine glückliche Verände- rung in den Sitten und Neigungen desjenigen gan- zen Teils der Nation erfolgen, zu welchem sie ge- hören.
Jch hoffe, es werde allen denen, die auf Rei- sen gewesen, bekannt seyn, und gewiß ist es merk- würdig, daß da, wo das weibliche Geschlecht, auf- ser seinen gewönlichen und ihm eigenen Beschäfti- gungen, sich auch mit allerhand andern Verrich- tungen abgiebt, auch die Einwoner ein viel gemäch- licheres Leben führen, besonders in Absicht auf die Reinlichkeit, so daß, wenn man nur in eine Stadt kömmt, man solches sogleich gewahr wird. Die- ser Unterscheid zeigt sich nirgends so deutlich, als wenn man Holland mit Jtalien in Vergleichung stellt. Jn jenem werden alle Arbeiten von dem weiblichen Geschlechte, in diesem aber nur von dem männlichen verrichtet, so daß man auch kaum eine Frauensperson zu sehen bekommt. So sehr nun die Reinlichkeit in Holland nicht nur das Auge er- götzt, sondern auch der Gesundheit zuträglich ist: so unangenem und unbequem ist hingegen die Le- bensart in Jtalien.
Zu mererem Beweise, wie notwendig die Er- ziehung der Mädchen sei, will ich folgendes Bei- spiel anführen. Da ich auf meinen Reisen nach Bajonne in Frankreich, hart an den Spanischen Gränzen kam, bemerkte ich 1. daß die ganze um-
lie-
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
ben; ſo kan mit der Zeit eine gluͤckliche Veraͤnde- rung in den Sitten und Neigungen desjenigen gan- zen Teils der Nation erfolgen, zu welchem ſie ge- hoͤren.
Jch hoffe, es werde allen denen, die auf Rei- ſen geweſen, bekannt ſeyn, und gewiß iſt es merk- wuͤrdig, daß da, wo das weibliche Geſchlecht, auf- ſer ſeinen gewoͤnlichen und ihm eigenen Beſchaͤfti- gungen, ſich auch mit allerhand andern Verrich- tungen abgiebt, auch die Einwoner ein viel gemaͤch- licheres Leben fuͤhren, beſonders in Abſicht auf die Reinlichkeit, ſo daß, wenn man nur in eine Stadt koͤmmt, man ſolches ſogleich gewahr wird. Die- ſer Unterſcheid zeigt ſich nirgends ſo deutlich, als wenn man Holland mit Jtalien in Vergleichung ſtellt. Jn jenem werden alle Arbeiten von dem weiblichen Geſchlechte, in dieſem aber nur von dem maͤnnlichen verrichtet, ſo daß man auch kaum eine Frauensperſon zu ſehen bekommt. So ſehr nun die Reinlichkeit in Holland nicht nur das Auge er- goͤtzt, ſondern auch der Geſundheit zutraͤglich iſt: ſo unangenem und unbequem iſt hingegen die Le- bensart in Jtalien.
Zu mererem Beweiſe, wie notwendig die Er- ziehung der Maͤdchen ſei, will ich folgendes Bei- ſpiel anfuͤhren. Da ich auf meinen Reiſen nach Bajonne in Frankreich, hart an den Spaniſchen Graͤnzen kam, bemerkte ich 1. daß die ganze um-
lie-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0044"n="24"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital</hi></fw><lb/>
ben; ſo kan mit der Zeit eine gluͤckliche Veraͤnde-<lb/>
rung in den Sitten und Neigungen desjenigen gan-<lb/>
zen Teils der Nation erfolgen, zu welchem ſie ge-<lb/>
hoͤren.</p><lb/><p>Jch hoffe, es werde allen denen, die auf Rei-<lb/>ſen geweſen, bekannt ſeyn, und gewiß iſt es merk-<lb/>
wuͤrdig, daß da, wo das weibliche Geſchlecht, auf-<lb/>ſer ſeinen gewoͤnlichen und ihm eigenen Beſchaͤfti-<lb/>
gungen, ſich auch mit allerhand andern Verrich-<lb/>
tungen abgiebt, auch die Einwoner ein viel gemaͤch-<lb/>
licheres Leben fuͤhren, beſonders in Abſicht auf die<lb/>
Reinlichkeit, ſo daß, wenn man nur in eine Stadt<lb/>
koͤmmt, man ſolches ſogleich gewahr wird. Die-<lb/>ſer Unterſcheid zeigt ſich nirgends ſo deutlich, als<lb/>
wenn man <hirendition="#fr">Holland</hi> mit <hirendition="#fr">Jtalien</hi> in Vergleichung<lb/>ſtellt. Jn jenem werden alle Arbeiten von dem<lb/>
weiblichen Geſchlechte, in dieſem aber nur von dem<lb/>
maͤnnlichen verrichtet, ſo daß man auch kaum eine<lb/>
Frauensperſon zu ſehen bekommt. So ſehr nun<lb/>
die Reinlichkeit in Holland nicht nur das Auge er-<lb/>
goͤtzt, ſondern auch der Geſundheit zutraͤglich iſt:<lb/>ſo unangenem und unbequem iſt hingegen die Le-<lb/>
bensart in Jtalien.</p><lb/><p>Zu mererem Beweiſe, wie notwendig die Er-<lb/>
ziehung der Maͤdchen ſei, will ich folgendes Bei-<lb/>ſpiel anfuͤhren. Da ich auf meinen Reiſen nach<lb/><hirendition="#fr">Bajonne</hi> in Frankreich, hart an den Spaniſchen<lb/>
Graͤnzen kam, bemerkte ich 1. daß die ganze um-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lie-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[24/0044]
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
ben; ſo kan mit der Zeit eine gluͤckliche Veraͤnde-
rung in den Sitten und Neigungen desjenigen gan-
zen Teils der Nation erfolgen, zu welchem ſie ge-
hoͤren.
Jch hoffe, es werde allen denen, die auf Rei-
ſen geweſen, bekannt ſeyn, und gewiß iſt es merk-
wuͤrdig, daß da, wo das weibliche Geſchlecht, auf-
ſer ſeinen gewoͤnlichen und ihm eigenen Beſchaͤfti-
gungen, ſich auch mit allerhand andern Verrich-
tungen abgiebt, auch die Einwoner ein viel gemaͤch-
licheres Leben fuͤhren, beſonders in Abſicht auf die
Reinlichkeit, ſo daß, wenn man nur in eine Stadt
koͤmmt, man ſolches ſogleich gewahr wird. Die-
ſer Unterſcheid zeigt ſich nirgends ſo deutlich, als
wenn man Holland mit Jtalien in Vergleichung
ſtellt. Jn jenem werden alle Arbeiten von dem
weiblichen Geſchlechte, in dieſem aber nur von dem
maͤnnlichen verrichtet, ſo daß man auch kaum eine
Frauensperſon zu ſehen bekommt. So ſehr nun
die Reinlichkeit in Holland nicht nur das Auge er-
goͤtzt, ſondern auch der Geſundheit zutraͤglich iſt:
ſo unangenem und unbequem iſt hingegen die Le-
bensart in Jtalien.
Zu mererem Beweiſe, wie notwendig die Er-
ziehung der Maͤdchen ſei, will ich folgendes Bei-
ſpiel anfuͤhren. Da ich auf meinen Reiſen nach
Bajonne in Frankreich, hart an den Spaniſchen
Graͤnzen kam, bemerkte ich 1. daß die ganze um-
lie-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/44>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.