weitläuftigen Einrichtung nur einer einzigen Per- son anvertrauet wird, geschiehet blos aus dem durch die Erfahrung so oft bewährten Grunde, daß, wo verschiedene Köpfe, auch verschiedene Sinne sind, wodurch mer Uneinigkeit, Streit und über- flüßige Ausgaben zu befürchten, als gute Ord- nung zu erwarten stehet. Hierbei wird auch als notwendig angesehen, daß eine solche Person bereits bei Jaren und verheiratet sei: denn würde man zu diesem Amte einen ledigen und noch dazu jungen Menschen bestellen; so könnte doch, gesetzt daß er auch alle erforderliche Eigenschaften besäße, durch einen oder den andern Umstand die festgestellte Ord- nung unterbrochen werden, und also der von dieser Stiftung zu erwartende Nutzen hinwegfallen. Da- hero hat man bei der Vergebung dieses so wichtigen Amtes besonders auf die Würdigkeit und Geschick- lichkeit der Person, nicht auf deren Geburt, und am allerwenigsten auf irgend eine Recommenda- tion, zu sehen.
Einem solchen Mann, von dem hier die Rede ist, wird ohne alle Gefar die ganze Verwaltung anvertraut werden können: ja man wird sich auch auf seine Untergebenen in Ansehung der ihnen ob- liegenden Pflichten verlassen dürfen, indem bei ih- rer Wahl nicht weniger auf ihre Fähigkeit und guten Wandel gesehen werden wird. Noch ist zu Folge der Regel in der Philosophie, daß man ohne
Noth
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
weitlaͤuftigen Einrichtung nur einer einzigen Per- ſon anvertrauet wird, geſchiehet blos aus dem durch die Erfahrung ſo oft bewaͤhrten Grunde, daß, wo verſchiedene Koͤpfe, auch verſchiedene Sinne ſind, wodurch mer Uneinigkeit, Streit und uͤber- fluͤßige Ausgaben zu befuͤrchten, als gute Ord- nung zu erwarten ſtehet. Hierbei wird auch als notwendig angeſehen, daß eine ſolche Perſon bereits bei Jaren und verheiratet ſei: denn wuͤrde man zu dieſem Amte einen ledigen und noch dazu jungen Menſchen beſtellen; ſo koͤnnte doch, geſetzt daß er auch alle erforderliche Eigenſchaften beſaͤße, durch einen oder den andern Umſtand die feſtgeſtellte Ord- nung unterbrochen werden, und alſo der von dieſer Stiftung zu erwartende Nutzen hinwegfallen. Da- hero hat man bei der Vergebung dieſes ſo wichtigen Amtes beſonders auf die Wuͤrdigkeit und Geſchick- lichkeit der Perſon, nicht auf deren Geburt, und am allerwenigſten auf irgend eine Recommenda- tion, zu ſehen.
Einem ſolchen Mann, von dem hier die Rede iſt, wird ohne alle Gefar die ganze Verwaltung anvertraut werden koͤnnen: ja man wird ſich auch auf ſeine Untergebenen in Anſehung der ihnen ob- liegenden Pflichten verlaſſen duͤrfen, indem bei ih- rer Wahl nicht weniger auf ihre Faͤhigkeit und guten Wandel geſehen werden wird. Noch iſt zu Folge der Regel in der Philoſophie, daß man ohne
Noth
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[18/0038]
I. Kinderhaus u. Accouchier-Hoſpital
weitlaͤuftigen Einrichtung nur einer einzigen Per-
ſon anvertrauet wird, geſchiehet blos aus dem
durch die Erfahrung ſo oft bewaͤhrten Grunde, daß,
wo verſchiedene Koͤpfe, auch verſchiedene Sinne
ſind, wodurch mer Uneinigkeit, Streit und uͤber-
fluͤßige Ausgaben zu befuͤrchten, als gute Ord-
nung zu erwarten ſtehet. Hierbei wird auch als
notwendig angeſehen, daß eine ſolche Perſon bereits
bei Jaren und verheiratet ſei: denn wuͤrde man zu
dieſem Amte einen ledigen und noch dazu jungen
Menſchen beſtellen; ſo koͤnnte doch, geſetzt daß er
auch alle erforderliche Eigenſchaften beſaͤße, durch
einen oder den andern Umſtand die feſtgeſtellte Ord-
nung unterbrochen werden, und alſo der von dieſer
Stiftung zu erwartende Nutzen hinwegfallen. Da-
hero hat man bei der Vergebung dieſes ſo wichtigen
Amtes beſonders auf die Wuͤrdigkeit und Geſchick-
lichkeit der Perſon, nicht auf deren Geburt, und
am allerwenigſten auf irgend eine Recommenda-
tion, zu ſehen.
Einem ſolchen Mann, von dem hier die Rede
iſt, wird ohne alle Gefar die ganze Verwaltung
anvertraut werden koͤnnen: ja man wird ſich auch
auf ſeine Untergebenen in Anſehung der ihnen ob-
liegenden Pflichten verlaſſen duͤrfen, indem bei ih-
rer Wahl nicht weniger auf ihre Faͤhigkeit und
guten Wandel geſehen werden wird. Noch iſt zu
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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/38>, abgerufen am 27.07.2024.
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