Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.verlieren würde, vor so großer Ausgabe zu behüten u. a. m. Natürlich bedarf es eines großen Taktes bei solchen Gelegenheiten, und wenn man sieht, daß ein andrer sich nicht gut herauszufinden weiß, muß man ihm beistehen, wie man es auch selbst dankbar anerkennen wird, wenn einem ein guter Freund in der Verlegenheit zu Hilfe kommt. In solchen Fällen ist oft das Gewinnen von Wetten peinlicher, als das Verlieren, da jemand, der noch nicht große gesellschaftliche Erfahrung hat, oft genug nicht wissen wird, wie er sich dabei benehmen soll. Bei Wetten braucht man sich nicht zu "revanchieren", muß sich aber natürlich für ein etwaiges Geschenk bedanken, und das geschieht am besten durch ein selbst gemachtes Gedicht, welches man mit einigen Blumen übersendet oder indem man es bei einem Besuch mit einem Bouquet überreicht. Jemand an seine verlorene Wette zu erinnern, ist streng verpönt. Oft ist die Wette vom andern auch vielleicht gar nicht vergessen worden, er ist nur in Verlegenheit, was er als Buße schicken soll; merkt man dies, so leistet man ihm einen großen Dienst, wenn man scheinbar zufällig im Gespräch irgend einen Wunsch ausspricht nach einer Kleinigkeit, z. B. nach einem Hausschlüsseletuis, einem verlieren würde, vor so großer Ausgabe zu behüten u. a. m. Natürlich bedarf es eines großen Taktes bei solchen Gelegenheiten, und wenn man sieht, daß ein andrer sich nicht gut herauszufinden weiß, muß man ihm beistehen, wie man es auch selbst dankbar anerkennen wird, wenn einem ein guter Freund in der Verlegenheit zu Hilfe kommt. In solchen Fällen ist oft das Gewinnen von Wetten peinlicher, als das Verlieren, da jemand, der noch nicht große gesellschaftliche Erfahrung hat, oft genug nicht wissen wird, wie er sich dabei benehmen soll. Bei Wetten braucht man sich nicht zu „revanchieren“, muß sich aber natürlich für ein etwaiges Geschenk bedanken, und das geschieht am besten durch ein selbst gemachtes Gedicht, welches man mit einigen Blumen übersendet oder indem man es bei einem Besuch mit einem Bouquet überreicht. Jemand an seine verlorene Wette zu erinnern, ist streng verpönt. Oft ist die Wette vom andern auch vielleicht gar nicht vergessen worden, er ist nur in Verlegenheit, was er als Buße schicken soll; merkt man dies, so leistet man ihm einen großen Dienst, wenn man scheinbar zufällig im Gespräch irgend einen Wunsch ausspricht nach einer Kleinigkeit, z. B. nach einem Hausschlüsseletuis, einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0219" n="209"/> verlieren würde, vor so großer Ausgabe zu behüten u. a. m. Natürlich bedarf es eines großen Taktes bei solchen Gelegenheiten, und wenn man sieht, daß ein andrer sich nicht gut herauszufinden weiß, muß man ihm beistehen, wie man es auch selbst dankbar anerkennen wird, wenn einem ein guter Freund in der Verlegenheit zu Hilfe kommt.</p> <p>In solchen Fällen ist oft das <hi rendition="#g">Gewinnen von Wetten</hi> peinlicher, als das Verlieren, da jemand, der noch nicht große gesellschaftliche Erfahrung hat, oft genug nicht wissen wird, wie er sich dabei benehmen soll. Bei Wetten braucht man sich nicht zu „revanchieren“, muß sich aber natürlich für ein etwaiges Geschenk bedanken, und das geschieht am besten durch ein selbst gemachtes Gedicht, welches man mit einigen Blumen übersendet oder indem man es bei einem Besuch mit einem Bouquet überreicht. Jemand an seine verlorene Wette zu erinnern, ist streng verpönt. Oft ist die Wette vom andern auch vielleicht gar nicht vergessen worden, er ist nur in Verlegenheit, was er als Buße schicken soll; merkt man dies, so leistet man ihm einen großen Dienst, wenn man scheinbar zufällig im Gespräch irgend einen Wunsch ausspricht nach einer Kleinigkeit, z. B. nach einem Hausschlüsseletuis, einem </p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0219]
verlieren würde, vor so großer Ausgabe zu behüten u. a. m. Natürlich bedarf es eines großen Taktes bei solchen Gelegenheiten, und wenn man sieht, daß ein andrer sich nicht gut herauszufinden weiß, muß man ihm beistehen, wie man es auch selbst dankbar anerkennen wird, wenn einem ein guter Freund in der Verlegenheit zu Hilfe kommt.
In solchen Fällen ist oft das Gewinnen von Wetten peinlicher, als das Verlieren, da jemand, der noch nicht große gesellschaftliche Erfahrung hat, oft genug nicht wissen wird, wie er sich dabei benehmen soll. Bei Wetten braucht man sich nicht zu „revanchieren“, muß sich aber natürlich für ein etwaiges Geschenk bedanken, und das geschieht am besten durch ein selbst gemachtes Gedicht, welches man mit einigen Blumen übersendet oder indem man es bei einem Besuch mit einem Bouquet überreicht. Jemand an seine verlorene Wette zu erinnern, ist streng verpönt. Oft ist die Wette vom andern auch vielleicht gar nicht vergessen worden, er ist nur in Verlegenheit, was er als Buße schicken soll; merkt man dies, so leistet man ihm einen großen Dienst, wenn man scheinbar zufällig im Gespräch irgend einen Wunsch ausspricht nach einer Kleinigkeit, z. B. nach einem Hausschlüsseletuis, einem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/219 |
Zitationshilfe: | Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/219>, abgerufen am 28.07.2024. |