Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben Catharinä der zweyten
cker ihnen vorbey auf ihren eigenen Schiffen
hieher gebracht, und sie selbst in die Nothwen-
digkeit gesetzt würden, selbigen von hier zu ei-
nem höhern Preise wieder abzuholen. Noch
wäre es ganz was anders, wenn auf diesen
Fabriken eine Menge Menschen ihr Brod ver-
dienten, oder auch viele hiesige Producten ver-
braucht würden: allein von hiesigen Sachen
braucht man da fast nichts, als das Wasser;
denn selbst die Töpfe werden von draußen ver-
schrieben. Die Krone verliert also ihren Zoll,
und das Reich das Silber, das an Zoll in
Thalern einkommen müßte: viele Kaufleute,
die damit gehandelt, kommen um ihre Nah-
rung, und jedermann muß den Zucker theurer
bezahlen, als wenn keine zollfreye Einfuhr
statt fände.

Eben dieß gilt auch von der Zitzfabrike.
Man hat den Sinn der Gesetze eben so gleich-
sam bey den Haren hergezogen; und was das
ärgste ist, wegen einer solchen Fabrike, die
gleichfalls nur das bloße hiesige Wasser braucht,
hat man die gedruckte Leinwand auf einmal
verbothen, die der Landmann sehr stark zu ver-
arbeiten anfing, die mit der Zeit als eine all-
gemeine Manufactur in noch mehrere Aufnah-
me gekommen seyn, folglich die Handarbeit

ver-

Leben Catharinaͤ der zweyten
cker ihnen vorbey auf ihren eigenen Schiffen
hieher gebracht, und ſie ſelbſt in die Nothwen-
digkeit geſetzt wuͤrden, ſelbigen von hier zu ei-
nem hoͤhern Preiſe wieder abzuholen. Noch
waͤre es ganz was anders, wenn auf dieſen
Fabriken eine Menge Menſchen ihr Brod ver-
dienten, oder auch viele hieſige Producten ver-
braucht wuͤrden: allein von hieſigen Sachen
braucht man da faſt nichts, als das Waſſer;
denn ſelbſt die Toͤpfe werden von draußen ver-
ſchrieben. Die Krone verliert alſo ihren Zoll,
und das Reich das Silber, das an Zoll in
Thalern einkommen muͤßte: viele Kaufleute,
die damit gehandelt, kommen um ihre Nah-
rung, und jedermann muß den Zucker theurer
bezahlen, als wenn keine zollfreye Einfuhr
ſtatt faͤnde.

Eben dieß gilt auch von der Zitzfabrike.
Man hat den Sinn der Geſetze eben ſo gleich-
ſam bey den Haren hergezogen; und was das
aͤrgſte iſt, wegen einer ſolchen Fabrike, die
gleichfalls nur das bloße hieſige Waſſer braucht,
hat man die gedruckte Leinwand auf einmal
verbothen, die der Landmann ſehr ſtark zu ver-
arbeiten anfing, die mit der Zeit als eine all-
gemeine Manufactur in noch mehrere Aufnah-
me gekommen ſeyn, folglich die Handarbeit

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0146" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben Catharina&#x0364; der zweyten</hi></fw><lb/>
cker ihnen vorbey auf ihren eigenen Schiffen<lb/>
hieher gebracht, und &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t in die Nothwen-<lb/>
digkeit ge&#x017F;etzt wu&#x0364;rden, &#x017F;elbigen von hier zu ei-<lb/>
nem ho&#x0364;hern Prei&#x017F;e wieder abzuholen. Noch<lb/>
wa&#x0364;re es ganz was anders, wenn auf die&#x017F;en<lb/>
Fabriken eine Menge Men&#x017F;chen ihr Brod ver-<lb/>
dienten, oder auch viele hie&#x017F;ige Producten ver-<lb/>
braucht wu&#x0364;rden: allein von hie&#x017F;igen Sachen<lb/>
braucht man da fa&#x017F;t nichts, als das Wa&#x017F;&#x017F;er;<lb/>
denn &#x017F;elb&#x017F;t die To&#x0364;pfe werden von draußen ver-<lb/>
&#x017F;chrieben. Die Krone verliert al&#x017F;o ihren Zoll,<lb/>
und das Reich das Silber, das an Zoll in<lb/>
Thalern einkommen mu&#x0364;ßte: viele Kaufleute,<lb/>
die damit gehandelt, kommen um ihre Nah-<lb/>
rung, und jedermann muß den Zucker theurer<lb/>
bezahlen, als wenn keine zollfreye Einfuhr<lb/>
&#x017F;tatt fa&#x0364;nde.</p><lb/>
            <p>Eben dieß gilt auch von der Zitzfabrike.<lb/>
Man hat den Sinn der Ge&#x017F;etze eben &#x017F;o gleich-<lb/>
&#x017F;am bey den Haren hergezogen; und was das<lb/>
a&#x0364;rg&#x017F;te i&#x017F;t, wegen einer &#x017F;olchen Fabrike, die<lb/>
gleichfalls nur das bloße hie&#x017F;ige Wa&#x017F;&#x017F;er braucht,<lb/>
hat man die gedruckte Leinwand auf einmal<lb/>
verbothen, die der Landmann &#x017F;ehr &#x017F;tark zu ver-<lb/>
arbeiten anfing, die mit der Zeit als eine all-<lb/>
gemeine Manufactur in noch mehrere Aufnah-<lb/>
me gekommen &#x017F;eyn, folglich die Handarbeit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0146] Leben Catharinaͤ der zweyten cker ihnen vorbey auf ihren eigenen Schiffen hieher gebracht, und ſie ſelbſt in die Nothwen- digkeit geſetzt wuͤrden, ſelbigen von hier zu ei- nem hoͤhern Preiſe wieder abzuholen. Noch waͤre es ganz was anders, wenn auf dieſen Fabriken eine Menge Menſchen ihr Brod ver- dienten, oder auch viele hieſige Producten ver- braucht wuͤrden: allein von hieſigen Sachen braucht man da faſt nichts, als das Waſſer; denn ſelbſt die Toͤpfe werden von draußen ver- ſchrieben. Die Krone verliert alſo ihren Zoll, und das Reich das Silber, das an Zoll in Thalern einkommen muͤßte: viele Kaufleute, die damit gehandelt, kommen um ihre Nah- rung, und jedermann muß den Zucker theurer bezahlen, als wenn keine zollfreye Einfuhr ſtatt faͤnde. Eben dieß gilt auch von der Zitzfabrike. Man hat den Sinn der Geſetze eben ſo gleich- ſam bey den Haren hergezogen; und was das aͤrgſte iſt, wegen einer ſolchen Fabrike, die gleichfalls nur das bloße hieſige Waſſer braucht, hat man die gedruckte Leinwand auf einmal verbothen, die der Landmann ſehr ſtark zu ver- arbeiten anfing, die mit der Zeit als eine all- gemeine Manufactur in noch mehrere Aufnah- me gekommen ſeyn, folglich die Handarbeit ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/146
Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/146>, abgerufen am 22.11.2024.