oder 20ste beständig in der Schule lassen. Diese ganze Zeit über dürfen sie mit andern nicht den geringsten Umgang haben: so daß auch selbst ihre nächste Anverwandte sie zwar in gewissen Tagen besuchen können, aber nicht anders als in der Schule selbst, und in Beiseyn ihrer Vorgesetzten. Denn un- streitig ist der Umgang mit allerhand Leuten ohne Unterscheid, so wol in als außer der Schule, überaus schädlich, besonders bei sol- chen Kindern, die beständig Beispiele und Mu- ster der Tugenden vor Augen haben sollen.
Bei diesen Erziehungs-Anstalten muß die erste Sorge dahin gerichtet seyn, den Kin- dern die Furcht Gottes einzupflanzen, edle Neigungen in ihren Herzen zu gründen, und ihnen gründliche und ihrem Stande gemäße Sittenregeln zu geben. Sie müssen einen Trieb zur Arbeitsamkeit erhalten, und den Müßiggang als die Quelle alles Bösen und aller Laster fliehen. Sie müssen zu einem anständigen Betragen in ihren Reden und Handlungen, zur Höflichkeit, zu wolan- ständigen Sitten, zum Mitleid gegen Arme
und
G 3
Erziehungs-Plan.
oder 20ſte beſtaͤndig in der Schule laſſen. Dieſe ganze Zeit uͤber duͤrfen ſie mit andern nicht den geringſten Umgang haben: ſo daß auch ſelbſt ihre naͤchſte Anverwandte ſie zwar in gewiſſen Tagen beſuchen koͤnnen, aber nicht anders als in der Schule ſelbſt, und in Beiſeyn ihrer Vorgeſetzten. Denn un- ſtreitig iſt der Umgang mit allerhand Leuten ohne Unterſcheid, ſo wol in als außer der Schule, uͤberaus ſchaͤdlich, beſonders bei ſol- chen Kindern, die beſtaͤndig Beiſpiele und Mu- ſter der Tugenden vor Augen haben ſollen.
Bei dieſen Erziehungs-Anſtalten muß die erſte Sorge dahin gerichtet ſeyn, den Kin- dern die Furcht Gottes einzupflanzen, edle Neigungen in ihren Herzen zu gruͤnden, und ihnen gruͤndliche und ihrem Stande gemaͤße Sittenregeln zu geben. Sie muͤſſen einen Trieb zur Arbeitſamkeit erhalten, und den Muͤßiggang als die Quelle alles Boͤſen und aller Laſter fliehen. Sie muͤſſen zu einem anſtaͤndigen Betragen in ihren Reden und Handlungen, zur Hoͤflichkeit, zu wolan- ſtaͤndigen Sitten, zum Mitleid gegen Arme
und
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Erziehungs-Plan.
oder 20ſte beſtaͤndig in der Schule laſſen.
Dieſe ganze Zeit uͤber duͤrfen ſie mit andern
nicht den geringſten Umgang haben: ſo daß
auch ſelbſt ihre naͤchſte Anverwandte ſie zwar
in gewiſſen Tagen beſuchen koͤnnen, aber
nicht anders als in der Schule ſelbſt, und
in Beiſeyn ihrer Vorgeſetzten. Denn un-
ſtreitig iſt der Umgang mit allerhand Leuten
ohne Unterſcheid, ſo wol in als außer der
Schule, uͤberaus ſchaͤdlich, beſonders bei ſol-
chen Kindern, die beſtaͤndig Beiſpiele und Mu-
ſter der Tugenden vor Augen haben ſollen.
Bei dieſen Erziehungs-Anſtalten muß die
erſte Sorge dahin gerichtet ſeyn, den Kin-
dern die Furcht Gottes einzupflanzen, edle
Neigungen in ihren Herzen zu gruͤnden, und
ihnen gruͤndliche und ihrem Stande gemaͤße
Sittenregeln zu geben. Sie muͤſſen einen
Trieb zur Arbeitſamkeit erhalten, und den
Muͤßiggang als die Quelle alles Boͤſen und
aller Laſter fliehen. Sie muͤſſen zu einem
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Handlungen, zur Hoͤflichkeit, zu wolan-
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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/121>, abgerufen am 24.11.2024.
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